Im Herbst 2010 rutschte RTL II in Richtung Quotenkrise - also just in der ersten Saison, die Holger Andersen als Programmdirektor zu verantworten hatte. Das Jahr 2011 nutzte der Sender für zahlreiche Experimente. Zeitweise wurden im Wochentakt neue Shows auf das Publikum abgefeuert, die Sendeplätze rotierten schneller als es den Quoten gut tun konnte. Zwischenzeitlich sackte der Monatsmarktanteil bis auf miserable 5,4 Prozent in der Zielgruppe ab, kein einziges Mal klappte 2011 der Sprung über die 6-Prozent-Marke. RTL II rutschte damit auf den letzten Platz der acht großen Vollprogramme ab. Doch inzwischen muss man konstatieren: Die Erkenntnisse aus der Experimentierphase machen sich zunehmend bezahlt.
Schon im Februar gelang es erstmals seit November 2010 wieder, immerhin die 6-Prozent-Marke zu knacken. Und im März ging es weiter bergauf. 6,2 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen holte RTL II im zurückliegenden Monat - das war der beste Wert seit April 2010 und mehr als das ZDF und kabel eins erreichen konnten. Zum Vergleich: Im März 2011 musste RTL II sich noch mit mageren 5,5 Prozent Marktanteil zufrieden geben. Die entscheidende Grundlage für den Aufschwung findet sich am Vorabend: "Berlin - Tag & Nacht" ist dort mit Marktanteilen bis 11,1 Prozent deutlich erfolgreicher als zuletzt das Aushängeschild "Big Brother". RTL II schlägt damit regelmäßig Sat.1.
Dazu kommen tolle Erfolge mit Dokusoaps in der Primetime, allen voran die schrecklich glamourösen Geissens. Das Tüpfelchen auf dem i war im März aber sicherlich das Abschneiden von "Game of Thrones". Lange galt es als fast aussichtslos, eine solch komplexe Fantasy-Serie erfolgreich im Free-TV zu programmieren. RTL II versuchte es schließlich mit einem ungewohnten Weg und zeigte die komplette erste Staffel an nur einem Wochenende und würde auch für dieses Experiment mit Marktanteilen bis zu 10,8 Prozent belohnt. Es scheint also ganz so als sei RTL II die nachhaltige Befreiung aus der Quotenkrise gelungen.
Sat.1 dümpelt weiter vor sich hin - trotz Fußball
Ganz anders sieht es bei Sat.1 aus, dem zweiten Dauer-Sorgenkind der letzten Jahre. Der Fall unter die 10-Prozent-Marke, den es im Januar zu beklagen gab, blieb dem Sender diesmal zwar erspart. Doch man muss sich das vor Augen führen: In einem Monat mit gleich drei Champions League- und einer weiteren Europa League-Übertragung steht am Ende ein Monatsmarktanteil von 10,2 Prozent in der Zielgruppe (-0,4 Prozentpunkte) und 10,1 Prozent (unverändert) beim Gesamtpublikum zu Buche. Das war deutlich zu wenig.
Und so sehr RTL II von seinem erstarkten Vorabend profitiert, so sehr liegen dort die Probleme von Sat.1 begründet. In der Primetime sieht es nämlich gar nicht so schlecht aus. Die Montagsserien erholten sich, donnerstags und sonntags schlug sich die US-Ware ebenfalls gut, dienstags gelang es sogar, mit Wiederholungen zu punkten. Doch wenn am Vorabend fast durchweg stets nur einstellige Marktanteile drin sind, dann wird der Sender nicht aus der Krise kommen. Neue Ideen sind gefragt. Und die Wiederbelebung von "Lenßen" - und damit die Entscheidung, den gleichen Einheitsbrei, der das Programm von Sat.1 zwischen 10 und 20 Uhr inzwischen durchgehend prägt, noch einmal aufzukochen - kann nicht ernsthaft als neue Idee gewertet werden. Bis Herbst wird sich wohl dennoch nichts ändern, wie es kürzlich schon auf der Bilanz-PK hieß. Damit dürfte auch die Quoten-Misere mindestens so lange weiter gehen.
ProSieben kann Vox wieder hinter sich lassen
Besser lief es für ProSieben, das sich nach dem schwachen Februar im März wieder deutlich steigern konnte. 0,6 Prozentpunkte ging es auf 11,8 Prozent Markanteil in der Zielgruppe nach oben. Auch im Vergleich zum Vorjahresmonat war das ein Zugewinn von einem halben Prozentpunkt. Geholfen hat dabei das starke Samstags-Line-Up: Statt vor "DSDS" zu kuschen, gab es jede Woche eine große Live-Show. Diese Entscheidung wurde belohnt.
Beim Gesamtpublikum gelang erstmals in diesem Jahr immerhin wieder der Sprung über die 6-Prozent-Marke. 0,4 Prozentpunkte ging es hier auf 6,1 Prozent Marktanteil hinauf. Vox, das im Februar noch erstmals gleichauf mit ProSieben lag, büßte hingegen 0,1 Prozentpunkt ein und lag mit 5,6 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum nun wieder deutlich dahinter. In der Zielgruppe verlor Vox sogar 0,4 Prozentpunkte und musste sich mit 7,4 Prozent Marktanteil zufrieden geben - genauso viel wie im Vorjahr.
RTL weiter unter Vorjahr, aber stabil an der Spitze
An der Spitze des TV-Markts stand natürlich im März wieder RTL. Doch weiterhin bleibt zu konstatieren: Das Rekordjahr 2011 kann der Marktführer nicht wiederholen. Im März lag der Marktanteil in der Zielgruppe bei 17,6 Prozent. Das war genauso viel wie im Februar, lag aber satte 0,9 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Der Vorsprung von fast sechs Prozentpunkten bis zum Zweitplatzierten ist freilich dennoch weiter sehr beachtlich.
Dass die Quoten des Vorjahres nicht mehr erreicht werden, liegt an einer ganzen Reihe von Gründen. So hat RTL inzwischen vor allem ein Serienproblem: Vor allem donnerstags brachte Sat.1 die Kölner mit seiner Serien-Gegenprogrammierung gehörig unter Druck. Dienstags droht man nach einem etwas stärkeren Comeback von "Dr. House" und Co. auch wieder in alte Probleme aus dem Herbst zurück zu fallen. Und samstags bleibt "DSDS" zwar Marktführer, kann aber nicht ganz an die Erfolge der letzten Staffeln anknüpfen.
Doch es bleibt ein Rückgang auf sehr hohem Quoten-Niveau. Denn auch beim Gesamtpublikum reichte es mit einem Monatsmarktanteil von 13,4 Prozent erneut für die klare Marktführung. Platz 2 ging an das ZDF mit 12,5 Prozent. Sehr enttäuschend lief der März für Das Erste, das sich zwar im Vergleich zum Februar wieder um 0,4 Prozentpunkte steigern konnte, aber trotzdem mit nur 12,2 Prozent Marktanteil auf Rang 3 und einen ganzen Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert hängen blieb. Die bislang völlig erfolglose Vorabendreform macht dem Ersten gewaltig zu schaffen. Bei den 14- bis 49-Jährigen hielt sich Das Erste mit 6,4 Prozent Marktanteil aber trotzdem immerhin noch vor dem ZDF, das 6,1 Prozent erreichte. Das ZDF teilt sich den letzten Platz damit nun mit kabel eins, das 0,3 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen zulegte, dabei allerdings auch kräftig von den von Sat.1 geerbten Europa League-Spielen profitierte, die kabel eins neue Sender-Rekorde bescherten.
Die Monatsmarktanteile im Überblick
MA ab 3 |
+/- Vormonat |
+/- zum Mrz 2011 |
MA 14-49 | +/- Vormonat |
+/- zum Mrz 2011 |
|
Das Erste |
12,2 | +0,4 |
-1,0 | 6,4 |
+0,2 |
-0,5 |
ZDF |
12,5 |
-0,2 |
-0,5 | 6,1 |
-0,1 |
-0,5 |
RTL |
13,4 |
+0,3 |
-0,3 | 17,6 | +/-0 |
-0,9 |
Sat.1 |
10,1 |
+/-0 |
+0,1 |
10,2 |
-0,4 |
-0,4 |
ProSieben |
6,1 |
+0,4 |
+0,2 | 11,8 |
+0,6 |
+0,5 |
Vox |
5,6 |
-0,1 |
+0,2 | 7,4 |
-0,4 |
+/-0 |
RTL II |
3,9 |
+0,2 |
+0,5 | 6,2 |
+0,2 |
+0,7 |
kabel eins |
4,1 |
+0,1 |
+0,4 | 6,1 |
+0,3 |
+0,3 |
Die Spalte +/- gibt die Veränderung im Vergleich zum Vormonat bzw. zum Vorjahresmonat an. Quelle: DWDL-Recherche