Union Jack© Ree Saunders/flickr (CC BY-SA 2.0)
Die britische Regierung hat in den vergangenen Tagen wegen der Corona-Krise immer schärfere Maßnahmen ergriffen. Premierminister Boris Johnson wandte sich am Montagabend in einer Ansprache an die Menschen, viele TV-Sender (darunter BBC1, BBC News, ITV, Channel 4, Channel 5 und Sky News) übertrugen das. Insgesamt sahen fast 28 Millionen Menschen zu, das machte die 15-minütige Ansprache zu einem der meistgesehenen Momente aller Zeiten in der britischen TV-Geschichte. Erfolgreicher liefen in den vergangenen Jahrzehnten nur das Fußball-WM-Finale 1966 mit 32,3 Millionen Zuschauern und die Beerdigung von Prinzessin Diana mit rund 31 Millionen Zuschauern. Und eigentlich sahen noch viel mehr Menschen die Johnson-Rede. Nicht mit in den rund 28 Millionen Zuschauern eingerechnet sind solche Personen, die die Ansprache via Livestream sahen, auch die zeitversetzte Nutzung ist noch nicht integriert. Gut möglich also, dass der Allzeit-Rekord in Großbritannien noch fällt. 

ITV ab 2013© ITV
Der Privatsender ITV freut sich in diesen Tagen über steigende Zuschauerzahlen, etwa für "Ant & Dec's Saturday Night Takeaway", das zuletzt auf 9,5 Millionen Zuschauer kam und damit so gut lief wie noch nie. Und auch die Info-Programme in der Daytime laufen so gut wie seit Jahren nicht mehr. Dennoch kommt der Sender wegen der Corona-Krise unter Druck, so ist ITV derzeit mit Werbe-Stornos konfrontiert. Deshalb hat das Unternehmen nun auch seine Jahresprognose für 2020 zurückgezogen. Darüber hinaus hat ITV angekündigt, im laufenden Jahr 100 Millionen Pfund an Programmausgaben sparen zu wollen. Darin eingerechnet sind auch solche Einsparungen, die man aufgrund der Fußball-EM-Verschiebung realisiert sowie solche, die aufgrund der Verschiebung von beauftragten Formaten anfallen. Zudem hat der Sender aber auch grundsätzlich beschlossen, wegen der Krise weniger ins Programm zu investieren. 

ITV – Carolyn McCall© easyJet/ITV
"Wir arbeiten in beispiellosen und unsicheren Zeiten und müssen schwierige Entscheidungen treffen, sorgfältig planen und schnell handeln", sagt Carolyn McCall, ITV-Geschäftsführerin. "Unsere absolute Priorität ist es, unsere Mitarbeiter zu schützen und gleichzeitig sicherzustellen, dass wir die Nachrichten und Programme liefern, die unsere Zuschauer schätzen und gerne sehen, und sie auf dem Laufenden halten. Wir ergreifen aktiv Maßnahmen zur Kostensenkung und zur Steuerung unseres Cashflows, damit wir unsere Strategie, mittelfristig ein digital geführtes Medien- und Unterhaltungsunternehmen zu sein, am besten umsetzen können." Das Coronavirus hat mittlerweile schon große Auswirkungen auf viele ITV-Formate. So ist die Produktion an den täglichen Soaps "Coronation Street" und "Emmerdale" komplett zum Erliegen gekommen, bis zum frühen Sommer kann man den Zuschauern noch neue Folgen zeigen. Das Live-Finale von "Britain’s Got Talent", das eigentlich im Mai stattfinden sollte, hat man ebenfalls verschoben. Und in der Daytime sind "Lorraine" und "Loose Women" mittlerweile nicht mehr auf Sendung. Diese Entscheidung habe man auch getroffen, um "Good Morning Britain" und "This Morning" so lange wie möglich auf Sendung zu halten.

EastEnders© BBC
Und natürlich ist auch die BBC von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen. So hat der Sender angekündigt, dass die Dreharbeiten an allen fortlaufenden Serien bis auf weiteres verschoben werden. Darunter fällt auch die Soap "EastEnders". "Wir werden weiterhin die neuesten Nachrichten und Ratschläge der Weltgesundheitsorganisation und der Organisationen des öffentlichen Gesundheitswesens verfolgen", heißt es in einem Statement des Senders. Im Falle von "EastEnders" hat das Coronavirus aber auch zu einem gigantischen Anstieg der Reichweiten geführt. Die Episode am Montagabend sahen sich durchschnittlich 6,49 Millionen Menschen an, das waren drei Millionen mehr als üblich. Vorerst bleibt die Serie auch weiterhin im Programm. 

BBC© BBC
Und trotz der Krise hat die BBC nun einige neue Formate angekündigt. Wegen der Absage des ESC zeigt man Mitte Mai beispielsweise "Eurovision: Come Together". Darin soll es klassische Eurovision-Performances und Interview zu sehen geben, mit dabei ist auch James Newman, der in diesem Jahr eigentlich für UK in Rotterdam angetreten wäre. Für den Sommer hat mat "Peter Crouch: Save Our Summer" mit Ex-Profifußballer Peter Crouch angekündigt. Zusammen mit Moderator Alex Horne will Crouch den Zuschauern ein bisschen das Gefühl der Sommer-Events vermitteln, die inzwischen abgesagt wurden. "The Mash Report" kehrt zurück, allerdings filmen sich alle Gäste von zu Hause aus. Und Gareth Malone präsentiert "The Choir: Britain In Lockdown". Darin bringt er Musiker zusammen, die wegen der aktuellen Krise zu Hause bleiben müssen. 

BBC Global News© BBC
BBC Global News will Regierungsorganisationen bei der Verbreitung von  Gesundheitsinformationen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus kostenfrei unterstützen. Dazu wird das Unternehmen 20 Prozent seines Werbeinventars diesen Einrichtungen zur Verfügung stellen. Jim Egan, CEO BBC Global News, sagt: "Es ist unsere Aufgabe, über diese aktuelle weltweite Krise zu berichten, in einer Zeit, in der Menschen Nachrichten brauchen, denen sie vertrauen können. Wenn wir öffentliche Gesundheitsorganisationen dabei unterstützen können, ihre Aufgaben in diesen unsicheren Zeiten zu erfüllen, ist es unsere Pflicht, dies zu tun."

Jamie Oliver© RTL Living / FremantleMedia
In Zeiten wie diesen braucht es aber nicht nur News-Sendungen, sondern auch Unterhaltungsformate, um die Zuschauer von der Krise abzulenken. Channel 4 hat nun Jamie Oliver engagiert, der beim Sender seit Anfang der Woche das neue Format "Jamie: Keep Cooking and Carry On" präsentiert. Dabei macht Jamie Oliver das, was er am besten kann: kochen. Es geht um einfache Rezepte, die die Zuschauer ohne große Probleme zu Hause nachmachen können. So wird auch mit Tiefkühlgerichten und anderen Lebensmittel aus dem Vorratsschrank gekocht. 

Channel 4© Channel 4
Darüber hinaus hat Channel 4 jüngst einige andere Programmänderungen angekündigt. So wird der Start der "The Steph Show" mit Steph McGovern vorgezogen wird, die tägliche Liveshow geht bereits ab dem 30. März auf Sendung. McGovern präsentiert die Show vorerst aber von zu Hause aus. In "Wedding in Lockdown" geht es um Hochzeiten, die wegen der Corona-Krise nicht wie geplant stattfinden können. Channel 4 spendiert betroffenen Paaren eine Online-Feier mit Promis. Und am späten Abend meldet sich künftig regelmäßig Grime Gran in "How not to be a dick in a pandemic" zu Wort. Aus ihrer Wohnung in East London gibt sie Tipps, wie man auch in Zeiten wie diesen nicht nur auf sich achtet.