Trotz schwächelnder WM: Sport spielt dem Ersten in die Karten
Für gewöhnlich unterliegen die Jahresmarktanteile der Öffentlich-Rechtlichen einer Art Zick-Zack-Bewegung, weil die Sport-Großereignisse Olympia und Fußball-WM/EM jedes zweite Jahr die Quoten fast von selbst steigen lassen. Doch Corona hat diesen Rhythmus durcheinander gebracht: Nachdem 2021 Olympische Sommerspiele und Fußball-EM nachgeholt worden waren, standen Olympia und WM auch 2022 schon wieder auf dem Programm. Dem Ersten gelang es dadurch, nach dem deutlichen Quotenanstieg 2021 im abgelaufenen Jahr 2022 noch eine kleine Schippe drauf zu legen.
Der Jahresmarktanteil beim Gesamtpublikum erhöhte sich um nochmal 0,1 Prozentpunkt auf 12,2 Prozent. Das reichte natürlich nicht, um das weit enteilte ZDF einzuholen, war für Das Erste aber trotzdem der beste Jahreswert seit 2014. Bei den 14- bis 49-Jährigen unterschritt man den Vorjahreswert um 0,1 Prozentpunkt und erreichte 8,0 Prozent. Es war für Das Erste trotzdem auch in der jüngeren Altersgruppe das zweiterfolgreichste Jahr seit 2006.
Dies gelang, obwohl die in den Winter verlegte Fußball-Weltmeisterschaft aus Quotensicht bekanntlich weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Doch das wurde teils durch die Fußballerinnen im Sommer wettgemacht. Das Erste hatte das Glück, sowohl das Endspiel der Frauen-EM zwischen Deutschland und England im Sommer übertragen zu dürfen, das mit 17,9 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern die meistgesehene Sendung des Jahres war, als auch das meistgesehene Spiel bei der Männer-WM im Winter mit 17,5 Millionen. Und obendrein war man auch noch mit der Übertragung des WM-Finales dran, das das mit Abstand meistgesehene Spiel ohne deutsche Beteiligung war. Die beiden letztgenannten liefen beide im Dezember und waren hauptsächlich dafür verantwortlich, dass der Dezember für Das Erste der stärkste Monat des Jahres war - auch wenn man sich wie erwähnt sicher mehr ausgerechnet hatte.
Neben dem Sport war es Anfang des Jahres natürlich auch der russische Überfall auf die Ukraine und das damit verbundene erhöhte Informationsbedürfnis, das dem Ersten in die Karten spielte. Allerdings waren die Auswirkungen auf die Quoten nicht so nachhaltig wie in den Vorjahren aufgrund der Corona-Problematik.
ZDF: Klarer Marktführer trotz leichtem Rückgang
Wie eben schon beschrieben hatte Das Erste etwas mehr Quotenglück bei den Sport-Übertragungen als das ZDF, das bei Frauen-EM und Männer-WM nicht die reichweitenstärksten Spiele übertrug. Und so ist es schon bemerkenswert, dass in einem Jahr mit einer Fußball-Weltmeisterschaft der Männer der stärkste Monat fürs ZDF (zumindest beim Gesamtpublikum) gar nicht während dieser Zeit lag, sondern schon im Februar erreicht wurde. Neben den Olympischen Spielen und der Berichterstattung rund um die Ukraine spielten beim ZDF starke Krimi-Reichweiten mit rein, die besonders Anfang des Jahres erreicht worden waren.
Weil der WM-Schub zum Jahresende weniger stark ausfiel als erhofft, blieb das ZDF mit 14,5 Prozent ganz leicht unter dem Vorjahreswert. Für Trübsal besteht trotzdem überhaupt kein Grund, denn 2021 hatte fürs ZDF die besten Quoten seit 26 Jahren gebracht. Und auch wenn man die 14,5 Prozent aus dem Jahr 2022 hernimmt, gab es seit 1995 mit Ausnahme des Vorjahres kein weiteres Jahr, in dem das ZDF erfolgreicher dastand, wenn man den Marktanteil beim Gesamtpublikum als Maßstab hernimmt. Bei den 14- bis 49-Jährigen ging es um 0,3 Prozentpunkte auf 7,3 Prozent Marktanteil hinunter. Aber auch hier gilt: Der Rückgang erfolgt von einem zuletzt deutlich gestiegenen Niveau, lässt man 2021 außen vor, muss man bis 2006 zurückgehen, um einen bessern Wert der Mainzer zu finden.
Sorgen um die Zukunft machen muss man sich beim ZDF aus Quotensicht kaum, weil es weniger einzelne Leuchttürme sind, die den ZDF-Marktanteil so hoch halten, als die generell schon tagsüber und am Vorabend stets starke Performance, die das ZDF selbst an Tagen, an denen es in der Primetime mal schwächer läuft, häufig zum Marktführer machen. Gleichzeitig gilt aber auch: Weil das Tagesprogramm eher bei den Älteren gefragt ist, ist es fürs ZDF schwierig, bei den 14- bis 49-Jährigen zu punkten. Da die aber ohnehin immer weniger fernsehen - insbesondere die Unter-40-Jährigen - wäre es wohl sowieso vergebene Liebesmüh, diese Altersgruppe außerhalb der Mediathek erreichen zu wolen.
Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.8; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;