Angesprochen auf die Konsolidierung des Produzentenmarktes, äußerte sich Guillaume de Posch, CEO der RTL Group, vor wenigen Tagen im Gespräch mit DWDL.de skeptisch. "Vor zwei bis drei Jahren sprach jeder von Mega-Mergers, von Endemol Shine oder von All3Media", erinnerte er sich und fügte kritisch hinzu: "Keiner dieser Mega-Mergers hat sich doch wirklich ausgezahlt, jedenfalls ist bislang kein neues Mega-Format dabei herausgekommen." Doch es müssen ja gar nicht immer die großen Namen sein, die für Aufsehen sorgen. Outside the Club ist in diesem Zusammenhang ein gutes Beispiel. Hinter dem Namen verbirgt sich eine kleine Produktionsfirma, deren Macher jüngst den Förderpreis des Deutschen Fernsehpreises erhielten und in der kommenden Woche auch noch in Marl den Grimme-Preis entgegennehmen dürfen.

Verdient haben sie sich die Lorbeeren für eine Webserie namens "Wishlist", die in Auftrag von Radio Bremen für das öffentlich-rechtliche Jugendangebot funk entstanden ist. Doch was macht es für die junge Truppe eigentlich so attraktiv, selbst etwas aufzubauen und eben nicht in einem etablierten Unternehmen der Fernsehbranche anzufangen? "Als Filmemacher liegt es in unserer Natur, etwas Kreatives zu schaffen und aufzubauen", antworten die Produzenten Marc Schießer, Marcel Becker-Neu und Tobias Lohf und sagen über sich: "Wir sind engagierte und ehrgeizige Querdenker mit Mut zu neuen Ideen." Bisher konnten sie all das über Filmprojekte ausleben, "aber diese Eigenschaften, die wir mitbringen, übertragen wir nun auch auf unsere Unternehmensgründung".

Mit Outside the Club will sich das Trio jetzt also den Traum einer eigenen Filmproduktion erfüllen. Eine "großartige Chance, spannende Projekte zu realisieren", sehen sie. "Und das nicht als kleines Zahnrad im Getriebe, sondern als Macher mit vielseitigen Gestaltungsmöglichkeiten. Wir möchten das Filmemachen neu denken, setzen enorm großen Wert auf das richtige Teamgefühl und werden ein Unternehmen aufbauen, das unsere Werte in allen Ebenen verkörpert." Das klingt erst mal vollmundig. Der wohl größte Vorteil: "Wir müssen uns nicht kampfeslos allen Konventionen beugen." Ganz ähnlich sieht das auch Christian Tipke, der zusammen mit Dennis Leiffels das journalistische Format "Y-Kollektiv" für funk produziert. "Für unsere innovativen Formate brauchen wir Freiräume im Denken und Handeln", betont er gegenüber DWDL.de.

"Große, etablierte Strukturen bieten natürlich erst mal Sicherheit und die Möglichkeit, solides Handwerk zu erlernen. Dennis und ich haben in solchen Institutionen aber schnell gemerkt, dass die kreativen Spielräume entweder gar nicht oder nur sehr eingeschränkt vorhanden sind", erzählt Tipke, für den die Vorteile seiner kleinen Firma namens Sendefähig auf der Hand liegen. "Durch unsere flachen Hierarchien entsteht deutlich weniger Reibungswärme in den Prozessen, wir arbeiten viel effizienter an der Sache und müssen uns nicht an eingefahrenen Machtstrukturen abarbeiten. Wir leben von guten Ideen." Angst vor Konkurrenz haben sie dabei nicht, stellt der Produzent selbstbewusst klar. Ganz ähnlich äußert sich sein Kollege Dennis Leiffels. "Vor allem stecken wir Geld in Content statt in aufgeblasene Strukturen", sagt er und will auch deshalb autark sein, "um als Überzeugungstäter unsere Ideen umzusetzen, von denen uns andere häufig abraten würden".

Das Konzept ihres Formats "Y-Kollektiv" sieht vor, dass mehrere Journalistinnen und Journalisten einmal wöchentlich in Web-Dokus und Reportagen auf Facebook und YouTube ihren ganz eigenen Blick auf die Welt werfen, und zwar abseits des Mainstreams. "Journalismus für Digital Natives" nennen die Macher ihr Projekt, das auf einer Plattform stattfindet, auf der keiner auf sie gewartet habe, wie sie zugeben. Klar, dass dadurch betriebswirtschaftliche Risiken auf die jungen Produzenten warten, schließlich kommt es vor, dass "wir immer mal wieder für die Tonne recherchieren, Protagonisten absagen oder wir schlicht an der Realität scheitern", wie Dennis Leiffels freimütig einräumt. "Das kann man nur schlecht im Vorfeld kalkulieren oder planen."


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Einfach ist der Weg zur eigenen und noch dazu erfolgreichen Produktionsfirma also nicht. Das wissen auch die "Wishlist"-Macher. "Auf einmal wird man mit Themen konfrontiert wie Unternehmensgründung, Steuern, Arbeitsrecht, Vertragsrecht oder GmbH-Recht", sagt Marc Schießer. "Man muss ein Team zusammenstellen, das über einen langen und intensiven Drehzeitraum funktionieren muss, man muss eine Infrastruktur aufbauen, sein Netzwerk erweitern, sich das fehlende Know-How holen und am Ende den Überblick behalten und alles miteinander koordinieren." Von alleine geht das nicht. "Man muss wirklich anpacken. Aber es ist unwahrscheinlich vielseitig und macht verdammt Spaß!" Sein Tipp an junge Filmemacher: "Es ist wichtig, einfach anzufangen." Viel gehe über das Probieren. "Und dabei merkt man dann von ganz alleine, was einem liegt und man wird automatisch besser. Mit jedem Projekt, immer und immer wieder. Und das bleibt auch nicht unbemerkt."

Ein Musikvideo für Kumpels, ein Kurzfilm, ein Eventvideo – die Möglichkeiten, sich auszuprobieren, sind vielseitig. "Eigene Methoden, Arbeitsweisen, Handschriften kristallisieren sich mehr und mehr heraus. Und so lernt man, wie man mit Menschen zusammenarbeitet und baut sich ein kleines Netzwerk auf." Danach werde es jedoch zunehmend wichtig, sich zu fokussieren, raten Schießer und seine Kollegen von Outside the Club. "Um nach außen hin wahrgenommen und verstanden werden zu können, ist es wichtig, sein Profil zu schärfen." Dieser Prozess könne schon während des Studiums beginnen. Auch Christian Tipke sieht einen fließenden Übergang von Studium und Ausbildung hin zu ersten eigenen Projekten. "Glücklicherweise ist die technische Schwelle, Filme zu machen, niedrig wie noch nie. Jeder hat ein Smartphone in der Hosentasche, mit dem er drehen und schneiden kann." 

Das macht die Konkurrenz zwar nicht gerade kleiner. Doch gerade deshalb ist Kreativität gefragt. "Die Medienlandschaft wird gerade auf den Kopf gestellt und es fallen die auf, die für ihre guten Ideen kämpfen, diejenigen, die die Initiative ergreifen und einfach mal machen, statt nur abzuwägen oder lange große Reden zu schwingen." Mögliche Förderhilfen nehmen die Macher von "Y-Kollektiv" indes nicht in Anspruch. "Die Fördermodelle, die wir kennen, sind uns zu kompliziert", erzählt Dennis Leiffels und kritisiert, dass es viel zu lange dauere, bis man unterstützt wird. "Bis dahin haben wir unsere Idee schon eigenständig umgesetzt." Einen Nachteil sieht er darin nicht – im Gegenteil: "Herrlich unbefriedigend" wäre es, Angebote zu formulieren zu müssen, damit sie in eine gewisse Förderung passen. "Unser Job ist es, Inhalte zu erschaffen und keine Formulare auszufüllen."

Wishlist-Macher© Outside the Club

Die Macher der funk-Serie "Wishlist"

Bei den Jungs von Outside the Club verhält es sich dagegen anders. Sie erhalten aktuell Stipendiaten des Mediengründerzentrums NRW, das sie als "wirklich sinnvolle Starthilfe" erachten, schließlich gibt's auf diese Weise Wissen über Marketing, Finanzierungsmöglichkeiten, Steuern oder Medienrecht. Hinzu kommen Fördergelder etwa für die Büroausstattung, aber auch Freistunden bei Medienanwälten – Vorteile, von denen in jedem Jahrgang immerhin zehn Unternehmen profitieren können. Und doch kommt es letztlich vor allem auf das Teamgefühl an. "Die richtige Stimmung während der Arbeit entscheidet ganz klar über die Qualität der Produktion", machen Tobias Lohf und seine Kollegen deutlich. Genau darauf achten sie daher auch bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter. Dabei schauen sie auch ganz bewusst nach Newcomern mit frischen Ideen. Und die sollen sich im Look eher an amerikanischen Produktionen orientieren als am deutschen Fernsehen.

Bei sendefähig sind indes nicht ausschließlich Spezialisten gefragt. "Wir lieben es, mit Allroundern zu arbeiten", betont Christian Tipke. "Der Cutter, der inhaltlich mitdenken kann und für ein Thema brennt, bringt uns tausendmal weiter als jemand, der in Strukturen denkt und devot Knöpfchen drückt." Gleichzeitig sei es wichtig, eigene Eitelkeit hinten anzustellen. Doch wohin soll der Weg der jungen Firma führen? Diskussionen auslösen und regelmäßig Leuten vor den Kopf stoßen – das sind zwei der erklärten Ziele, die man längst nicht ausschließlich online erreichen möchte. "Natürlich reizt es uns, auch längere Geschichten zu produzieren, die nicht originär im Netz, sondern ins gute alte Fernsehen oder an die große Kinoleinwand gehören", sagt Tipke, der Wachstum jedoch nicht als übergeordnetes Ziel ausgibt. "Wir wollen wachsen, wenn es notwenig ist, um weitere Projekte anzuschieben."

Die Truppe von Outside the Club arbeitet nach den jüngsten Erfolgen übrigens bereits an der zweiten Staffel von "Wishlist". Doch dabei wollen sie es keineswegs belassen. "Wir brodeln vor Ideen und warten nur darauf, weitere Projekt endlich angehen zu können", sagen die jungen Filmemacher euphorisch. "Wir möchten Filme produzieren, die wir am liebsten selber sehen würden." Keine schlechte Voraussetzung für Spaß an der Arbeit und Mut zum Risiko.