"Das deutsche Fernsehen steckt momentan in seiner größten Krise", stellte Oliver Kalkofe in seiner Analyse der deutschen TV-Unterhaltung bei den Medientagen München fest. "Es weiß nicht mehr, für wen es Programm macht und warum. Und das, obwohl es noch nie so viele Möglichkeiten gab wie heute." Kalkofe sparte nicht mit drastischen Formulierungen, sprach von "gesendetem Vakuum", "gemordeter Lebenszeit" und "Programmersatzstoffen". Moderatoren und Schauspieler seien vielfach "schlecht ausgebildete Schnürsenkelverkäufer" oder "talentresistente Laiendarsteller". Manche Eigenproduktionen der Sender nannte er "Geschichten, die das Leben nie schreiben würde, weil es ihm peinlich wäre".
Kalkofe forderte die Fernsehmacher auf, "nicht mehr das Gehirn der Kollegen aus dem Ausland auf den Kopierer zu legen". Sein Fazit aus Sicht des Publikums: "Wer es sich leisten kann, schaltet nicht mehr ein." Auch die Überzeugung vieler Fernsehschaffenden, das Publikum wolle das so, attackierte er heftig. "Das Publikum weiß doch gar nicht, was es will. Deshalb ist es auch Zuschauer und nicht Macher." Schuld an der "kreativen Querschnittslähmung", so Kalkofe, sei unter anderem der Glaube der Macher an die Quote, bei der es sich ja ohnehin nur um einen Schätzwert handle: "Die, die immer einschalten, weil sie keine Alternative haben, dürfen nicht die Messgrundlage für unsere Fernsehkultur sein."
Zum anderen mangele es den Fernsehschaffenden an Spaß bei ihrem Tun. Sie hätten Angst vor ihrer eigenen Kreativität. "Machen Sie doch endlich wieder ein Programm, das Sie selbst gern sehen wollen!", rief Kalkofe den Verantwortlichen wie Sat.1-Unterhaltungschefin Edda Kraft, RTL-Fictionchefin Barbara Thielen oder ProSieben-Geschäftsführer Andreas Bartl zu, die die Kritik anschließend bis auf Herrn Bartl entschieden zurückwiesen. Der ProSieben-Chef gestand den Ausführungen von Kalkofes "etwas Wahres" zu.
Das Medienmagazin DWDL.de veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung durch Oliver Kalkofe seine Abrechnung mit dem deutschen Fernsehen als Audiostream. Dieser ist bis Dienstagabend auf DWDL.de verfügbar. Wir wünschen viel Spaß mit über 30 Minuten schonungsloser Kritik eines TV-Kenners.