Im Juni stand auch im Fernsehen natürlich alles unter dem Eindruck der Fußball-Europameisterschaft. Der Juli war hingegen in weiten Teilen ein sportfreier Monat - vom Endspiel und den ersten Olympia-Tagen mal abgesehen. Um so spannender verlief er aber aus Quotensicht. Für etliche Sender gibt es extreme Werte zu vermelden. RTL II und Vox erlebten den stärksten Monat seit langem, Das Erste schrammt nur knapp an historischem Tief vorbei, für RTL lief es weiter mau - und Sat.1 liegt völlig darnieder.

Beginnen wir mit dem aktuell wohl größten Sorgenkind: Sat.1. Kein anderer Sender litt im Juni so stark unter der Fußball-EM. Der Marktanteil in der Zielgruppe sackte damals auf 8,5 Prozent in der Zielgruppe ab. Und noch schlimmer: Kein anderer der großen Sender konnte sich so schlecht von diesem Tief wieder lösen. Zwar zog der Marktanteil um 0,6 Prozentpunkte an - doch das war ein kleinerer Zugewinn als bei allen anderen großen Privatsendern. 9,1 Prozent betrug der Marktanteil in der Zielgruppe im Juli nur - selbst in EM- oder WM-Monaten war Sat.1 in den letzten Jahren mit einer Ausnahme erfolgreicher.

Joachim Kosack übergibt den Sender damit an einem absoluten Quoten-Tiefpunkt. Das kann man aus Sicht seines Nachfolgers Nicolas Paalzow auch positiv sehen, immerhin liegt die Messlatte damit denkbar niedrig. Allerdings sei hier kurz an die Überschrift erinnert, die wir vor acht Monaten zum Amtsantritt von Joachim Kosack gewählt hatten: "Kosack übernimmt Sat.1 am Tiefpunkt". Diesen Tiefpunkt hat man nun nochmal deutlich unterboten - wobei auch daran erinnert sei, dass Sat.1 in den letzten Wochen zumindest mal experimentiert hat. Dass das auch schief gehen und dementsprechend nochmal auf die Quoten drücken kann, ist Betriebsrisiko. Wichtig wäre nur, dass man insbesondere das Vorabendproblem nun möglichst rasch in den Griff kriegt.

Ebenfalls schwach: Das Erste und RTL

Sat.1 ist aber längst nicht der einzige Sender mit Quotensorgen. Bitter verlief der Juli auch für Das Erste. Im Juni hatte noch die Fußball-EM die Quoten in die Höhe getrieben, im Juli wäre Das Erste dann prompt beinahe auf ein neues Allzeit-Tief gefallen. Nur die starken Olympia-Quoten verhinderten das in letzter Minute. Bis zum 30. Juli lag der durchschnittliche Monats-Marktanteil bei nur 11,1 Prozent Marktanteil und damit einem neuen Tief. Dank des starken Dienstags zog der Schnitt aber noch auf 11,4 Prozent an. Im Vergleich zum Vorjahr verlor Das Erste trotzdem 0,7 Prozentpunkte. Bei den 14- bis 49-Jährigen landete Das Erste letztlich bei 6,2 Prozent. Bis zum 30. Juli lag Das Erste mit nur 5,8 Prozent übrigens auf dem letzten Platz der acht großen Sender.

Marktführer beim Gesamtpublikum war im Juli stattdessen das ZDF, das einen Monats-Marktanteil von 12,8 Prozent erreichte. Allerdings halfen dem ZDF dabei zwei Faktoren: Am 1. Juli stand noch das Fußball-EM-Finale auf dem Plan, zudem zeigte das ZDF auch die Olympia-Eröffnungsfeier. Trotzdem ging der Marktanteil im Vergleich zum Vorjahresjuli allerdings noch minimal zurück.

Und dann war da auch noch RTL, das auch im Juli seine Quotenschwäche der letzten Monate nicht ausbügeln konnte, sondern sich mit 15,1 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen zufrieden geben musste. Das waren zwei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Der Sommer ist für RTL aber ohnehin schon traditionell eine schwächere Zeit, spannend wird's daher vor allem, wie sich RTL ab Herbst entwickeln wird. Marktführer war RTL ungeachtet dessen aber natürlich auch im Juli weiterhin.

RTL II und Vox stark wie lange nicht

Bei so vielen Verlierern muss es natürlich auch Gewinner geben. Die finden sich in der zweiten Reihe: Obwohl RTL II weite Teile seiner Primetime im Juli nur mit Wiederholungen bestückte, erzielte der Sender mit einem Monatsmarktanteil von 6,9 Prozent den besten Wert seit Mai 2008. Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen Zugewinn von satten 1,1 Prozentpunkten. Auch beim Gesamtpublikum lag der Marktanteil von 4,4 Prozent so hoch wie seit rund drei Jahren nicht mehr. Basis des Aufschwungs ist dabei weiterhin vor allem die Daytime. Zwischen 9 und 20 Uhr erzielte RTL II nämlich im Schnitt sogar 8,5 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe - und damit den besten Wert seit Bestehen des Senders.

Daneben läuft es auch für Vox derzeit so gut wie lange nicht mehr. 7,9 Prozent betrug der Marktanteil in der Zielgruppe - um einen besseren Wert zu finden, muss man schon bis in den September 2010 zurückgehen. Vox profitiert dabei unter anderem vom Erstarken in der Daytime. Im Vergleich zum Juli 2011 stieg der Markanteil in der Zielgruppe jedenfalls um 0,5 Prozentpunkte an.

Und dann kann auch noch ProSieben recht zufrieden sein mit seinem Juli. 11,6 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe - damit lag der Sender trotz Olympia und EM-Finale in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Das war die Belohnung dafür, dass man mit den Shows am Samstag, Serien-Erstausstrahlungen am Montag und Mittwoch und "Popstars" am Donnerstag erstaunlich viel frisches Programm präsentierte. Ganz solide lief der Monat auch für kabel eins, das mit einem Monats-Marktanteil von 5,9 Prozent nur leicht unter dem Vorjahreswert lag.

Die Monatsmarktanteile im Überblick

  MA ab 3
+/-
Vormonat
+/-
zum Juli 2011
MA 14-49 +/-
Vormonat
+/-
zum Juli 2011
Das Erste
11,4 -4,5
-0,7 6,2
-5,7
-0,3
ZDF
12,8
-2,5
-0,1
7,3
-4,0
+0,2
RTL
11,5
+0,9
-1,8 15,1 +1,5
-2,0
Sat.1
9,1
+0,2
-0,8
9,1
+0,6
-1,0
ProSieben
6,0
+0,8
-0,2 11,6
+1,7
-0,1
Vox
5,9
+0,6
+0,2 7,9
+1,1
+0,5
RTL II
4,3
+0,6
+0,6 6,9
+1,0
+1,1
kabel eins
3,9
+0,4
+/-0 5,9
+0,8
-0,2

Die Spalte +/- gibt die Veränderung im Vergleich zum Vormonat bzw. zum Vorjahresmonat an. Quelle: DWDL-Recherche