Radio MA, die Zweite: Der Norden rockt, der Süden hört Klassik

Foto: ArchivZweimal im Jahr wird es um Punkt neun Uhr für einen Moment still in sämtlichen Radioredaktionen Deutschlands. Die Einen brechen daraufhin in Partystimmung aus, die Anderen begeben sich gesenkten Haubes wieder zurück an ihre Arbeitsplätze: Die Radio-Einschaltquoten werden bekannt gegeben und am Dienstag war es wieder so weit.

Erfreulich für alle Radiomacher: Es bleibt das Lieblingsmedium in Deutschland. 81,2 Prozent aller Deutschen hören jeden Tag Radio und zwar im Durchschnitt über 4 Stunden lang. Die durchschnittliche Verweildauer der Hörer hat im Vergleich zur vorhergegangenen Media-Analyse (ma) auf 259 Minuten zugenommen.

Die größten Gewinner sind auf den regionalen Ebenen delta radio und Bayern 4 Klassik, zu den stärksten Verlierern gehören die WDR-Welle Eins Live und die NRJ-Gruppe. Überregional konnten JAM FM, RTL Radio und sunshine live ihre Werte verbessern, während Klassik Radio und Radio Melodie Verluste gegenüber der Konkurrenz hinnehmen mussten.

Gewinne für delta radio, Verluste für Eins Live

In der regionalen Analyse für den Norden konnte der Kieler Privatsender delta radio als Überraschungs-Sieger der ma RADIO II 2004 die meisten Hörer dazu gewinnen. Der junge Rock- und BlackMusic-Sender konnte 46,6 Prozent mehr Hörer begrüßen und wird nun von 85.000 Norddeutschen in der Stunde gelauscht. Auch der öffentlich-rechtliche Sender bremen eins (+35,8 Prozent) sowie der Classic Rock-Sender Radio 21 (+37,3 Prozent) konnten gewinnen. Der NDR konnte seine Anteile konstant halten, größter Verlierer im Norden ist ENERGY 97.1 aus Hamburg: Nur noch 30.000 Hörer (-18,9 Prozent) in der Stunde lassen sich von „HIT MUSIC Only!“ berieseln.

In Nordrhein-Westfalen konnte radio NRW nochmals 2,4 Prozent zulegen. Somit werden die NRW Lokalradios pro Stunde von 1.548.000 Menschen wahrgenommen, WDR4 rangiert auf Platz 2 der meistgehörten Programme mit 979.000 Hörer/Stunde (+2,8 Prozent). Verlierer ist das junge WDR Radio Eins Live, hier gingen die Hörerzahlen um neun Prozent zurück. 80.000 Hörer in der Stunde schalten lieber die Konkurrenz ein: Nur noch 813.000 Hörer in der Stunde für Eins Live.

SWR 3 ist erfolgreichste öffentlich-rechtliche Popwelle

In Südwestdeutschland konnte der SWR mit allen seinen Programmen kräftig zulegen. Besonders SWR3 wird sich freuen, denn mit 919.000 Hörern pro Stunde (+11,4 Prozent) ist man nun die erfolgsreichste öffentlich-rechtliche Popwelle und hat die WDR-Konkurrenz von Eins Live überholt. Auch die Konkurrenz von bigFM wird in Feierstimmung sein: In Baden-Württemberg konnte die Quote um 15,7 Prozent gesteigert werden.

Für bigFM in Rheinland-Pfalz wurden zum ersten Mal offiziell ma-Zahlen herausgegeben: 90.000 Hörer schalten hier pro Stunde ein. Unter der Berücksichtigung, dass der Vorgängersender RPR ZWEI weitaus höhere Quoten verzeichnen konnte, ist die letztere Zahl allerdings eher nüchtern zu betrachten. Hessen kann keine großen Gewinner vorweisen: hr3 und hr4 mit leichten Gewinnen (+5,6 Prozent bzw. +7,4 Prozent). Das Konzept des relaunchten öffentlich-rechtlichen you.fm (ehemals hr XXL) geht nicht auf: -13,3 Prozent. HIT RADIO FFH und planet radio verlieren leicht (-5,1 Prozent bzw. -1,4 Prozent).

NRJ verliert auch in München

In Bayern lässt sich der nächste große Gewinner der ma finden: Bayern 4 Klassik steigert sich um 41,2 Prozent und unterhält jetzt 96.000 Menschen pro Stunde. Bayern 3 und Antenne Bayern können leichte Gewinne verbuchen (+2,8 Prozent bzw. + 2,5 Prozent). Verlierer ist auch hier der Münchener Ableger der NRJ-Gruppe. ENERGY 93.3 verzeichnet 14 Prozent weniger Hörer.

Auch der spannendste Radiomarkt Deutschlands in Berlin sorgte für eine Überraschung: Der Berliner Rundfunk 91!4 verbessert sich um 32,8 Prozent auf 158.000 Hörer/Stunde. Der öffentlich-rechtliche Jugendsender Fritz vom rbb legt ebenso recht deutlich um 18,6 Prozent zu. BB Radio bleibt das meistgehörte Programm in der Hauptstadt mit 238.000 Hörern (+9,7 Prozent). In Brandenburg ist Antenne Brandenburg weiter stark (264.000 Hörer, +13,8 Prozent). ENERGY 103,4 Berlin hat erneut verloren: Nur noch 62.000 Hörer pro Stunde (-4,6 Prozent) für das einst so beliebte Jugendradio.

Privatradios behaupten sich gegenüber dem MDR

Wenig Freude beim MDR: In Mitteldeutschland verlieren fast alle öffentlich-rechtlichen Sender. Besonders JUMP verliert 15,6 Prozent der Hörer an die Konkurrenz. Die hat dafür logischerweise kräftig gewonnen: 89.0 RTL wird jetzt von 114.000 Hörern begleitet (+35,7 Prozent). Auch Ostseewelle HIT-RADIO Mecklenburg-Vorpommern (+25,6 Prozent), R.SA (+21,5 Prozent), Radio Brocken (+17,0 Prozent) und einige andere Privatsender können gewinnen. Sehr überraschend – und der einzige Erfolg der NRJ-Gruppe – sind die Quoten von ENERGY Sachsen. 26,2 Prozent mehr Hörer bedeuten jetzt 82.000 in der Stunde.

Die Ergebnisse fallen also regional sehr unterschiedlich aus. Weder Wortprogramme noch Popgedudel sind generell auf dem Vormarsch. Allerdings können regionale Trends beobachtet werden: So werden beispielsweise in den neuen Bundesländern die dortigen Privatradios deutlicher lieber gehört als die entsprechende Angebote des MDR. Damit ist das Verhältnis zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Radiosendern hier deutlich anders geprägt als im Rest der Republik.