
Lizenzentzug? Das klingt spektakulär. Auch die "FAZ" spielt am Dienstag mit diesem dramatischen Wort. "Dem Münchner Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 drohen medienrechtliche Sanktionen", heißt es dort. "Wir werden uns das sehr genau anschauen", zitiert die "FAZ" Manfred Helmes, den Direktor der Landesanstalt für Medien und Kommunikation (LMK) in Rheinland-Pfalz, dessen Behörde die Sendelizenz für Sat.1 vergeben hat. "Wenn Sat.1 die Anforderungen an ein Vollprogramm nicht mehr erfüllt, müssen wir über die Konsequenzen nachdenken", sagt Helmes. Wenn, ja wenn. Sat.1 könnte dann die vorrangige Einspeisung ins analoge Kabelnetz entzogen werden.
Zunächst einmal müsste Sat.1 aber seinen Status als Vollprogramm verlieren. Einen Status, den auch RTL II, kabel eins und VOX inne haben. Und schon erscheinen die Bedingungen für ein Vollprogramm erstaunlich niedrig, die Gefahr für Sat.1 nicht besonders hoch. Die drei Sender der zweiten Generation machen wahrlich kein schlechtes Programm, aber fallen nicht gerade durch Nachrichten auf. Mit dem "Frühstücksfernsehen", den Hauptnachrichten am Abend und einem Format wie "Akte" muss sich Sat.1-Chef Matthias Alberti um die Lizenz nicht sorgen. Um das Image umso mehr.
Überhaupt: In einem Land, in dem Betreiber von Call-In-Formaten Tag für Tag die selbstdefinierten medienpolitischen Richtlinien brechen dürfen, ohne dass es Folgen hat, erwartet wohl niemand, dass wegen des Wegfalls von ein paar Informationsformaten bei Sat.1 die Medienlandschaft erschüttert wird. Ohnehin erscheint es - bei allem Respekt für die Arbeit der Kollegen bei den Info-Formaten von Sat.1 - mehr als scheinheilig, wenn Medienpolitiker, die sich sonst gerne über zu viel Boulevard in den Nachrichten der Privatsender erregen, im Wegfall dieser Formate plötzlich einen journalistischen Verlust für die Nation erkennen.
Lesen Sie auch...
So ist der Verlust der Nachrichtenformate bei Sat.1 in erster Linie tragisch für die Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlieren und Matthias Alberti, der bei seinem Sender jetzt mit einem zumindest kurzzeitig empfindlichen Imageschaden zu kämpfen hat. Es ist auch der Abschied von einem Anspruch, den sein Vorgänger Roger Schawinski aufzubauen versuchte. Nach VOX und ProSieben kürzt mit Sat.1 ein weiterer Privatsender seine Nachrichtenformate - und spielt den Öffentlich-Rechtlichen als Hort der seriösen und verlässlichen Information in die Hände. Journalismus ist eben keine Frage der Rendite.