Nachdem wir in Teil 1 unseres Schwerpunkts über die TV-Werbung am Dienstag beleuchtet haben, welche Branchen generell besonders reichweitenstark im Fernsehen werben, soll es in Teil 2 nun darum gehen, dass "das Fernsehen" natürlich kein homogenes Angebot ist. Zunächst lässt sich durch die AdScanner-Zahlen ziemlich gut nachvollziehen, was man ohnehin vermuten würde: Werbung der Pharmakonzerne findet sich besonders häufig bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die üblicherweise viel mehr ältere Personen erreichen als die private Konkurrenz - auch wenn man sich dort seit einigen Jahren durchaus auch aktiv um ein älteres Publikum bemüht.
Wie häufig einem der Zusatz mit den "Risiken und Nebenwirkungen", zu denen man doch bitte Arzt oder Apotheker befragen soll, tatsächlich bei ARD und ZDF begegnet, zeigt eindrücklich folgende Zahl: 28,54 Prozent der gesamten TV-Bruttowerbereichweite (jeweils bezogen auf die von AdScanner ermittelten Daten in Vodafone-Haushalten - mehr dazu in Teil 1 der Reihe), die auf den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern in den letzten zwölf Monaten erzielt wurde, entfiel auf Pharma-Spots. Zum Vergleich: Über alle Sender hinweg betrachtet beträgt dieser Anteil nur 5,76 Prozent, die Pharma-Branche ist hier also stark überproportional vertreten.
Unterstrichen wird die enorme Bedeutung der Pharma-Branche für die Werbevermarkter von ARD und ZDF auch dadurch, dass die am zweitstärksten vertretene Branche schon auf weniger als ein Drittel der Brutto-Reichweite kommt. Hier folgen mit dem Handel und Kosmetik-Produkten zwei Branchen, die für die privaten TV-Vermarkter noch eine deutlich größere Bedeutung haben als für die Werbung bei den Öffentlich-Rechtlichen. Ebenfalls überproportional bei ARD und ZDF vertreten sind Spots für Möbel und Haushaltsgeräte, für Werkzeuge aber auch für Glücksspiel. Hier dürfte sich auch die Werbung für Wettanbieter eine Rolle spielen, die ja besonders im Sportumfeld zu finden ist - und die "Sportschau" gehört für die ARD bekanntlich zu einem der reichweitenstärksten Umfelder.
Kosmetik- und Lebensmittel-Branche setzt besonders auf die großen Privaten
Generell spielen die Öffentlich-Rechtlichen im Bereich der TV-Werbung aber natürlich aufgrund des Werbeverbots in der Primetime nur eine kleinere Rolle, etwa zwei Drittel der gesamten Werbe-Reichweite wird hingegen bei den großen sechs privaten Vollprogrammen mit RTL an der Spitze erzielt. Während die in der Kategorie "Freizeit" subsummierten Angebote über alle Sender hinweg das Bruttoreichweiten-Ranking von AdScanner anführen, belegt dieses Segment aber bei den großen Privaten nur den vierten Platz und ist merklich unterrepräsentiert im Vergleich zum Gesamtmarkt.
Ganz vorne findet sich hier stattdessen die Kosmetik-Branche, auf die 15,2 Prozent der insgesamt mit Werbung erzielten Bruttoreichweiten entfallen - drei Prozentpunkte mehr als beim gesamten TV-Markt. Hier sind es vor allem RTL und Vox, die besonders stark mit Spots aus diesem Bereich belegt werden. Ebenfalls deutlich stärker vertreten sind Spots für Lebensmittel - getrieben hier von einem besonders starken Abschneiden bei ProSieben. Unterrepräsentiert sind hingegen Spots aus der Finanzbranche und der Pharmabranche - was angesichts der starken Belegung der Öffentlich-Rechtlichen hier nicht weiter verwundert.
Die kleineren Sender - Heimat der Freizeit-Spots
Ein gar nicht so kleiner Teil der gesamten Brutto-Werbereichweiten im deutschen Fernsehen wird aber weder bei den öffentlich-rechtlichen noch bei den großen Privatsendern erzielt, sondern entfällt auf die zahlreichen kleineren Sender, die in den vergangenen Jahren ja immer weiter an Bedeutung zugelegt haben. Dort ist Werbung aufgrund der geringeren Reichweiten günstiger und in häufigerer Schlagzahl zu haben als anderswo. Das macht sich vor allem das Freizeit-Segment zunutze, das hier stark überproportional vertreten ist. Mehr als ein Fünftel der bei den kleineren Sendern insgesamt erzielten Brutto-Werbereichweite entfällt auf dieses Segment. Was sich dahinter genau verbirgt, werden wir am Donnerstag beleuchten, die Range ist aber ziemlich groß und reicht von Video-Games und Streamingdiensten über Reisen bis zu Spielzeug und Fast Food.
Ein anderer weit überdurchschnittlich vertretenes Segment ist die Finanz-Branche - man erinnere sich beispielsweise an die über Monate in den täglichen AdScanner-Ausweisung in Sachen Ausstrahlungs-Anzahl dominierende Werbung für die Kreditapp Smava. Auch der Bereich Automobil & Transport und Medien setzt stärker auf die kleineren Sender, während Kosmetik-Spots hier auf nur einen halb so hohen Anteil kommen wie im gesamten TV-Markt.
Am Donnerstag und Freitag werden wir uns im Schwerpunkt TV-Werbung einige Branchen genauer ansehen. Auf welchen Sender werben diese - und welche Konzerne und Marken verbergen sich dahinter?