Als sich die Corona-Situation Mitte März 2020 auch in Europa und Deutschland zusehends verschlechterte, kamen die Einschläge schnell näher. Home Office hier, Kurzarbeit da. Und bald standen vor allem freie Journalistinnen und Journalisten und Kreative vor einem großen Fragezeichen, weil ihnen große Teile ihrer Aufträge weggebrochen waren. Es war die Zeit, in denen Produktionsfirmen Dreharbeiten verschieben oder gar unterbrechen mussten und einige Sender auch Ausstrahlungen von Serien aussetzten, weil nicht klar war, wie lange man überhaupt frische Ware haben würde. 

Betroffen waren vor allem auch Journalisten-Kollegen aus der Kultur und Fotografinnen und Fotografen, wie zuletzt der DJV noch einmal unterstrich, als man Zugang zu den Shows von ARD und ZDF forderte (DWDL.de berichtete). Auch die Warm-Upper waren betroffen, weil es plötzlich in den Studios keine Menschen mehr gab, die es anzuheizen galt. Für diese doch eher spezielle Berufsgruppe hat man hier und da unkomplizierte Lösung gefunden, so wurden die Warm-Upper kurzerhand in anderen Bereichen eingesetzt (DWDL.de berichtete). Heute gibt es immer mehr Produktionen, die das Publikum zurückholen. Und auch sonst hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt spürbar entspannt - zumindest wenn man es mit der Situation aus dem März 2020 vergleicht. 

Sarah Fischer © Leonine Studios Sarah Fischer
"Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich definitiv erholt und ist wieder auf dem Niveau angekommen, das wir vor der Corona-Pandemie hatten", sagt etwa Sarah Fischer, Head of HR bei Leonine Studios, im Gespräch mit DWDL.de. Auf das eigene Unternehmen habe Corona keinen personellen Impact gehabt, so Fischer. "Wir mussten uns aufgrund der Pandemie von keinem einzigen Mitarbeiter und keiner Mitarbeiterin trennen." Ähnlich ist auch die Situation bei Endemol Shine Germany, wie Katharina Weber, Head of Recruiting & HR Development, bestätigt. Auch hier gab es keine corona-bedingten Kündigungen. Gelungen ist das unter anderem auch deshalb, weil man die Produktion von bestehenden Formaten angepasst habe. Weber spricht von einer "kurzen Phase der Neuorientierung".

Wieder deutlich weniger Bewerbungen als 2020

Und dennoch: Der Impact von Corona auf dem Arbeitsmarkt war spürbar. "Wir haben einen deutlich höheren Bewerbereingang von Initiativbewerbungen in dieser Zeit festgestellt", sagt Katharina Weber. Viele Menschen in der Branche waren auf der Suche nach einem Job, weil sie ihren verloren hatten - oder eben ihre bisherigen Aufträge, wenn sie freiberuflich unterwegs waren. Heute sei die Situation anders. "In den letzten Monaten haben wir festgestellt, dass sich der Arbeitsmarkt in unserer Branche gut erholt hat. Bei Endemol Shine haben wir eine sehr gute Auslastung, wir suchen wieder vermehrt Personal für neue Produktionen, stellen dabei jedoch auch fest, dass der Bewerbereingang heute deutlich niedriger ist als noch vor einem Jahr."

Katharina Weber © Endemol Shine Germany Katharina Weber
Die niedrigeren Bewerberzahlen haben einen Grund. Denn während der Corona-Schock längst vorüber ist, ist die Situation am Arbeitsmarkt noch immer sehr angespannt - jetzt nur eben ganz anders als im März 2020. Denn wie schon während der Zeit vor Corona gibt es nach wie vor einen massiven Fachkräftemangel. "Bewerberinnen und Bewerber können sich heute nahezu aussuchen welches Projekt sie annehmen und wir kämpfen mit unseren Mitbewerberinnen und Mitbewerbern um die besten Fach- und Führungskräfte", sagt Endemol Shines HR-Chefin. Mehr zum Fachkräftemangel aber zu einem späteren Zeitpunkt bei DWDL.de. 

Neuorientierung in der Pandemie

Oliver Fuchs © Fabiola Oliver Fuchs
Fabiola-Geschäftsführer Oliver Fuchs sagt, die Situation im März 2020 sei geprägt gewesen durch "eine große Unsicherheit". Corona habe die "gesamte Branche auf den Kopf gestellt". Fuchs: "Insgesamt hat die Branche jedoch sehr schnell, kreativ und flexibel reagiert." Frischer Content sei gefragter denn je gewesen. Und tatsächlich beschäftigten sich damals alle damit, wie Dreharbeiten aufrechterhalten werden können und wie man überhaupt neue Projekte umsetzen kann. "Im Vergleich zu anderen Branchen, die stärker von Materiallieferungen und globalen Entstehungsprozessen abhängig sind, hatten wir vergleichsweise geringe Auswirkungen auf die eigentlichen Produktionen." Er habe den Eindruck, sagt Fuchs, dass viele Kundinnen und Kunden die Zeit der Pandemie für eine Neuorientierung genutzt hätten - "insbesondere was die Bedeutung der Mediatheken angeht". Schon vorher seien Budgets neu verteilt worden, das habe sich durch die Pandemie beschleunigt. Insofern sei die Nachfrage nach Content ungebrochen hoch - und daher habe sich auch der Arbeitsmarkt mehr als erholt, so der Fabiola-Chef.

Letztlich sind die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt vorhanden, aber längst nicht so einschneidend und gravierend gewesen wie in anderen Branchen. Dazu beigetragen hat sicherlich auch die Politik, die mit dem Ausfallfonds I und dem Ausfallfonds II eine wichtige Forderung vor allem der Produzentinnen und Produzenten umgesetzt hat. Dadurch konnte mit einer Art Sicherheitsnetz weitergedreht werden, ohne massive finanzielle Verluste fürchten zu müssen. Andere Probleme dagegen konnte die Politik nicht lösen. Leonine etwa wurde von der Pandemie getroffen, als man gerade dabei war, den Konzern aufzubauen und die verschiedenen Unternehmensteile zusammenzuführen. Man wolle nun die kulturelle Integration der verschiedenen Unternehmensteile in die Gruppe vorantreiben, sagt Sarah Fischer, Head of HR bei Leonine Studios. "Da wären wir ohne die Pandemie schon ein Stück weiter."