Schon die Erhöhung des DFFF von 50 auf 75 Millionen Euro ist von der deutschen Produktionslandschaft weitestgehend mit Wohlwollen aufgenommen worden. In der vergangenen Woche hat die Bundesregierung dann sogar eine massive Aufstockung der Filmförderung beschlossen: Ab dem kommenden Jahr stehen dafür 150 Millionen Euro bereit, alleine 125 Millionen durch den DFFF (DWDL.de berichtete). Doch dieses Geld fließt weiterhin nur in Kinofilme und nicht in TV-Projekte.


"Jetzt wird es darauf ankommen, wie die Richtlinien im Hinblick auf Kappungsgrenzen und formale Kriterien ausgestaltet werden", heißt es von der Produzentenallianz daher auch zurückhaltend. Man wünsche sich eine "Erschließung des Milliardenmarktes der High-End-Serien". Und damit ist Produzentenallianz-Chef Alexander Thies nicht allein. Nico Hofmann, Co-CEO der UFA, sagt im Gespräch mit DWDL.de, dass sich die deutsche Politik zu sehr auf den Bereich Kino konzentriere. "Das Denken in Abspielwegen wie Kino, TV und VoD ist bereits jetzt komplett überholt. Darauf haben die internationalen Märkte in den letzten Jahren mit Ausbau und Förderung aller audiovisuellen Industrien reagiert, vor allem im Bereich High-End-TV. Die Bedeutung des TV-Markts wird von der deutschen Politik noch nicht als echter Wirtschaftsfaktor ausreichend anerkannt."

Es gebe für den Bereich des High-End-TV derzeit keine wettbewerbsfähigen Anreiz- und Fördermodelle, so Hofmann weiter, der ein Umdenken fordert. "Es ist nicht mehr zeitgemäß in der bisherigen Weise auf Bundesebene nur Kino zu fördern." Hofmann sieht "gigantische Wachstumschancen" für Deutschland, denn schon heute ist der TV-Markt ein Milliardenbusiness.

Oliver Berben© gettyimages
Oliver Berben, bei Constantin Film verantwortlich für die Bereiche TV, Entertainment und digitale Medien kritisiert die starke Kinoförderung verständlicherweise nicht, verweist aber ebenfalls auf Nachholbedarf im Bereich TV. "Es gibt zu wenig TV-Förderung. Von den Konsumenten und den Journalisten werden wir aufgefordert, weiterhin kreatives und anspruchsvolles TV-Material herzustellen, damit wir auch mit ausländischen Produktionen mithalten können. Das wird nur möglich sein, indem die High-End-TV-Förderung erst einmal richtig ausgebaut wird. Sie existiert in dem großen Rahmen nicht ausreichend", so Berben gegenüber DWDL.de.

Beide Produzenten verweisen darauf, wie wichtig die Film- und Fernsehbranche schon heute für Deutschland sei. Zuletzt ergab eine Studie für das Bundeswirtschaftsministerium, dass die deutsche Filmwirtschaft 13,6 Milliarden Euro zur Leistung der deutschen Wirtschaft beiträgt. "Und die Nachfrage nach Content wird weiter steigen, dadurch entstehen auch mehr Arbeitsplätze. Dass diese Produktionen auch hier hergestellt werden können, ist etwas, was auch durch die Politik unterstützt werden muss", sagt Berben. Hofmann ergänzt: "Es wäre fatal für den Standort, wenn Deutschland es tatsächlich verpasst, endlich geeignete und nachhaltig wirkende Produktionsanreize für den Zukunftsmarkt TV/ High-End-TV einzuführen. Wir blieben dauerhaft Schlusslicht auf internationaler Ebene." Sowohl Hofmann als auch Berben warnen vor einem Abwandern qualifizierter Talente. Von denen gebe es viele in Deutschland - und sie wollen, dass das auch so bleibt. "Es gibt hier viele gute Kreative und es muss uns ein Ziel sein, diese Menschen zu binden und hier zu beschäftigen", so Berben.

Studio Hamburg-Chef Johannes Züll sagt, man solle den Produktionsstandort Deutschland nicht kleinreden. Das kreative Personal und die technischen Voraussetzungen seien ideal, doch auch er sieht Filmfördernachteile. In einigen Bereichen könne man einfach mit anderen europäischen Standorten nicht mithalten. "Wir sind überzeugt, dass die z.B. auf Basis von Steuervergünstigungen basierte Förderung auf der einen Seite den Wirtschaftsstandort Deutschland aufgrund der nachgewiesenen Multiplikationswirkungen von Film- und TV-Produktionen stärken würde und auf der anderen Seite natürlich mehr Arbeit für kreatives Talent in Deutschland schaffen würde", sagt Züll.

Nico Hofmann trommelt schon seit Monaten für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen im Bereich TV. Immer wieder führt er dann "Charité" als Beispiel an. Die Serie, die am Dienstag im Ersten startet, ist mit ihrem Millionen-Budget ausschließlich in Prag gedreht worden. "Ich arbeite sehr gerne mit den Kollegen in Tschechien zusammen, da sie hervorragende Arbeit leisten. Aber das ändert ja nichts daran, dass in Deutschland Arbeitsplätze verloren gehen." Auch andere Standorte wie Polen und Ungarn seien auf einem Stand mit Deutschland.

In Italien sind seit Anfang des Jahres Steuererleichterungen von bis zu 30 Prozent drin. Wohl auch deshalb hat die ndF: neue deutsche Filmgesellschaft dort eine Tochtergesellschaft gegründet (DWDL.de berichtete). Die Bedingungen sind schlichtweg besser als in Deutschland. "Es geht mir nicht um möglichst billiges Produzieren, sondern um die Machbarkeit von Produktionen und Konkurrenzfähigkeit unseres Standortes", sagt Hofmann, der betont, dass die UFA gerne mehr in Deutschland produzieren würde.

Auch Oliver Berben betont, dass es ihm nicht nur um die Höhe der Förderung geht. "Die Voraussetzungen müssen verbessert werden, da geht es auch um Planungssicherheit. Wenn man diese nicht hat, gehen die Produktionen dorthin, wo sie diese vorfinden." Er verweist auf Staaten wie Frankreich, Italien und Großbritannien, die hier schon weiter seien als Deutschland. Die Serie "Shadowhunters" produziere man in Kanada, sagt Berben. "Die Möglichkeiten dort, auch die Kombination der Incentive-Modelle, sind sehr attraktiv und sehr nachhaltig, wenn es um Planungssicherheit geht. Da reden wir über Förderungsquoten von bis zu 40 Prozent. Bei großen Budgets ist das ein irrsinnig großer Betrag."

Doch wie hoch muss eine angemessene Förderung im Bereich High-End-TV ausfallen? Wie viel soll der Staat nach Meinung der Produzenten investieren, damit deutsche Produktionen mit denen aus den USA oder anderen Ländern mithalten können? "Das sind machbare Größenordnungen, zumindest um einen ersten Schritt zu gehen", sagt Hofmann. Man spreche von nicht mehr als 20 Produktionen im Jahr, da gehe es um rund 50 Millionen Euro jährlich.