Bezahlinhalte im Web sind weiter auf einem rapide absteigenden Ast. Nun vollzieht auch der "Spiegel" den Schritt und stellt sein gesamtes Archiv mit allen Artikeln seit 1947 kostenfrei online. Bislang kassierte man für jeden Abruf aus dem Archiv Geld und bot alternativ eine "Archiv-Flat" für 36,40 Euro im Jahr.
Damit wird ab Frühjahr 2008 Schluss sein. Dann starten die SPIEGELnet GmbH und die Bertelsmann-Tochter Wissen Media Group, die unter anderem wissen.de betreibt, gemeinsam ein neues "multimediales Rechercheportal" namens "Spiegel Wissen". Neben allen Inhalten des "Spiegels" - ausgenommen die jeweils aktuelle Ausgabe - sowie "Spiegel Online" sind dort auch Inhalte der Bertelsmann-Lexika kostenfrei abzurufen. Dazu kommen noch die Einträge aus der freien Enzyklopädie Wikipedia.
Multimediale Elemente wie Bilder, Grafiken, Videos und neue Funktionalitäten wie etwa individuelle Sammel-Ordner sollen das Angebot abrunden. Der Anspruch ist, die "umfassendste frei zugängliche Recherche-Plattform im deutschen Internet" zu werden. "Erstmals wird es möglich sein, alle relevanten Informationen zu einem Suchwort aus unterschiedlichen kompetenten Quellen mit einem Klick zu finden", so Dr. Mario Frank, Geschäftsführer des Spiegel-Verlags.
Die operative Leitung von Spiegel Wissen liegt bei der SPIEGELnet GmbH. Hier wird eine zunächst achtköpfige Redaktion die Inhalte aufbereiten, ständig aktualisieren und erweitern. Geschäftsführer der Spiegel Wissen GmbH & Co KG (51 Prozent SPIEGELnet, 49 Prozent Wissen Media) sind Dr. Hauke Janssen, Leiter Dokumentation im Spiegel-Verlag, und Christoph Hünermann, Geschäftsführer der Wissen Media Group. Die Vermarktung des werbefinanzierten Portals wird die SPIEGELnet-Tochter Quality Channel übernehmen.
Der "Spiegel" schließt sich damit nur einem Trend an, der seit längerem durch die Lande rollt. Spätestens seit das "Wall Street Journal", stets als Paradebeispiel für funktionierende Bezahlinhalte genannt, den kostenlosen Zugang angekündigt habt, ist er selbst für heißeste Verfechter kaum mehr zu leugnen. Und klar ist auch: Je mehr Publikationen sich dazu entschließen, Inhalte frei zugänglich zur Verfügung zu stellen, desto schwerer wird es allen anderen fallen, noch zahlende Kunden zu finden.