Wer anhand der IVW-Zahlen künftig die Reichweite der Online-Nachrichtenangebote vergleicht, der könnte in den Glauben verfallen, N24.de wäre im Online-Nachrichtengeschäft ein echtes Schwergewicht. Den aktuellen IVW Online-Zahlen aus dem Juli zufolge kommt N24.de nun immerhin auf 19,4 Millionen Visits und liegt damit sogar knapp vor n-tv.de auf dem fünften Rang. Nur "Spiegel Online", "Bild.de", "Focus Online" und "Sueddeutsche.de" weisen noch mehr Visits aus.
Doch dass sich N24.de nun so weit oben wiederfindet, ist nicht etwa der plötzlich sprunghaft gestiegenen Nutzerzahl von N24.de zu verdanken, sondern vielmehr einem Trick: SevenOne Intermedia zählt zu N24.de nun auch die Visits und PIs der bisher separat ausgewiesenen Ratgeber-Community wer-weiss-was.de hinzu. Die Folge: Die Zahl der angegebene Visits von N24.de wurde im Vergleich zum Vormonat mehr als verdreifacht. Noch im Juni fristete N24.de mit nur 4,53 Millionen Visits nämlich eher ein Schattendasein im Vergleich zu den Marktführern.
Fragt man bei SevenOne Intermedia, das N24.de betreibt, nach, wird auf die thematische Verwandtschaft der beiden Angebote verwiesen sowie eine Ankündigung von Anfang Juli, nach der man wer-weiss-was.de nun bei N24.de integriert habe. Konkret heißt das: Auf dem weiter völlig eigenständigen Angebot wer-weiss-was.de gibt es oben nun einen Link zu N24.de. Im Gegenzug gibt es auf N24.de bei allen Artikeln in der rechten Spalte am unteren Ende der Seite einen kleinen Kasten, in dem es Verweise zu thematisch vermeintlich passenden, häufig schon viele Jahre alten Diskussionen auf wer-weiss-was.de gibt.
Ob diese "Integration" nun wirklich dazu ausreicht, die beiden Seiten als gemeinsames Angebot wahrzunehmen, sei dahingestellt. Fest steht aber: Zählt man sie zusammen, kann man N24.de künftig weniger als Nachrichtenangebot, sondern eher als Ratgebercommunity mit angehängten Nachrichtenteil werten, da mehr als drei Viertel der Visits gar nicht mit dem eigenen redaktionellen Angebot erzielt werden.
Entsprechend kritisch sieht man das Vorgehen daher beim Konkurrenten n-tv. Christoph Hammerschmidt, Direktor Marketing & Kommunikation, gegenüber DWDL.de: "Grundsätzlich ist ein solches Vorgehen sicherlich legal. Legitim ist ein solches Vorgehen nicht, wenn man sich als Nachrichtenportal bezeichnet. Denn ein Großteil der Visits oder PIs kommen durch User-generated-Content zustande. Das hat mit Nachrichten aus unserer Sicht wenig zu tun." Bei n-tv.de erziele man hingegen 99,7 Prozent der PIs durch redaktionelle Inhalte. "Keine andere deutsche Nachrichtenseite hat einen so hohen Wert", so Hammerschmidt.
Das Problem: Heute und vielleicht auch in den kommenden Monaten dürfte der Grund für den hohen Wert von N24.de den meisten, die diese IVW-Zahlen analysieren, bekannt sein. Doch bald schon wird N24.de wohl in den Top-Listen der Nachrichten-Websites weit oben auftauchen - ohne den Hinweis, woher diese Reichweite eigentlich kommt. Ein grundsätzliches Glaubwürdigkeitsproblem der IVW-Zahlen sieht man bei n-tv nicht. Sendersprecher Hammerschmidt fordert aber: "Man sollte sich die Mühe machen und die Kategorienausweisungen anschauen. Dann wird sehr schnell deutlich, welches die Trafficquellen einzelner Portale sind". Die Frage ist nur, ob sich der unbedarfte Leser diese Mühe machen wird. Trotz der Problematik betont Hammerschmidt: "n-tv.de rechnet keine anderen Angebote in seine Ausweisung mit hinein. Wir verstehen uns als reines Nachrichtenportal und haben ähnliches auch nicht für die Zukunft geplant."