Hach, war das herrlich. Und, hach, war das herrlich verrückt. Die zweite Staffel von "Lucifer" hat mir großen Spaß gemacht, noch größeren als die erste, die mir auch schon gut gefallen hat. Aber in Staffel 2 hatte ich den Eindruck, als hätten die Drehbuchautoren dieser Ermittler-/Fantasy-Serieaufgedreht: Sie haben absurden Entwicklungen und überirdischen Verwirrungen deutlich mehr Raum gegeben, sich dafür weniger auf episodische Mordfälle konzentriert. Genau das Richtige für meinen Geschmack.
Denn das ist es ja, was diese Serie ausmacht: Dass mit Lucifer Morningstar (Tom Ellis) ein Charakter im Mittelpunkt steht, der nicht von dieser Welt ist, dem daher im Grunde alles zuzutrauen ist. Natürlich war es in der ersten Staffel spannend, wie Lucifer sein teuflisches Können bei der Ermittlung von Mordfällen einsetzt, und wie ihn das Leben auf der Erde verändert. Wir haben die Figur, ihre Möglichkeiten und ihre Zwänge kennengelernt, und im Grunde ist es nur konsequent, darauf aufzubauen. Denn bei "Lucifer" sind nun mal nicht die Mordfälle das Spannendste, sondern der Teufel selbst und all das Gepäck, das er mitbringt. Wenn Lucifer als Bewacher der Hölle plötzlich seinen Job hinwirft, bringt das woanders Probleme mit sich: in der Hölle und im Himmel. Kein Wunder also, dass dieser Aspekt in der zweiten Staffel eine größere Rolle spielt und herrlich-verrückte Wendungen mit sich bringt.
Ebenso ein zweiter Aspekt: die Beziehung zwischen Lucifer und der Ermittlerin Chloe Decker (Lauren German). Es gibt einige Ermittlerserien, die die Antwort auf die Frage "Kommen sie zusammen oder doch nicht?" in die Länge ziehen und über mehrere Staffel ausbreiten: Die Figuren kommen sich kurz nahe, müssen dann wieder Hürden überwinden, kommen sich wieder näher, dann kommt die nächste Hürde etc. In der zweiten Staffel von "Lucifer" wird das auf die Spitze getrieben - durch göttliche Einwirkung. Es kommt eine Hürde ins Spiel, die ich noch in keiner anderen Serie gesehen habe und die nicht vorhersehbar war. Die ich den Autoren von "Lucifer" dennoch abnehme und glaubwürdig finde, weil die Charaktere, nun ja, nicht von dieser Welt sind. Wunderbar.
Ich habe in Staffel 2 den Eindruck gewonnen, dass es den Drehbuchautoren großes Vergnügen bereitet, allerlei irre Wendungen mit ihren überirdischen Figuren auszuprobieren und auf amüsante und spannende Art zu erzählen. Ich freue mich schon jetzt auf Staffel 3 und hoffe sehr, dass sie einige verrückte Überraschungen bereit hält. Schon die Länge von Staffel 3 ist überraschend: Weil die letzten vier Folgen von Staffel 2 aus programmlichen Gründen nicht mehr in die Programmsaison 2016/2017 des Senders Fox reingepasst haben, werden sie auf Staffel 3 draufgepackt, die dann aus insgesamt 26 Folgen bestehen wird (genauer erklärt wird das in diesem Artikel).
(Ich habe kurz darüber nachgedacht, auch mal in die "Lucifer"-Comics reinzuschauen, bin mir aber nicht sicher, ob mir das den Spaß an der Serie nehmen würde, weil ich einige Wendungen dann schon kenne. Daher die Frage an die Comic-Kenner und -Kennerinnen, sollten hier welche anwesend sein: Ist die Gefahr des Gespoilertwerdens groß, oder kann ich unbedenklich lesen, weil die Serie ausreichend weit von der Comicvorlage entfernt ist?)
Dieses Phänomen, dass in der zweiten Staffel aufgedreht wird, ist mir schon bei einigen US-Serien aufgefallen, vor allem bei Serien, die für werbefinanzierte, frei-empfangbare Sender produziert wurden. Auf ein jüngeres und ein etwas älteres Beispiel will ich kurz eingehen: "Jane the Virgin" und "Community". Die Telenovela-Satire/Dramedy "Jane the Virgin" ist 2014 beim US-Sender The CW gestartet und spielte zwar von Anfang an mit den Erwartungen des Publikums, doch es ist ein deutlicher Unterschied zwischen Staffel 1 und Staffel 2 zu merken. Nachdem man in der ersten Staffel das Publikum gewonnen und an die Figuren und die besondere Art gewöhnt hat, experimentieren die Verantwortlichen rund um Erfinderin Jennie Snyder Urman in der zweiten Staffel noch mehr mit den Genres, bauen neue Stilelemente ein und wagen sich an ernstere Themen heran, die sie auf eine sehr eigene Art umsetzen. (Anfang des Jahres habe ich mich in diesem Kolumnentext ausführlicher mit der Serie beschäftigt.)
Ebenso "Community": Die Comedy von Dan Harmon ist 2009 auf NBC gestartet. Obwohl in meinen Augen bereits die erste Staffel etwas Besonderes war, so gibt es doch viele "Community"-Fans, die der Meinung sind, dass das die schwächste und konventionellste Staffel war. Und ja, auch hier nimmt die Serie in der zweiten Staffel deutlich an Fahrt auf, werden die Entwicklungen verrückter, die Charaktere ausgefallener, einzelne Folge ungewöhnlicher, kommt ein ganz spezielles "Community"-Gefühl auf, das sich in den anderen Staffeln noch verstärkt. Das bekannte Muster: In der ersten Staffel das Publikum gewinnen, neugierig machen - und in der zweiten Staffel aufdrehen. (Auf lange Sicht war dem Sender das Publikum leider nicht groß genug, weshalb NBC die Serie nach nur drei langen und zwei kurzen Staffeln einstellen ließ.)
Und zum Schluss noch ein paar Gucktipps:
Die Emmys werden am Sonntag in Los Angeles vergeben! Wer die Preisverleihung der Hauptkategorien live gucken will: Der Pay-Sender TNT Serie überträgt in der Nacht zu Montag live von 1 bis 5 Uhr. Wer die Nacht zu Montag aber lieber mit Schlafen verbringt, kann hier bei DWDL.de alles Wichtige nachlesen - Thomas Lückerath und Kevin Hennings sind in Los Angeles und werden ausführlich berichten.
Jamie und Claire sind endlich zurück: Die dritte Staffel von "Outlander" ist vergangene Woche in den USA gestartet, die neueste Folge ist montags beim Pay-Sender RTL Passion zu sehen. Und auch bei Streaminganbietern ist die neue Staffel verfügbar: folgenweise zum Beispiel bei iTunes oder Amazon.
Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das gucken, über das ich schreibe?
"Lucifer", Staffel 2: Bei Amazon Video (Prime).
"Jane The Virgin", Staffel 2: Bei Amazon Video, iTunes oder Netflix.
"Community", Staffel 2: Zum Beispiel bei Amazon Video, iTunes oder Maxdome.
Wer mir auf Twitter folgen möchte, kann das hier tun: @FrauClodette.