Am 1. Dezember ist das neue Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz - kurz TTDSG - in Kraft getreten, das unter anderem dafür sorgt, dass die bisherige Reichweitenmessung im Internet nicht mehr ohne Einwilligung des Nutzers durchgeführt werden kann. Der IVW hat das im vergangenen Jahr viel Arbeit beschert: Die Einführung eines schon entwickelten, anonymen Mess-Systems musste im Mai gestoppt werden, weil dafür im lokalen Speicher der Nutzer eine temporäre verschlüsselte Information hätte abgelegt werden müssen - was laut des neuen TTDSG allerdings nicht mehr ohne vorherige Einwilligung erlaubt ist.
Im Sommer wurde daher nochmal ein neues Mess-Verfahren namens IOMM entwickelt, das nun eine datenschutzkonforme, einwilligungsfreie Zensusmessung durchführt. Allerdings können ohne Einwilligung des Nutzers nur die Page Impressions gezählt werden, keine Visits. Zur Erläuterung: Ruft ein Nutzer eine Website auf und klickt noch zwei Unterseiten an, dann sind das drei Seitenaufrufe (also Page Impressions), aber nur ein Besuch (also Visit). Diese Zuordnung ist ohne Einwilligung des Nutzers nun aber nicht mehr möglich - ein Problem, da Visits die zentrale Einheit der Online-IVW ist.
Ausgeben wird die IVW die Visits daher auch künftig - allerdings handelt es sich dann um einen teilweise errechneten Wert. Martin Krieg, Leiter Digital bei der IVW, spricht von einem "Paradigmenwechsel in der rund 75-jährigen Geschichte der IVW". "Vor einigen Jahren war eine Berechnung eines IVW-Wertes noch undenkbar, aber mittlerweile lässt die nationale Datenschutzgesetzgebung der IVW keine andere Wahl, um den Leistungswert 'Visit' (Besuch) zu erheben." Allerdings handle es sich hierbei nicht um eine Modellierung oder komplexe Methoden, wie man sie etwa von der AGOF, AG.MA oder AGF kennt, sondern um einen "simplen Dreisatz", so Krieg.
Für all jene Nutzer, die ihre Einwilligung zur Messung erteilt haben (und das dürfte in der Regel der größte Teil sein), liegen weiterhin tatsächlich gemessene Page Impressions und Visits vor. Für den Rest, bei dem nur die Page Impressions gemessen werden, wird künftig einfach das gleiche Verhältnis von Page Impressions zu Visits angenommen und die Zahl der Visits so errechnet. Der berechnete Anteil bezieht sich also nur auf die Lücke, die sich durch die Messung ergibt. Je größer also der Anteil derer ist, die ihre Einwilligung verweigern, desto ungenauer wird dementsprechend künftig als auch der Visit-Wert sein. Derzeit wird noch diskutiert, wie groß die Lücke sein darf, dass die Berechnung durchgeführt werden kann, auch sei die Formel nicht in Stein gemeiselt und könnte noch angepasst oder für verschiedene Ausspielkanäle getrennt berechnet werden.
Derzeit ist die Migration aufs neue System in vollem Gange, sprich: Ein Teil der Angebote hat das neue Messverfahren schon implementiert, ein Teil noch das Alte. Das macht Vergleiche untereinander aber im Fall des Wechsels auch zum Vormonat oder Vorjahresmonat schwierig. Bei den heute veröffentlichten Dezember-Daten waren 90 von 1.300 Angeboten umgestellt, im Januar sollen rund 200 weitere folgen, bis Ende des ersten Quartals soll der Prozess abgeschlossen sein - erst dann werden also wieder für alle vergleichbare Zahlen vorliegen.
Gar nicht mehr geben wird es künftig allerdings die "Kategorien-Visits" - hier ließ sich bei Angeboten wie GMX, Web.de oder T-Online nachvollziehen, welcher Anteil der Nutzung auf Mails, welcher auf Nachrichten-Angebote zurückging. Diese Kategorisierung gibt es künftig - zugunsten größerer Schnelligkeit - nur noch auf Ebene der Page Impressions, eine Vergleichbarkeit zwischen diesen Angeboten und reinen Nachrichten-Seiten wird dadurch allerdings nun erschwert. Eine Differenzierung in in- und ausländische Nutzung entfällt künftig ebenfalls, da dies datenschutzkonform ohne Einwilligung ebenfalls nicht erhoben werden kann.