Mittendrin war ich kurz davor, auszuschalten. Ehrlich. Aber ich hatte ja auch Vorurteile, was das "Sherlock"-Special angeht. Ein Auszug aus meinen Vorurteilen gefällig? Bittesehr: Was für eine bescheuerte Idee ist das denn, eine Figur aus dem späten 19. Jahrhundert, die man für die Gegenwart adaptiert hat, wieder in die Ursprungszeit zurückzuschicken?! Das nimmt der veränderten Figur das Besondere! Einen viktorianischen Sherlock Holmes habe ich schon tausendmal gesehen, mindestens!

Ein klein bisschen waren die Vorurteile allerdings abgemildert worden durch Trailer, die düsterer waren, als ich es zu hoffen gewagt hatte. Und durch Aussagen von Benedict Cumberbatch: Der hat im November nämlich zugegeben, dass er die Idee, das Special 1895 spielen zu lassen, anfangs nicht gut fand. Das Ergebnis habe ihn aber überzeugt, dass es doch eine gute Idee war. Klar, dass er das sagt. Ich habe mich trotzdem ein wenig davon besänftigen lassen.

Aber: Nichtgucken ist für mich keine Option. Und nach dem Motto "Bringe ich es schnell hinter mich" habe ich "The Abominable Bride" in dieser Woche geschaut. Es ist schwierig, hier darüber zu schreiben, ohne zu spoilern. Das Spoiler-Problem ist nicht der Fall an sich, der ist - verglichen mit anderen "Sherlock"-Geschichten - eher konventionell: Eine Frau bringt erst sich um, dann ihren frisch Angetrauten, und später erscheint sie noch mehr Männern, um diese zu töten. Ja, Sie haben richtig gelesen: Es geht um eine Tote, die Leute umbringt. Aber für "Sherlock" jetzt nicht soooo spektakulär.

Und mittendrin dachte ich wirklich: Nee, das kann doch jetzt nicht deren Ernst sein! Wie öde! Wie altbacken! Ich will das nicht mehr! Aus! Mach den Fernseher aus! Aber da mein Mann neben mir saß, der nicht so entsetzt war wie ich, und ich außerdem aus TV-Kritiker-Gründen durchhalten musste, habe ich weitergeguckt. Und wurde versöhnt. Mein Urteil: Ja, die Folge lohnt sich tatsächlich! Aus Gründen, die ich jetzt auf keinen Fall verraten kann. Nur soviel: Das Geld, das iTunes und Amazon Video dafür verlangen (nämlich 8,99 Euro), ist gut investiert. (Außerdem ist spannendes Zusatzmaterial inklusive.) Mein Fan-Herz ist jetzt trotzdem ein bisschen sauer. Weil es noch so verdammt lange dauert, bis es weitergeht. Sherlock, wie soll ich das aushalten?!

Kommen wir zu einer weiteren Sache, die in unserem Haushalt für Diskussion sorgt: die frisch gestartete Fantasy-Serie "The Shannara Chronicles". Auch dazu muss ich wieder eine kleine Vorgeschichte erzählen, die zurückreicht in die 80er- und 90er-Jahre. Denn diese Serie basiert auf einem Epos in Buchform von Terry Brooks, das mein Mann vor Jahrzehnten verschlungen hat und deren neue Folgen er immer noch verschlingt. 25 Bände und noch einiges drumherum gibt es mittlerweile. In unserem Regal stapelt sich ein buntes Durcheinander von deutschen und englischen Shannara-Büchern.

Die Shannara-Bücher im Regal© Ulrike Klode

Wir haben die "Shannara"-Bücher im Regal gestapelt, neben- und hintereinander. Das spart Regalplatz.

So. Und dieses Werk wurde nun zu einer Serie. Im Auftrag von MTV. Ja, Sie haben richtig gelesen: MTV, der Sender, den viele von uns noch als "Musikfernsehen" kennen. In Deutschland übrigens wöchentlich bei Amazon Video zu sehen. Erstmal zehn Folgen sind produziert, aber der Stoff ist fast unendlich, eine Serie könnte uns also die nächsten Jahrzehnte begleiten. Ich mag Fantasy - wenn sie gut gemacht ist. Gut gemacht, das bedeutet für mich: Eine ausreichend komplexe Welt, in der mir eine gut verwobene Geschichte rund um interessante und tiefgründige Charaktere - einige davon idealerweise Fantasiewesen - erzählt wird. Achja, und die Landschaft, die Welt, die Wesen, all das muss überzeugend authentisch aussehen. Nicht mehr und nicht weniger.


Die Landschaft ist schön, die Figuren sind es auch: "Shannara" wurde in Neuseeland gedreht. "Herr der Ringe" lässt grüßen.

Nach den drei Folgen, die ich als Kritikerin vorab sehen konnte, kann ich noch nicht sicher sagen, ob "Shannara" all das erfüllt. Es reizt mich, in diese postapokalyptische Welt einzutauchen, in der ein Elfenvolk das Sagen hat, das Magie und die Bedrohung, die von Dämonen ausgeht, für Märchen hält. Ihre heile Welt wird von einer Düsternis bedroht, die sich nur die Ältesten unter ihnen ausmalen können. Doch so nach und nach wird das Böse wach und hinterlässt blutige Spuren. Das ist wirklich vielversprechend und meistens ganz gut gemacht. 

Was ich schwierig finde: einige der Charaktere und manche ihrer Dialoge. In manchen Fällen bekommt man den Eindruck, beim Casting ging das Aussehen vor, die Schauspielkunst war Nebensache. Fast ausnahmslos junge, sehr attraktive Menschen, die sich manchmal so unterhalten, wie man es aus Teenie-Highschool-Filmen kennt. Aber, klar, es ist nun mal eine MTV-Serie, gemacht für eine junge Zielgruppe. Eine weitere Sache, die mich stört: Phasenweise sieht das Setting zu sauber, zu clean, zu unnatürlich aus - besonders im Inneren des Elfenreichs. Doch die Aussichten sind vielversprechend trübe. Und es muss ja nicht immer alles so dreckig sein wie bei "Game Of Thrones"

In andere Welten wagt sich Bastian Pastewka in "Morgen hör ich auf" nicht vor - dafür aber in die deutsche Provinz. Und genau diesen Aspekt finde ich so erfrischend an dieser ZDF-Serie. Und auch hierzu muss ich eine ganz kleine Vorgeschichte erzählen: 2014 wurde ZDF-Programmchef Norbert Himmler gefragt, was das ZDF denn angesichts der neuen Qualität von Serien, die aus den USA zu uns schwappen, plane. Und er antwortete: Man plane ein deutsches "Breaking Bad" mit Bastian Pastewka. Ich muss gestehen: Als ich das damals las, musste ich in mich hineinlachen. Gemein von mir, ich weiß. Wie wir vor ein paar Wochen erfahren haben, hat Bastian Pastewka mit einer ganz anderen Emotion darauf reagiert: Im "Spiegel"-Interview (hinter dem Link verbirgt sich ein Bezahlangebot) sagt er, dass er sich darüber geärgert und seine Besetzung in Frage gestellt habe. (Mehr zur Serie und den Umständen gibt's auch im DWDL.de-Interview mit Autor/Regisseur Martin Eigner und Pastewka.) Ich mag Pastewkas Arbeit und habe großen Respekt davor, dass er das Projekt weiter durchgezogen hat. Und ich mag die Serie. Natürlich ist sie kein "Breaking Bad". Aber es gibt selbst in den USA nur ganz ganz wenige Serien, die an das Niveau heranreichen. 

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Und ja, die Geschichte wirkt, als sei sie ein klein bisschen von Walter Whites dramatischem Leben inspiriert: Der Druckereibesitzer Jochen Lehmann rutscht immer tiefer in die Schulden, weiß keinen Ausweg, um seine Familie zu retten und fängt schließlich an, Falschgeld zu drucken. Doch sich von einem großartigen Werk inspirieren zu lassen, finde ich nicht verwerflich. Die tragische und manchmal komische Geschichte der Familie Lehmann spielt in Bad Nauheim und ist wirklich sehenswert. Können wir bitte mehr gut erzählte Geschichten aus der deutschen Provinz im TV haben? Da gibt es enorme Schätze an Besonderheiten, interessanten Figuren und überraschenden Ereignissen, die nur noch gehoben - und mit viel Liebe und Engagement umgesetzt werden müssen.

Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das gucken, über das ich schreibe?

"Sherlock - The Abominable Bride": Gibt's bei iTunes und bei Amazon Video (ein Leser war so nett, mich darauf hinzuweisen, dass es die Folge auch bei Amazon gibt). Wann das Special in der ARD gezeigt wird, ist noch nicht bekannt.  

"The Shannara Chronicles": Bei Amazon Video (Prime) wird wöchentlich mittwochs eine neue Folge veröffentlicht.

"Game of Thrones": RTLII zeigt in einer Mammut-Programmierung ab 31. Januar alle Folgen der ersten bis vierten Staffel und ab 12. Februar auch die aktuelle fünfte Staffel. Folgende Streaminganbieter haben alle Staffeln: Amazon Video, iTunes, Maxdome, Wuaki.

"Morgen hör ich auf": Läuft bis 30. Januar samstags um 21.45 Uhr im ZDF. Gibt's auch in der ZDF-Mediathek.

"Breaking Bad": Alle Staffeln gibt's zum Beispiel bei den Streamingdiensten Amazon Video, iTunes, Maxdome, Netflix, Sony, Videoload, Wuaki, Xbox Video.

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