Fachkräftemangel, New Work, Diversity, Ausbildung oder auch die Kommunikation während Corona. In den zurückliegenden Wochen hat sich DWDL.de im Rahmen des Karrierespecials "Vitamin D" mit einigen Aspekten beschäftigt, die die Branche derzeit bewegen. Darüber hinaus haben wir uns auch bei Personalerinnen und Personalern sowie Menschen, die Unternehmen leiten und so ebenfalls Personalverantwortung tragen, umgehört. Wir wollten wissen, was ihnen aktuell bei Bewerberinnen und Bewerbern sauer aufstößt. Was nervt sie, was können sie nicht nachvollziehen und was geben sie den Personen, die sich bei ihnen bewerben, mit auf den Weg?
Im Folgenden dokumentieren wir die anonymisierten Antworten im Wortlaut:
"Was mich stutzig macht ist, wenn sich Bewerbende auf mehrere Stellen in unterschiedlichen Bereichen mit ein und derselben Bewerbung bewerben. Ich kann nicht nachvollziehen, wenn mir Fehler in der Bewerbung auffallen, die mangelnde Sorgfalt vermuten lassen. Die Kandidat:innen sollten auf grundlegende Dinge wie korrekte Form/Rechtschreibung sowie einen Bezug zum Unternehmen und die Stelle auf die sich beworben wird besser achten."
"Es kommt immer wieder vor, dass sich Personen bewerben, die ihre persönliche Eignung für die Stelle trotz offensichtlicher Kriterien im Vorfeld nicht genug hinterfragen. Es ist unangenehm, wenn dem Arbeitgeber die Aufgabe zufällt, den Kandidaten darauf hinzuweisen, dass er ein Leistungsprofil in keinem Punkt erfüllt."
"Teilweise steht sehr stark die Frage im Vordergrund: Was kann das Unternehmen für mich tun? Stattdessen gerne wieder etwas mehr Leistungsbereitschaft und Wille durch Erfolg zu überzeugen und zu glänzen: Was kann ich für das Unternehmen tun?"
"Unverbindlichkeit bei Kandidaten: Es ist immer schwerer einschätzbar, ob jemand wirklich bei uns starten möchte oder wir nur eine Bewerbung von vielen sind. Teilweise erleben wir eine sehr mangelnde Gesprächsvorbereitung durch Kandidat:innen wo z.B bekannte Digital-Produkte der Konkurrenz selbstbewusst unserem Unternehmen zugeschrieben werden."
"Mich nervt am meisten eine unvollständige und ohne Engagement/Leidenschaft erstellte Bewerbung, die zudem keine Rückschlüsse auf die Motivation des Kandidaten gibt. Ich kann zudem nicht nachvollziehen, weshalb sich Bewerber*innen oft unter Wert verkaufen – egal ob in der Bewerbung oder in den persönlichen/virtuellen Vorstellungsgesprächen. Mein Leitsatz und Empfehlung lautet daher: Sei wie Du bist und verstelle Dich nicht."
"Wir freuen uns über jede Bewerbung, denn das zeigt uns, dass unsere Kultur, unser Unternehmen und unser Produkt interessant für Arbeitnehmer*innen ist. Im folgenden Bewerbungsprozess muss dann natürlich geschaut werden, ob der/die Bewerber*in den Anforderungen entspricht - aber auch ob wir für die Kandidat*innen der passende Arbeitgeber sind. Dabei würden wir gerne allen Bewerber*innen mit auf den Weg geben bei uns einfach Sie selbst zu sein und sich mit ihren Ecken und Kanten bei uns zu präsentieren. Durch Authentizität und Ehrlichkeit findet man am schnellsten heraus, ob Bewerber*innen und Unternehmen zueinander passen."
"Die Annahme, eine Absage würde an ihrer Person und nicht an der fehlenden Qualifikation liegen."
"Mich nervt nichts an den Bewerber:innen, aber ich gebe ihnen immer wieder vor allem eines mit auf den Weg: Die Arbeitszeit beim Film ist nicht mit der Arbeitszeit in anderen Branchen vergleichbar. Die Arbeitstage sind einfach lang, daran wird sich auch in Zukunft nicht so schnell etwas ändern. Das müssen die Menschen wissen, wenn sie bei uns Fuß fassen wollen. Film hat was mit Leidenschaft zu tun!"
"In allen Unternehmen gilt: Vor einem Bewerbungsgespräch sollte man sich ausführlich über das Unternehmen informieren. Wir erleben in wenigen Bewerbungsgesprächen, dass Bewerber:innen schlecht auf das Unternehmen vorbereitet sind. Sie können in wenigen Ausnahmefällen die Programmangebote nicht korrekt zuordnen. Im Übrigen nehmen wir aufgrund der Auswahl im Vorfeld die Bewerber:innen in aller Regel als offene, interessante und interessierte Persönlichkeiten wahr."
"Selbstüberschätzung hinsichtlich Karrierelevel, Titel & Gehalt – vermehrt bei Young Professionals."
"Blindbewerbung: Häufig keine Kenntnis über Unternehmen, Strategie, Aufstellung etc."
"Bei Führungskräften hören wir oft als Antwort auf die Frage, wie Kandidaten Diversity fördern 'Der beste Kandidat muss gewinnen'– das suggeriert von vorneherein, dass das Einstellen von beispielsweise einer Frau, ein Kompromiss sei."
"Gerade bei Berufseinsteiger:innen ist es manchmal auffällig, dass sie sich weder mit dem Berufsbild, auf welches sie sich beworben haben noch mit dem Unternehmen oder der Branche auseinander gesetzt haben. Dem oder der Recruiter:in kommt dann eher eine Rolle als Berufsberater:in zu. Im Gespräch wird sehr viel Zeit in den oder die Bewerber:in investiert. Am Ende gewinnt man leider keine:n neuen Mitarbeiter:in, weil der Bewerbende merkt, dass der Job nicht das Richtige für ihn oder sie ist. Wir als Unternehmen versuchen uns möglichst ausführlich auf unserer Website vorzustellen und unsere Stellenanzeigen sehr informativ zu gestalten. Auch Fragen beantworten wir gerne. Trotzdem ist eine eigenständige Internetrecherche unumgänglich, wenn es vorher wenig Berührungspunkte mit dem Beruf oder der Branche gab."
"Wir brauchen grundsätzlich mehr Diversität im Tech-Bereich, nicht nur im Geschlechterverhältnis, sondern auch in Sachen Herkunft, Hintergrund, Erfahrungen."
"Mein Appell an alle Bewerberinnen und Bewerber: Ich könnt den Job nicht wegen des Geldes machen. Ihr müsst für das Medium brennen, dann wird es euch Spaß machen. Hört auf, Gehaltsforderungen in eure Bewerbung zu schreiben, weil ihr denkt, es würde viel Geld verdient werden. Es wird in der Branche viel Geld umgesetzt, aber am Ende muss man für den Job brennen. Denn wenn man die Stundenzahl hochrechnet, die ihr am Ende arbeiten werdet, geht das nur, wenn ihr das liebt, was ihr macht."
"Von Bewerber zu Bewerber unterschiedlich, von unbegründet hohen Gehaltsvorstellungen bis hin zu zunehmender Unzuverlässigkeit. Bspw. sagen Bewerber Termine und Vorstellungsgespräche nicht ab, wenn sie bereits einer anderen Stelle zugesagt haben."
"Es ist eher umgekehrt. Ich bin öfter beeindruckt, was junge Hochschulabsolventen bereits alles drauf haben und bereits an Erfahrungen haben. Überrascht bin ich manchmal über Bewerbungen, die komplett an den Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil vorbeigehen. Aber ich bin weit entfernt davon, davon genervt zu sein."
"Unsere Bewerberinnen und Bewerber sind selbstbewusst und informiert. Viele interessieren sich für Karrierewege sowie für konkrete Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen für sich selbst. Wir freuen uns über jede Bewerbung. Uns kommt es darauf an, dass die Bewerberinnen und Bewerber ihre Motivation verdeutlichen, warum sie gerade bei uns arbeiten möchten. In einigen Fällen wird leider weder aus der Bewerbung selbst noch aus dem Gespräch mit der Kandidatin oder dem Kandidaten deutlich, warum sich die Person bei uns beworben hat. Zuweilen vermissen wir gesellschaftliches, kulturelles oder politisches Interesse. Wir suchen Bewerber, die das, was sie bei uns tun werden, in größere Zusammenhänge einordnen können und für die Begriffe wie journalistische Ethik und Verantwortung nicht nur leere Worte, sondern Werte sind, für die sie eintreten möchten."
"Tatsächlich finde ich es schade, dass es wenige weibliche Bewerber:innen auf Stellen im Tech-Bereich gibt. Bei der Qualifikation stelle ich außerdem immer wieder fest, dass die Fähigkeiten, auch Hardware-nah zu entwickeln, meist nicht so stark ausgeprägt sind. Vor allem Entwickler:innen im Bereich der Infrastruktur sind schwer zu finden. Es findet ein starker Fokus auf Frontend-Entwicklung und Applikationen statt."