Neulich, auf dem Sofa. Ich schreibe eigentlich an einem Text und nebenbei gucke ich was. In diesem Fall: Folge 2 der zweiten Staffel von "Supergirl". Ich bekomme nur so halb mit, was passiert - irgendein Kampf zwischen Supergirl und Super-Bösewichten - und plötzlich höre ich eine Stimme, die mir bekannt vorkommt. Ich horche verwundert auf. Mein Mann sagt: "Hört sich ja an wie Nick aus 'New Girl'."
Und wir gucken - und stellen fest: Nein, das ist nicht Nick (Jake M. Johnson) aus 'New Girl', der da bei "Supergirl" mitspielt, sondern das ist nur seine Stimme, die in der deutschen Synchronisation jetzt auch Superman (gespielt von Tyler Hoechlin) gehört. Dass es dieselbe Stimme ist - geschenkt. Das passiert oft. Aber der Knackpunkt in diesem Fall: Es ist nicht nur dieselbe Stimme, sondern auch noch genauso gesprochen. Superman, der knallharte, übermenschliche, durchtrainierte Retter der Menschheit redet wie der schluffige, sehr menschliche, untrainierte Chaot aus Los Angeles. Auf eine Art, die zu Nick sehr gut passt: unschlüssig, unsicher. Bei Superman ist diese Art des Sprechens aber total fehl am Platz. Erst als Superman am Ende der Folge wieder zu Clark Kent wird, passt dieses Sprechen zur Figur.
Es ist natürlich nichts Neues und daher auch nichts Überraschendes, dass ein- und dieselben Sprecher und Sprecherinnen vielen verschiedenen Figuren ihre Stimme leihen. Ein sehr bekanntes Beispiel: Christian Brückner (aka der Mann, der mich selbst beim Telefonbuchvorlesen in Verzücken bringen könnte) ist die feste deutsche Stimme von Robert DeNiro, hat seine Stimme aber auch hin und wieder Robert Redford, Gérard Depardieu oder Donald Sutherland geliehen. Oder Irina von Bentheim, die die deutsche Synchronstimme von Carrie Bradshaw (gespielt von Sarah Jessica Parker) aus "Sex and the City" war - sie spricht zum Beispiel auch Robin Wright und damit deren Figur Claire Underwood aus "House of Cards". Eine Stimme für zwei sehr unterschiedliche Charaktere, und doch wird sie beiden Figuren gerecht.
Ein letztes Beispiel noch: Ulrike Stürzbecher. Sie ist die prägnante Stimme von Meredith Grey aus "Grey's Anatomy". Als Stationvoice von Sixx spricht sie auch genauso - ich unterstelle hier Absicht, da die Serie eine wichtige Rolle für den Sender spielt. Denn dass sie auch anders kann, hört man an synchronisierten Jennifer-Aniston-Figuren oder wenn sie Kate Winslet in deren Charakteren spricht. Und ihre Stimme begegnete mir neulich auch, als ich mit meinem Töchterchen "Bibi Blocksberg" hörte. Ich musste allerdings googlen, trotz Grübelns kam ich nicht darauf, woher ich die Stimme kenne.
Die Liste der positiven Beispiele könnte noch lange weitergehen. Denn: Es gibt viele gute Synchronsprecher in Deutschland, die es schaffen, fiktiven Charakteren passende Stimmen zu verleihen. Das ist gut, denn die Art des Redens ist ein wichtiger Teil der Figurenzeichnung - und in Deutschland guckt die Mehrheit nun mal eben synchronisierte Serien und Filme. Ob ich zu der Mehrheit gehöre, fragen Sie? Nein, tue ich nicht. Nur in seltenen Fällen schaue ich englischsprachige Werke synchronisiert. Und zwar dann, wenn die Serien für mich nicht oberste Priorität haben, sondern ich sie mal eben bei deutschen Sendern "mitnehmen" kann. Derzeit sind es "Supergirl", "New Girl" und auch "Lethal Weapon", die die T-Entertain-Box für uns aufnimmt, damit wir sie gucken können, wann wir wollen - oft einfach auch nur nebenbei.
Und zum Schluss noch zwei Gucktipps:
Anwalt gone bad: Die dritte Staffel von "Better Call Saul" ist ab 11. April wöchentlich auf Netflix zu sehen. Der "Breaking Bad"-Ableger ist eines der wenigen Spin-offs, die ich guten Gewissens empfehlen kann.
Das englische Königshaus liefert einfach gute Geschichten: Die achtteilige Serie "Victoria" wird bei Sky 1 wiederholt - und zwar alle Folgen von Karfreitag bis Ostermontag. Es geht um die ersten Herrschaftsjahre der sehr jungen Queen Victoria, die 1837 den Thron bestieg. Opulent und spannend.
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