Es gibt Dinge im Leben, die tun weh, wenn sie enden. Das gilt natürlich vorwiegend für die wichtigen Begebenheiten im Leben - für eine einzigartige Beziehung zum Beispiel oder eine unvergessliche Reise. Uns allen fallen aber auch recht triviale Sachen ein, die einen Schmerz auslösen können, so wie das Ende einer geliebten Serie. Die Verabschiedung von "Supernatural" reiht sich für mich irgendwo in der Mitte beider Lager an. Selbverständlich käme ich nicht auf die Idee, eine Fernsehproduktion mit einer zwischenmenschlichen Verbindung auf eine Stufe zu setzen. Und dennoch haben die Macher der am längsten laufende Sci-Fi-Serie in der amerikanischen TV-Geschichte mein Leben schwer bereichert.
Wie eine Familie haben sie dies getan. Nein, natürlich war die Crew um Serienschöpfer Eric Kripke kein Familienersatz für mich. Allerdings spürte man als Zuschauer vor dem Fernseher sehr wohl, dass die Verantwortlichen dieser fabelhaften CW-Serie, die bald ihren 15. Geburtstag feiern und womöglich für immer enden wird, ein eingespieltes Team waren - eines, das über die Jahre zusammengeschweißt wurde. Ja, hinter den Kulissen dieser Produktion herrschte ein außergewöhnliches Zusammengehörigkeitsgefühl, das über die inhaltlichen Qualitätsansprüche der ersten Staffeln hinausragt.
Dabei ist es selbstredend kein Geheimnis, dass "Supernatural" nie die großen Preise abräumen konnte - gerade einmal drei Emmy-Nominierungen für die Musik und den Audioschnitt wurden in all den Jahren eingeheimst. Um ehrlich zu sein, wären derart hochklassige Preise für Drehbuch und Regie auch etwas zu hoch gegriffen. Bis auf wenige, dafür verblüffend genial umgesetzte Geschichten, bewegte sich die Mystery-Serie gleichbleibend im Rahmen gruseliger Vorfälle, die wenig überraschendes Storytelling zu bieten hatten.
Doch "Supernatural" verstand es schon immer, den perfekten Fan-Service zu leisten. Was ich damit meine? Nun, wir sprechen hier von einer Serie, die sich stets darüber bewusst war, wie wichtig es ist, die Zuschauer zu involvieren und jene Wünsche zu berücksichtigen, die in einschlägigen Foren aufkamen. Dadurch beschränkten sich die wirklich schockierenden Twists auf zählbare Momente - die immer wieder auftretenden Referenzen auf vergangene Staffeln, teilweise urkomische Charakterückführungen und Storystränge, die lediglich dazu dienten, Nostalgie innerhalb der Serie auszulösen, waren im Falle von "Supernatural" aber permament mehr wert.
Für Eric Kripke war dies nicht die komplette Vision. Für ihn galt die übernatürlichen Legenden nach fünf Staffeln gewissermaßen als auserzählt. Passenderweise ging es in seinem vermeintlichen Ende um die Apokalypse und den Aufstieg Lucifers, den Vormund der Hölle. Dennoch ging es ganze zehn Staffeln weiter - mal mehr, mal weniger bedrohlich für die Menschheit. Kripke selbst blieb zwar nicht als Showrunner, dafür aber als Produzent erhalten. Für ihn war die fragwürdige Entscheidung, "Supernatural" dermaßen zu strecken, dennoch kein Grund, die Familie endgültig zu verlassen.
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Im Laufe der Jahre wiederholten die Schauspieler und Mitarbeiter der Serie immer wieder, wie wichtig es für sie ist zu wissen, dass Kripke den restlichen Staffeln nicht böse gesinnt ist. Hier fühlte niemand hintergangen. Selbst das Ende der Serie mit der fünfzehnten Staffel war keine einseitige Entscheidung: Das Team um die Hauptdarsteller Jensen Ackles und Jared Padalecki beschloss, dass es von ihrer Seite aus reicht: "Niemand wollte sehen, wie die Serie langsam ausbrennt. Alle wollten der Serie den größtmöglichen Dienst erweisen und aufhören, so lange sie erfolgreich ist." Erfolgreich, das ist das Schlagwort. Für Produktionsstudio Warner Bros. und Sender CW hätte es nämlich keinen zwingenden Grund gegeben, mit der Serie aufzuhören.
Nun steht das Ende einer TV-Ära also doch bevor. "Ich arbeite seit zwölf Jahren für die Serie. Die Dinge, die wir für das Finale im Sinn haben, werden ungefähr 30 Prozent der Zuschauer glücklich machen", witzelt Showrunner Andrew Dabb. "Wenn Sie dachten, 'Game of Thrones' habe eine schlechten Abgang gemacht, sollten Sie uns abwarten." Ab dem 10. Oktober werden die letzten Episoden eines Fanchises über den Bildschirm laufen, welches es auch sonst verstand, eine charmante, selbstironische Art aufkommen zu lassen.
In Meta-Folgen etwa, in denen "Supernatural" zur Show in der Show wurde, oder in denen Dean und Sam Winchester durch die verschiedenen Fernsehkanäle Amerikas gezappt werden, oder ein Musical aufführen müssen. "Ich betrachte die Jungs als lebenslange Freunde“, hat es Misha Collins, der Darsteller von Castiel absolut passend zusammengefasst. Er selbst hatte vermutet, nur für wenige Folgen Teil des Ganzen zu sein. Ebenfalls wie Serien-Papa Jeffrey Dean Morgan und Jim "Bobby Singer" Beaver. Allesamt kamen sie bei den Zuschauern aber dermaßen gut an, dass das Autorenteam sie kurzerhand etablierte.
Die Macher von "Supernatural" haben feines Fingerspitzengefühl bewiesen und stets Entscheidungen getroffen, die die Familie der Serie zusammengehalten haben. Deshalb stellt sich auch nicht die Frage, warum es solch eine Serie auf 15 Jahre Laufzeit geschafft hat - ers erklärt vielmehr, warum andere bereits nach zwei Staffeln keine Luft mehr haben.
Die ersten zwölf Staffeln von "Supernatural" können bei Amazon gestreamt werden. Die 13. Staffel steht bei Sky zur Verfügung.