Dass Sat.1 mit großen Problemen im Vorabend-Programm zu kämpfen hat, ist kein Geheimnis. Vor allem für junge Zuschauer ist die Mischung aus Dokusoaps und Ermittler-Reihen im Laufe der Jahre ganz offenkundig unattraktiv geworden. Einstellige Marktanteile sind inzwischen eher die Regel als die Ausnahme. Große Veränderungen wird es in naher Zukunft nicht geben, weil Sat.1 zunächst die Fußball-Europameisterschaft abwarten möchte. Allzu viel ist dem Sender in den vergangenen Monaten, so scheint es, nicht eingefallen.

Die Kommissare aus "K11" ermitteln noch immer und müssen sich inzwischen regelmäßig dem "Perfekten Dinner" von Vox oder der bei RTL II ausgestrahlten Scripted Reality "Berlin - Tag & Nacht" geschlagen geben. Dass "K11" überhaupt noch im Programm ist, ist wohl nicht zuletzt auf einen Mangel an Alternativen zurückzuführen, denn eigentlich wollte sich Sat.1 schon vor Jahren von dem Format trennen. Inzwischen ist auch Ingo Lenßen wieder im Programm. Ein klarer Quoten-Trend lässt sich nach zwei Wochen allerdings noch nicht feststellen.

Zuschauer-Trend: Lenßen
Lenßen

Mit Marktanteilen um zehn Prozent gestartet, passte sich die Ermittler-Doku an das Programm-Umfeld an und zuletzt durchweg einstellige Marktanteile in der Zielgruppe - bis am Donnerstag etwas überraschend zumindest solide 10,3 Prozent erzielt wurden. Noch zwei Tage zuvor hatte "Lenßen" mit gerade mal noch 6,6 Prozent dagegen einen Tiefpunkt verzeichnet. Mit dem Neustart von "Lenßen" baut Sat.1 ganz klar auf einen möglichst gelungenen Audience Flow - und auf dem Papier sieht das nach einer guten Strategie aus, denn eigentlich passt die Daytime-Mischung aus Gerichtsshows, Ermittlern und Scripted Realitys gut zusammen.

Das Problem: Zwar funktioniert es größtenteils, die Zuschauer von einer zur nächsten Sendung mitzunehmen, doch derzeit fehlt es dem Sat.1-Programm schlicht an Einschaltimpulsen, um auch Zuschauer zu gewinnen, die etwas anderes sehen wollen als Laienschauspieler in fiktiven Gerichtsälen oder Polizeirevieren. Beispielhaft lässt sich das an der Quotenentwicklung vom Donnerstag aufzeigen: Nach dem Ende des Frühstücksfernsehens verzeichnete Sat.1 um 10:30 Uhr mit einer "Lenßen & Partner"-Wiederholung im Schnitt 370.000 Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren. Genauso viele waren auch am Nachmittag noch bei Salesch und Hold dabei.

Selbst um 17:30 Uhr - also ganze sieben Stunden später - kam "Pures Leben" nicht über 430.000 junge Zuschauer hinaus. Innerhalb dieser langen Zeitspanne hat sich die Zielgruppen-Reichweite somit um gerade mal 70.000 Zuschauer erhöht. Zum Vergleich: Bei RTL stieg sie im selben Zeitraum von 290.000 auf zwischenzeitlich mehr als 900.000 an. Mit der "Lenßen"-Neuauflage konnte Sat.1 somit jene Zuschauer glücklich machen, die Sat.1 ohnehin wegen solcher Formate eingeschaltet haben - ohne Frischzellenkur sind signfikant steigende Zuschauerzahlen daher am Sat.1-Vorabend wohl erst mal nicht zu erwarten.

Was steht an?

RTL II versucht in der kommenden Woche mal wieder, einen neuen Show-Abend zu etablieren. Sonntag, Mittwoch und Dienstag hat der Sender bereits ausprobiert - warum nicht also jetzt mal den Montagabend ausprobieren, um die "Test"-Shows mit Sonja Zietlow zu zeigen? Der Sendeplatz um 21:15 Uhr verspricht in jedem Fall viele angespülte Zuschauer, schließlich verzeichneten die im Vorfeld gezeigten "Wollnys" zuletzt sogar Marktanteile von mehr als neun Prozent. "Die Geissens" versprechen ab Ende des Monats sogar einen noch besseren Vorlauf.

Doch nicht nur für RTL II und Sonja Zietlow verspricht der Sonntagabend Spannung: Auch bei ProSieben darf man gespannt sein. Im Anschluss an die in der vergangenen Woche deutlich abgestürzte US-Serie "Terra Nova" läuft nun die dritte Staffel von "Vampire Diaries" an - wirklich erfolgsversprechend ist das jedoch nicht, zumal am Donnerstag bereits rund 600.000 Zuschauer die Erstausstrahlung gesehen hatten, die ProSieben nun fehlen dürften. Als ProSieben die Serie zuletzt im Sommer vergangenen Jahres zeigte, waren übrigens nur noch etwa 1,2 Millionen dabei.

Unterm Strich sollte man bei ProSieben die Messlatte für die Rückkehr der Vampire besser nicht allzu hoch hängen. Gleiches gilt für den Sat.1-Vorabend: Dort ist auf absehbare Zeit kaum zu erwarten, dass die schon bislang nur noch bedingt gefragten Programmfarben eine Steigerung mit sich bringen werden. Zum alleinigen Vorabend-Retter taugt Ingo Lenßen im Jahr 2012 sehr wahrscheinlich nicht mehr.