Gut zwei Monate lang dominierte Christian Wulff die Schlagzeilen - für Günther Jauch erwies sich das als besonderer Glücksfall, sieht man mal von der am Freitag kurzfristig ins Programm genommenen Sondersendung ab, die um 21:00 Uhr mit nur 3,33 Millionen Zuschauern einen Tiefpunkt markierte. In schwierigem Umfeld zwischen längst gestarteten Filmen und Shows, sowie ohne den starken "Tatort" im Vorlauf waren allerdings auch keine Werte zu erwarten, wie sie am späten Sonntagabend für gewöhnlich möglich sind. Sonntags sah es für die Wulff-Sendungen dagegen zuletzt glänzend aus und so manch einer scherzt bereits, dass Jauch seinen Polittalk nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten eigentlich einstellen müsste.
Doch zurück zu den nackten Zahlen: Gleich vier der vergangenen sieben Sonntags-Ausgaben der ARD-Talkshow mit Günther Jauch beschäftigten sich mit dem inzwischen zurückgetretenen Bundespräsidenten. Man mag das langweilig nennen, doch aus Sicht der Quoten hat sich diese Strategie für den neuen Sonntagabend-Talker im Ersten absolut bezahlt gemacht. Die in der vergangenen Woche ausgestrahlte Ausgabe zum Thema "Wulff und die Amigos" erzielte mit 7,9 Prozent gar den besten Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen seit Ende Oktober.
Und auch der Blick auf die Gesamtzuschauerzahlen belegt die richtige Strategie. 4,75 Millionen Zuschauer erreichte "Günther Jauch" seit Beginn der Wulff-Affäre Mitte Dezember im Schnitt. Die drei Ausgaben, in denen es nicht um den Bundespräsidenten ging, verzeichneten dabei lediglich knapp 4,2 Millionen Zuschauer, während die Wulff-Shows von knapp fünf Millionen gesehen wurden. Als Jauch das Thema nach dem Jahreswechsel als erster Talkmaster aufgriff, markierte sein Talk mit 5,81 Millionen Zuschauer sogar einen neuen Bestwert. Ob am Sonntagabend ein weiteres Wulff-Nachspiel bei Jauch stattfinden wird, das mit besseren Quoten als am Freitag belohnt wird, muss sich noch zeigen.
Klar ist dagegen, dass es in Sachen Eurovision Song Contest in jedem Fall ein Nachspiel geben wird: Das Finale von "Unser Star für Baku" erwies sich am Donnerstagabend im Ersten mit 2,19 Millionen Zuschauern als Total-Ausfall. Nie lief ein Grand-Prix-Vorentscheid schlechter als in diesem Jahr, was vor allem deshalb bitter ist, weil die ARD erneut mit ProSieben kooperierte. Dort wird man nun genau überlegen müssen, wie es weitergeht. Zwar kann man sich in der ARD immerhin darüber freuen, einen Teilnehmer für den ESC gefunden zu haben - bei ProSieben steht man jetzt allerdings mit leeren Händen da. Gelohnt hat sich die Zusammenarbeit in diesem Jahr für den Privatsender jedenfalls nicht.
Was steht an?
In Sachen Kabarett und Comedy hat das ZDF in den vergangenen Jahren ziemlich aufgerüstet. Die "heute-show" entwickelte sich zum Aushängeschild, "Neues aus der Anstalt" hat sich fest etabliert - und seit dem vergangenen Jahr gibt es mit "Pelzig hält sich" ein weiteres sehenswertes Format. Am zurückliegenden Dienstag markierte die Ausgabe mit nur 1,05 Millionen Zuschauern und 7,7 Prozent Marktanteil allerdings neue Tiefstwerte. Nun darf man auf dem Lerchenberg erst recht gespannt sein, wie sich Monika Gruber mit ihrer neuen Boulevard-Satire "Leute, Leute!" schlagen wird. Zum Auftakt stehen die Chancen auf Erfolg gut, denn - anders als in Zukunft - geht die Sendung am Dienstag direkt im Anschluss an das "heute-journal" an den Start. Diese Strategie bescherte vor einem Jahr übrigens bereits "Pelzig hält sich" gute Auftakt-Quoten.
Am Donnerstag steht darüber hinaus der Start der nunmehr siebten Staffel von "Germany's next Topmodel" an. Bereits in den vergangenen beiden Jahren hatte die Castingshow mit Heidi Klum unter etwas rückläufigen Quoten zu leiden, war aber freilich nach wie vor ein großer Erfolg für ProSieben. Gespannt sein darf man nun allerdings vor allem deshalb, weil sich zuletzt sämtliche Casting-Formate im deutschen Fernsehen schwerer taten als gewohnt. Hinzu kommt: Mit "Das perfekte Model" gibt es inzwischen auch auf dem Gebiet der Model-Castings Konkurrenz. Einfacher wird es für ProSieben also ganz sicher nicht.
Unterm Strich kann Günther Jauch froh sein, dass Christian Wulff derart hartnäckig im Amt verharrte, auch wenn die Freitags-Ausgabe die Wulff-Euphorie bei Jauch ein wenig gedrückt haben dürfte. Bei ProSieben ist dagegen leichtes Zittern angesagt. Mit einem Total-Ausfall ist im Falle der schönen Topmodels allerdings natürlich nicht zu rechnen.