Zunächst mal eines vorweg: Auswirkungen der Corona-Krise auf das Audio-Nutzungsverhalten der Deutschen lassen sich aus den Zahlen dieser Audio-MA nicht herauslesen, da die zugrunde liegenden Befragungen bereits im Dezember abgeschlossen waren. Einiges deutet darauf hin, dass in der Krise die Audio-Branche wie viele Medien stärker genutzt werden. Jan Isenbart, Vorstand Radio/Audio der agma dazu: "Seit Beginn der Corona-Krise erreichen uns zahlreiche Meldungen aus den Reihen unserer Mitglieder sowie unabhängige Marktumfragen, die dem Medium Radio/Audio derzeit einen außerordentlichen Boom in der Nutzung bescheinigen. Einzelne Mitglieder berichten aktuell, etwa auf Basis ihrer Livestreams, von bis zu 90 Prozent Steigerung."
Die nun vorliegenden Zahlen bescheinigen der Radio-Branche fürs vergangene Jahr aber erstmal in Summe eine stabil hohe Nutzung. 93,4 Prozent geben an, in einem 4-Wochen-Zeitraum klasssisches Radio zu hören (der sogenannte "Weiteste Hörerkreis"), die Verweildauer blieb mit enorm hohen 256 Minuten ebenfalls fast konstant. Doch zwischen den einzelnen Sendern ist es zu massiven Verschiebungen gekommen - und bei rund 60 Prozent der Sender fallen die Zahlen diesmal negativ aus. Unter den größten Radiosendern hat Antenne Bayern extrem stark verloren. Die Zahl der Hörer (die für die Werbewirtschaft bedeutende Zahl ist hier die Durchschnitts-Stunde Mo-Fr zwischen 6 und 18 Uhr) sackte dort um 13,4 Prozent oder fast 140.000 auf nun 896.000 ab. Das sind gar keine guten Antritts-Zahlen für den neuen Senderchef Felix Kovac, der dem Sender im Herbst einen umfassenden Relaunch verordnet hat. Immerhin: Der Ableger "Rock Antenne" konnte seine Hörerzahl um 4,5 Prozent ausbauen.
Glück im Unglück für Antenne Bayern: Konkurrent Bayern 3 konnte von dem deutlichen Rückgang gar nicht profitieren, dort ging die Hörerzahl ebenfalls spürbar um 6,6 Prozent zurück. Durch die herben Verluste von Antenne Bayern schrumpfte der Club der Hörer-Millionäre auf vier Mitglieder. Aus diesem erlesenen Kreis zulegen konnte einzig Bayern 1 (+3,4 Prozent), während es Radio NRW mit -7,5 Prozent und ebenfalls einem Rückgang um deutlich über 100.000 Hörer, und WDR 2 mit einem Minus von 6,6 Prozent ebenfalls schwer erwischt hat. Und noch eine schlechte Nachricht für den WDR: Die andere werbetragende Welle 1Live verlor sogar 8,3 Prozent ihrer Hörer in der Durchschnittsstunde, übrig waren noch 784.000. Verluste in ähnlichen Größenordnungen erlitten auch NDR 2, SWR 4 BW, und hr3. "Antenne Niedersachsen" kam sogar fast jeder fünfte Hörer abhanden.
Die 20 meistgehörten Radiosender in Deutschland laut Audio-MA 2020/I (Hörer ab 14 Jahre pro Stunde, Mo-Fr 6-18 Uhr):
Hörer in Tsd. ma 2020/I |
Hörer in Tsd. ma 2019/II |
Veränderung in Prozent |
|
Radio NRW |
1.475 | 1.594 | - 7,5 % |
Bayern 1 |
1.141 | 1.103 |
+ 3,4 % |
SWR 3 |
1.026 | 1.033 |
- 0,7 % |
WDR 2 |
1.020 | 1.092 | - 6,6 % |
Antenne Bayern |
896 | 1.035 |
- 13,4 % |
Bayern 3 |
814 | 868 |
- 6,2 % |
1Live | 784 | 855 |
- 8,3 % |
NDR 2 |
750 | 807 | - 7,1 % |
radio ffn |
462 | 461 |
+ 0,2 % |
Hit-Radio FFH |
458 | 474 |
- 3,4 % |
SWR 4 BW |
415 | 454 | - 8,6 % |
SWR 1 BW |
408 |
407 |
+ 0,2 % |
MDR Sachsen |
392 |
366 |
+ 7,1 % |
hr3 |
326 |
358 |
- 8,9 % |
MDR Jump |
308 | 299 |
+ 3,0 % |
Radio BOB! |
307 | 233 |
+ 31,8 % |
R.SH |
296 | 280 |
+ 5,7 % |
Antenne Niedersachsen |
281 |
346 |
- 18,8 % |
hr4 | 259 | 194 |
+33,5 % |
Radio Hamburg |
241 | 251 | - 4,0 % |
Quelle: AG.MA, ausschließlich Werbeträger
Bei so vielen Verlierern muss es natürlich auch große Gewinner geben. In der Top 20-Liste stechen da vor allem der hessische Sender Radio BOB! aus dem Hause Regiocast heraus, dessen Reichweite um 31,8 Prozent anzog. Und mit hr4 kommt auch noch der zweite große Gewinner aus Hessen, hier betrug das Plus sogar 33,5 Prozent. Bei hr4 hatte in der vorangegangenen Erhebung allerdings auch zu den größeren Verlierern gezählt, hier zeigt sich ein Stück weit also auch eine Gegenbewegung. Radio BOB! legt nun hingegen zum wiederholten Male deutlich zu. (Korrektur-Hinweis: Zunächst stand an dieser Stelle, dass Radio BOB! beim letzten Mal unter den Verlierern war. Tatsächlich betrug auch da das Plus schon über 17 Prozent.) Stark im Aufwind war unterdessen auch das Kinderradio "Radio TEDDY", das seine Hörerzahl um über ein Viertel steigern konnte, die höchsten prozentualen Gewinne verzeichneten die beiden Sender baden.fm und Schwarzwaldradio aus dem Südwesten.
Die größten Gewinner (in Prozent):
Hörer in Tsd. ma 2020/I |
Hörer in Tsd. ma 2019/II |
Veränderung |
|
baden.fm |
23 |
17 |
+ 35,3 % |
Schwarzwaldradio | 27 | 20 |
+ 35,0 % |
hr4 |
259 | 194 | + 33,5 % |
Radio BOB! |
307 |
233 |
+ 31,8 % |
Radio TEDDY |
72 |
57 |
+ 26,3 % |
Hamburg Zwei |
34 | 27 |
+ 25,9 % |
Bremen Eins |
143 | 116 |
+ 23,3 % |
Energy Stuttgart |
61 |
51 |
+ 19,6 % |
RTL Radio |
156 |
136 |
+ 14,7 % |
Radio Schlagerparadies |
145 |
128 |
+ 13,3 % |
Quelle: AG.MA, Angaben ohne Gewähr
Der größte Verlierer kommt aus prozentualer Sicht diesmal aus Berlin und hört auf den Namen "Kiss FM", das mehr als ein Viertel der Hörer einbüßte. Jeden fünften Hörer büßte das BR-Programm Bayern 2 ein - das derzeit übrigens gar nicht mehr eigenständig existiert, sondern wegen Personalmangel vorübergehend mit B5 aktuell zusammengelegt wurde. Auch B5 aktuell gehört mit einem Hörer-Minus von 12,0 Prozent zu den größeren Verlierern dieser Audio-MA.
Die größten Verlierer (in Prozent):
Hörer in Tsd. ma 2020/I |
Hörer in Tsd. ma 2019/II |
Veränderung in Tsd. |
|
98.8 KISS FM |
43 |
60 |
- 28,3 % |
Das neue Radio Seefunk |
38 |
50 |
- 24,0 % |
95.5 Charivari |
45 |
58 |
- 22,4 % |
Die neue 107.7 |
63 |
79 |
- 20,3 % |
Bayern 2 |
142 |
178 |
- 20,2 % |
Radio Potsdam |
4 |
5 |
- 20,0 % |
Bremen Next |
33 |
41 |
- 19,5 % |
Radio Salü |
58 |
72 |
- 19,4 % |
Landeswelle Thüringen |
55 |
68 |
- 19,1 % |
Antenne Niedersachsen |
281 |
346 |
- 18,8 % |
Quelle: AG.MA, Angaben ohne Gewähr
Bei der letzten Ausweisung berichteten wir an dieser Stelle noch über das Nischendasein, das DAB+ noch fristet. Doch ein Aufwärtstrend ist unverkennbar. Inzwischen geben 15 Prozent an, DAB+ zu nutzen, im vergangenen Jahr waren es noch 11,6 Prozent. Auch die Nutzung von Online-Audio zog erneut an und lag nun bei 21,3 Prozent.
Auf den folgenden Seiten: Ein Blick in die einzelnen Bundesländer
- Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein
- NRW, Hessen, Saarland
- Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern
- Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern
- Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt
Bitte beachten: Um auch die Sender ohne Werbung berücksichtigen zu können, blicken wir in den folgenden Tabellen auf die Tagesreichweite, nicht wie auf dieser Seite die Hörer pro Durchschnittsstunde.