Weder der "Downton Abbey"-Film noch "El Camino: Ein 'Breaking Bad'-Film", interessieren mich - obwohl ich beide Serien sehr gerne gesehen habe. Es gibt mehrere Gründe, warum das so ist: Sowohl welche, die sich auf die jeweilige Serie beziehen, als auch welche, die das grundsätzliche Phänomen "Filme zu Serien" betreffen.
Der "Downton Abbey"-Film läuft seit 19. September im Kino, und er ist ein internationaler Erfolg: weltweit hat er bis zum 30. September mehr als 109 Millionen Dollar eingespielt. (Zum Vergleich: "Ad Astra", der neue Brad-Pitt-Film, der am selben Tag gestartet ist, kam bis zum 30. September auf knapp 91 Millionen Dollar.) Und auch die Kritiken sind gut. Doch weder die Begeisterung der Millionen Fans, die schon den Film gesehen haben, noch positiven Besprechungen werden mich dazu bringen, in den Film zu gehen. Denn schon die Serie "Downton Abbey" war für mich zu lang - fünf Staffeln hätten mir völlig gereicht. Die sechste hat mich so wenig gepackt, dass ich sie noch immer nicht zu Ende gesehen habe (aber fest vorhabe, das zu tun). Ich wüsste nicht, was mir ein Film zusätzlich bringen sollte. Zumal ein Film mir ohnehin nicht das geben kann, was eine Serie kann - aber dazu später mehr.
"El Camino" wird am 11. Oktober bei Netflix starten, dann außerdem in einigen Kinos zu sehen sein. Wie er ankommt, dazu kann ich derzeit also noch nichts sagen. Doch sowohl der Erfolg als auch die Bewertung von Kritiker*innen sind unwichtig für das Problem, das ich damit habe, dass es überhaupt einen solchen Film gibt. Aus zwei Gründen ist er in meinen Augen überflüssig: Erstens ist "Breaking Bad" eine der wenigen Serien, die keine Längen haben. Denn: Je erfolgreicher eine Serie, desto eher die Wahrscheinlichkeit, dass es Staffeln gibt, die teilweise oder ganz überflüssig sind, die produziert wurden, weil die Serie so erfolgreich war und nicht, weil die Geschichte mehr Zeit und Raum benötigte. Bei "Breaking Bad", so wurde es damals zumindest kommuniziert, hat Erfinder und Showrunner Vince Gilligan irgendwann ganz klar gesagt, wann Schluss sein soll. Das Ergebnis: Fünf Staffel, die aus 69 bemerkenswerten Folgen bestehen.
Zweitens hat "Breaking Bad" eines der besten Serienenden, das es gibt. Warum das Ende entkräften mit einem Film, der erzählt, wie das Leben einer der Hauptfiguren danach weitergeht? Klar könnte man jetzt einwenden, dass Vince Gilligan vielleicht für die Figur Jesse eine tolle Geschichte erzählen möchte und dass es schade sein könnte, wenn er dafür nicht den Raum bekäme - denn dass er ein guter Geschichtenerzähler ist, wissen wir ja. Dann muss man sich aber fragen: Wenn die Geschichte so gut ist und er dafür Raum braucht, warum macht er das nicht als Serie? Als Spin-off-Serie zu "Breaking Bad", die sich nur mit dem Schicksal von Jesse Pinkman nach dem Ende der "Breaking Bad"-Geschichte beschäftigt? (Dass ein Spin-off zu "Breaking Bad" hervorragend werden kann, hat Gilligan ja bereits mit "Better Call Saul" gezeigt.)
Denn - und jetzt komme ich zu dem Punkt, den ich oben bereits angerissen habe - eine Serie ist eine andere Erzählform als ein Film. Figuren und ihre Welten, die in Serien entwickelt wurden, funktionieren für mich nicht in Filmen. Wenn ich Serien wie "Breaking Bad" oder "Downton Abbey" schaue, erwarte ich, dass ich die Figuren von vielen Seiten kennenlerne, ihre Geschichten und Entwicklungen aus ausführlich und in aller Tiefe erzählt bekomme. Ein Film kann das - besonders bei einer Serie mit vielen, fast gleichwertigen Figuren wie "Downton Abbey" - nur begrenzt. Hier muss man sich zwangsläufig auf bestimmte Figuren beschränken, andere Figuren treten zurück, kommen nur in wenigen Szenen vor. Das kann man natürlich machen, es verändert aber den Charakter der Erzählung und entspricht damit nicht mehr dem Charakter der Serie, die man so gerne gesehen hat.
Ein kurzer Ausflug zu einer anderen Serie und dem dazugehörigen Film: "Veronica Mars". Sie gehört zu einer meiner absoluten Lieblingsserien. 2007 wurde sie nach drei Staffeln eingestellt, obwohl es Pläne für mindestens eine weitere Staffel gab. Und ja, ich hätte ohne zu zögern weitergeschaut, weil man der Serie anmerkt, dass die Geschichte um die Privatdetektivin noch längst nicht auserzählt ist. Als 2014 ein Film veröffentlicht wurde, jubelten die Fans - ich auch. Natürlich habe ich es genossen, Veronica Mars und viele andere vertraute Figuren wiederzutreffen. Und der Film war auch ganz gut. Aber mir fehlte etwas. Was das war, ist mir erst beim Anschauen der vierten Staffel von "Veronica Mars", die in diesem Jahr in den USA veröffentlicht wurde, klar geworden: die besondere Serienwelt in ihrer Gesamtheit. "Veronica Mars" zeichnet sich dadurch aus, dass auch mithilfe von vielen interessanten Nebenfiguren eine Welt der krassen wirtschaftlichen Unterschiede gezeichnet wird. Vereinfacht gesagt: Die Reichen einerseits, die über dem Gesetz zu stehen meinen - und die Armen andererseits, die sich vom Staat im Stich gelassen fühlen. In fast jeder Folge der Staffeln eins bis drei schwang diese soziale Ungleichheit und ihre Ausweglosigkeit mit. Im Film allerdings ist davon im Vergleich viel weniger zu spüren. In Staffel vier dagegen wird den Nebenfiguren - auch im Zusammenspiel mit der Hauptfigur - wieder ausreichend Raum gegeben, die Welt wird vor mir ausgebreitet. Und das besondere "Veronica Mars"-Gefühl, das ich in den ersten drei Staffeln so geschätzt habe, war wieder voll da. (Ein Hinweis an alle "Veronica Mars"-Fans, die diesen Text hier lesen: Natürlich werde ich mich nochmal ausführlicher mit der vierten Staffel beschäftigen, wenn die Serie auch in Deutschland verfügbar ist.)
Ich verstehe, dass es aus wirtschaftlicher Sicht verlockend ist, mit bekannten Figuren und einer über mehrere Staffeln etablierten Welt in einem zeitlich eng begrenzten Rahmen zu arbeiten und zu wissen, dass man damit viele Millionen Fans weltweit erreichen kann. Doch ich selbst möchte mich dem nicht aussetzen, weil es eben nur eine einzige zusätzliche, sehr lange Folge ist, die mir nicht das bieten kann, was die Serie konnte.