Die Fußball-Europameisterschaft hat die Machtverhältnisse auf dem Fernsehmarkt in den vergangenen beiden Wochen gehörig durcheinandergewirbelt. Profitieren konnten natürlich vor allem ARD und ZDF, wo nicht nur die meisten Spiele zu sehen waren, sondern auch die reichweitenstärksten - allen voran die vier Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Das ZDF konnte im Zuge dessen seine schon vor dem Turnier starke Spitzenposition weiter ausbauen und seinen Marktanteil gegenüber dem Vormonat um fünf Prozentpunkte auf 18,8 Prozent steigern.
Das Erste erreichte unterdessen einen Marktanteil von 15,5 Prozent beim Gesamtpublikum, steigerte sich damit also alleine gegenüber Mai immerhin noch um 3,7 Prozentpunkte. Noch stärker fielen die Zugewinne für die Öffentlich-Rechtlichen beim jungen Publikum aus: Dort baute Das Erste seinen Marktanteil im Juni um 7,3 Prozentpunkte auf 15,3 Prozent aus, während sich das ZDF sogar um stolze 9,8 Prozentpunkte auf 16,4 Prozent steigerte. Die Europameisterschaft bescherte den beiden Sendern damit die höchsten Monatsmarktanteile seit Jahrzehnten. Zum Vergleich: Bei der EM vor drei Jahren hatten ARD und ZDF im Juni noch jeweils 12,9 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen eingefahren.
Unter den Privatsendern dominierten vor diesem Hintergrund freilich die roten Vorzeichen. Doch bei RTL hielt sich der Schaden auch deshalb in Grenzen, weil die Kölner ebenfalls bei den EM-Übertragungen mitmischten. Zwar lief es hier in Summe nicht ganz so stark - auch, weil die Parallelspiele mitunter klar hinter ARD und ZDF lagen -, doch gleich mehrfach gelang es auch RTL in der Gruppenphase, einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent zu erzielen. Das am Samstag ausgestrahlte Achtelfinale zwischen der Schweiz und Italien markierte mit mehr als 7,7 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern sowie nahezu 60 Prozent Marktanteil gar neue Bestwerte.
Erstaunlicherweise lief die meistgesehene RTL-Sendung des Monats aber sogar noch vor Beginn der Europameisterschaft - aber auch hierbei handelte es sich um Fußball. Ebenfalls fast acht Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer hatte im Schnitt die gesamte Testspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Griechenland kurz vor Turnier-Start erreicht.
Unterm Strich musste RTL mit all diesen Erfolgen im Nacken im Vergleich zum Mai zwar immer noch ein Minus von 2,3 Prozentpunkten hinnehmen, war mit einem Marktanteil von 8,9 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen aber trotzdem sehr beachtlich unterwegs. Bemerkenswert: Verglichen mit dem Juni-Wert des Vorjahres hielt RTL das Minus mit sehr überschaubaren 0,1 Prozentpunkten in argen Grenzen. Als einziger der großen Privatsender konnten sich die Kölner somit gegenüber dem Vorjahresmonat steigern. Beim Gesamtpublikum betrug das Plus hier sogar einen halben Prozentpunkt, sodass im Schnitt ein Marktanteil von 7,7 Prozent eingefahren wurde. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass möglicherweise sogar noch etwas mehr drin gewesen wäre, hätte man auf das abendliche "EM-Studio" verzichtet, das den EM-Vorberichten von ARD und ZDF meist hoffnungslos unterlegen war.
Bleibt noch der "Best of the Rest": ProSieben büßte in der Zielgruppe EM-bedingt zwei Prozentpunkte ein und erzielte im Juni mit nur 5,4 Prozent den schwächsten Marktanteil seit Jahrzehnten. Daran änderten auch Erfolge wie jene von "Germany's next Topmodel" oder der "TV total Autoball-EM" im Vorfeld der Europameisterschaft nichts mehr. Auch Sat.1 rutschte kräftig ab und fiel um 1,9 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent Marktanteil. Vox wiederum büßte 1,4 Prozentpunkte ein und kam auf nur 4,6 Prozent und damit den niedrigsten Wert seit mehr als 20 Jahren. Vergleichsweise wacker schlug sich Kabel Eins, dessen Marktanteil dank einiger Film-Erfolge nur um 0,7 Prozentpunkte auf 3,3 Prozent zurückging, während RTLzwei etwas stärker verlor und mit 3,1 Prozent Marktanteil das Schlusslicht unter den acht Vollprogramm bildete.
Die Monatsmarktanteile im Überblick
MA ab 3 | +/- Vormonat |
+/- Juni 23 |
MA 14-49 | +/- Vormonat |
+/- Juni 23 |
|
Das Erste | 15,5 | +3,7 | +4,5 | 15,3 | +7,3 | +8,8 |
ZDF | 18,8 | +5,0 | +4,3 | 16,4 | +9,8 | +9,3 |
RTL | 7,7 | -1,6 | +0,5 | 8,9 | -2,3 | -0,1 |
Sat.1 | 3,9 | -0,8 | -1,1 | 4,5 | -1,9 | -2,4 |
ProSieben | 2,4 | -0,6 | -0,8 | 5,4 | -2,0 | -2,4 |
Vox | 3,9 | -0,5 | -0,6 | 4,6 | -1,4 | -2,1 |
RTLzwei | 2,0 | -0,4 | -0,4 | 3,1 | -0,9 | -1,2 |
Kabel Eins | 2,5 | -0,3 | -1,0 | 3,3 | -0,7 | -1,8 |
Die Spalte +/- gibt die Veränderung im Vergleich zum Vormonat bzw. zum Vorjahresmonat an. Quelle: AGF / DWDL-Recherche
Die meistgesehenen Sendungen des Monats
Gesamtpublikum | Zielgruppe 14-49 | |
Das Erste | Fußball-EM: Schweiz - Deutschland | Fußball-EM: Schweiz - Deutschland |
ZDF | Fußball-EM: Deutschland - Dänemark | Fußball-EM: Deutschland - Dänemark |
RTL | RTL Fußball: Deutschland - Griechenland, 2. Hälfte | RTL Fußball: Türkei - Georgien, 2. Hälfte |
Sat.1 | Julia Leischik sucht: Bitte melde dich | Bullyparade - Der Film |
ProSieben | Germany's Next Topmodel | Germany's Next Topmodel |
Vox | Knight and Day | Kitchen Impossible |
RTLzwei | The 355 | Alles steht Kopf |
Kabel Eins | Legend of Tarzan | Das Wunder von Bern |
Quelle: DWDL-Recherche / nur vorläufig gewichtete Quoten
Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.8; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;