Diese Telegeschichte beginnt am 11. März 2007 auf dem Berliner Messegelände. In Halle 25 steht eine kleine Bühne. Abgesehen von der blauen Auslegeware ist sie ganz in Gelb und Orange getaucht. Auf der Fläche sind einige orange und rote Würfelelemente zu Dekorationszwecken verteilt und aufeinandergestapelt. Darauf stehen ein paar spärliche Kunstpflanzen. Dazu ein Aufsteller und ein durchsichtiger Tisch aus Plexiglas. Wie ein Messestand eben aussieht. Es ist der Auftritt des Ludwigsburger Reiseverkaufskanals sonnenklar.TV, der sich hier auf der Internationalen Tourismusbörse präsentiert. An diesem Sonntag nutzt er die nüchterne Kulisse, um die ersten Preisträger seines neuen Awards zu verkünden. Die "Goldene Sonne".
Künftig will man mit ihr auf der ITB jährlich die beliebtesten Reisen aus dem eigenen Programm küren. Die Wahl der Gewinner treffen hierbei die Zuschauenden, die seit dem 1. März per Telefon oder Internet aus den 20 populärsten Angeboten des Sortiments für ihre Favoriten abstimmen können. „Mit der ‚Goldenen Sonne‘ haben wir eine ehrliche Bewertung ins Leben gerufen und geben unseren Kunden nun jedes Jahr die Möglichkeit, ihre Erfahrungen anderen Reisenden mitzuteilen“, wirbt Andreas Eickelkamp, Geschäftsführer Touristik von sonnenklar.TV, für die neue Aktion.
Für die ersten Auszeichnungen gehen beim Voting insgesamt 4.000 Stimmen ein. An diesem Sonntag um kurz nach 12.30 Uhr ist die Entscheidung gefallen. Auf der Bühne stehen drei Männer, zwei davon im Anzug. Es sind die Vertreter der drei erstplatzierten Angebote. In der Hand halten sie ihre Trophäen, eine schlichte, beschriftete Plexiglasscheibe mit Sockel, auf dem das orange-rote sonnenklar-Logo prangt. Gewonnen haben eine Ferienanlage auf Fuerteventura, ein Hotel in Kalabrien und die Nilkreuzfahrten, die der Sender selbst mitorganisiert. Herzlichen Glückwunsch. Bereits jetzt kündigen die Moderatoren Ulf-Dieter Kunstmann und Kai Pätzmann an, dass der neue Preis im nächsten Jahr wieder im Rahmen der ITB überreicht werden soll. Und so wird es kommen. Von nun an verlässlich jedes Jahr. Die „Goldene Sonne“. Sie ist gekommen, um zu bleiben.
Sonnenaufgang
Zur zehnten Auflage der Preisverleihung hatten sich die Verantwortlichen vorgenommen, ihr einen glamouröseren Rahmen zu geben. Darum richteten sie im bayerischen Bodenmais eine festliche Gala aus. Das Jubiläum fiel mit dem 15. Geburtstag des Senders zusammen, der seit damals seinen Umsatz auf zuletzt 235 Millionen Euro verdoppeln und sich selbst als Marktführer unter den deutschen Reiseshoppingkanälen feiern konnte. Dass dafür ausgerechnet Bodenmais als Austragungsort ausgewählt wurde, war nicht zufällig. Der frischberufene Geschäftsführer von sonnenklar.TV, Andreas Lambeck, war zuvor sechs Jahre lang für das Tourismusmarketing der Gemeinde verantwortlich und pflegte offenbar noch gute Kontakte zu seinem alten Arbeitgeber. Die Vergabe des selbsternannten Tourismus-Oscars passte perfekt in seine frühere Strategie, mit der er durch große Events, teure Luxushotels und einer engen Kooperation mit Reiseveranstaltern die Anzahl der Gäste in der Region deutlich steigern konnte. Ein Handgepäck wäscht das andere… würde man wahrscheinlich in der Reisebranche sagen.
Am 30. April 2016 wurden also die beliebtesten Produkte aus dem eigenen Portfolio abermals prämiert - diesmal jedoch vor rund 300 Gästen im Festsaal der Joska-Erlebniswelt. Die neu gestaltete Trophäe ging in sieben Kategorien an verschiedene Urlaubsziele oder -unternehmen, darunter für die „Beste Hotel-Neueröffnung“, die „Beste Hotelkette“ sowie das „Beste Hotel mit eigener Anreise“, das „Beste Hotel mit Anreise Mittelstrecke“ und das „Beste Hotel Fernreise“. Aufregend. Außerdem wurden die „Kunden des Jahres“ gefeiert. Nämlich Christa und Wolfgang.
Mehr Glamour!
Offenbar brachten weder Christa und Wolfgang noch die Abgesandten der Hotelgesellschaften genügend Glamour in den Bayerischen Wald, um die Show und den Ort überregional sichtbar zu machen. Deshalb entschied man sich, erstmals drei Ehrenpreise an Persönlichkeiten zu vergeben, die keine touristische Destination repräsentierten, sondern in erster Linie prominent waren. Dass sie allenfalls lose mit sonnenklar.TV verbunden waren, störte offenbar nicht.
So nahmen die Schauspielerin Petra Nadolny und der Schauspieler Peter Nottmeier den Preis stellvertretend für das Team der Serie „Switch Reloaded“ entgegen, das für seine gelungenen Parodien auf sonnenklar.TV als „Beste Comedy“ ausgewählt wurde. Eine Würdigung erfuhr ebenfalls Max Schautzer für seine „Verdienste um die Generation Gold“, eine der wichtigsten Zielgruppen des Senders. Schautzer hatte sich nach seinem altersbedingten Rauswurf bei „Immer wieder sonntags“ öffentlich über seine Entlassung aufgeregt und die Gründung eines eigenen Kanals für Best Ager angekündigt. Diese ganze Story dahinter ist irgendwann mal eine eigene Telegeschichte wert.
Höhepunkt des Abends war die Überreichung der „Goldenen Sonne“ an den ehemaligen RTL-Chef Dr. Helmut Thoma für seine „Verdienste um das Privatfernsehen“, denn ohne RTL gäbe es ja auch kein sonnenklar.TV. So oder so ähnlich muss die Logik dahinter gelautet haben. Laudator Harry Wijnvoord kündigte seinen ehemaligen Chef vollmundig mit den Worten an: „Er hat uns auch beigebracht, dass Tutti-Frutti nicht zwangsläufig ein gemischter Obstkorb sein muss.“ Witzig. Unter großem Applaus lieferte Thoma in seiner Dankesrede das ab, was von ihm erwartet wurde. Er teilte kräftig aus und konstatierte: „Wir haben bei RTL damals eine ganz neue Zielgruppe entdeckt: den Zuschauer. Den kannten sie bei den Öffentlich-Rechtlichen bis dahin gar nicht.“ Wieder lustig.
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Zum Finale konnte Gastgeber Kai Pätzmann, der schon vor neun Jahren die ersten Sonnen vergeben hatte, den Schlagerkönig Roberto Blanco begrüßen. Spätestens hier war klar, dass diese Zeremonie bloß noch wenig mit den nüchternen Anfängen auf dem Messestand zu tun hatte. Und das war erst der Beginn, im Jahr darauf wurde eine Schippe draufgelegt.
Es strahlt im Kernkraftwerk
Am 13. Mai ging „Die Goldene Sonne 2017“ im nordrhein-westfälischen Kalkar zum elften Mal über die Bühne. Dass es die Verleihung ausgerechnet dorthin zog, war wieder kein Zufall und lag vor allem im Engagement von Holger Terhorst begründet, dem Leiter für Marketing und Kommunikation des kleinen Flughafens Weeze. Terhorst und sonnenklar.TV-Geschäftsführer Andreas Lambeck verband eine langjährige Freundschaft. Wie eng diese war, zeigte sich bei der Feier zu Terhorsts 60. Geburtstag, an der Lambeck teilnahm und ihm dort Sendezeit auf seinen Frequenzen schenkte. Dazu hatte er heimlich ein Kamerateam und den Moderator Harry Wijnvoord auf die Party geschmuggelt, der dann im Abendprogramm ein Live-Interview mit dem jubilierenden Pressesprecher führte. Kurzum: Man kannte sich und die Wege waren kurz.
Über Terhorst gelang es, das Happening in den Freizeitpark „Wunderland Kalkar“ zu holen. Dieser verfügte neben einem Kettenkarussell im Kühlturm eines ehemaligen Kernkraftwerks über eine große Mehrzweckhalle und ein eigenes Hotel. Dass der Park rund 30 Kilometer vom Airport Weeze entfernt liegt, störte Terhorst nicht: „Alles, was gut für die Region ist, ist auch gut für den Flughafen.“ Und, die Zusammenarbeit zahlte sich aus. Durch die Verlegung des Veranstaltungsortes konnten jetzt 1.500 Menschen teilnehmen und vor Ort übernachten. Bereits ein halbes Jahr vor der Preisverleihung tauchten zudem Ausflugsziele und Partner aus der Region regelmäßig in den Sendungen von sonnenklar.TV auf - natürlich inklusive Pauschalreisen zur Verleihung samt Anreise und Übernachtung.
Insgesamt fünfmal sorgten Terhorst und Lambeck dafür, dass die „Goldene Sonne“ über der surrealen Kulisse des alten Kernkraftwerks von Kalkar erstrahlte. Zwischenzeitlich bestand zwar kurzzeitig die Gefahr, dass sie nach Oberhof in Thüringen abwandern könnte, doch dies konnte abgewendet werden.
Legenden für die reife Zielgruppe
In der Ära Weeze/Kalkar wuchs die Veranstaltung zu einem mehrtägigen Spektakel. Klar, damit ließen sich mehr Übernachtungen vermarkten und die Besuchenden länger in der Region halten. Hierbei spielten namhafte Preisträger eine Schlüsselrolle. Je glamouröser die Produktion aufgezogen war, je heller die Stars auf der „Goldenen Sonne“ leuchteten, desto teurer konnten die Reisepakete verkauft werden.
Einen entscheidenden Anteil hatte hierbei die Verpflichtung von Holm Dressler als künstlerischer Leiter und Chefjuror der Gala. Der Regisseur und Produzent blickt auf eine lange Karriere zurück, in der er unzählige erfolgreiche Fernsehshows erfunden und umgesetzt hat. Mit „Tele-Spiele“, „Na sowas!“, „Wetten, dass...?“, „Zwei im Zweiten“ und „Gottschalk Late Night“ wurden die meisten davon von Thomas Gottschalk moderiert. Ebenso hat er mit dessen Freund Günther Jauch (u.a. „Na siehste“ und „Millionär gesucht - Die SKL-Show“) und vielen anderen zusammengearbeitet. Zur „Goldenen Sonne“ brachte er nicht einzig seine langjährige Erfahrung ein, sondern vor allem sein prall gefülltes Adressbuch mit wertvollen Kontakten zu ehemaligen Fernsehstars, die fortan die Bühne bevölkerten. Oder, wie es Dressler selbst beschrieb: „Legenden aus Sport und Unterhaltung, die gerade die Zielgruppe der reiferen Zuschauer bestens kennt.“
Auf diese Weise entwickelte sich die Preisverleihung zunehmend zu einer gigantischen Starparade bei der zwar weiterhin Reiseangebote belobigt wurden, diese aber durch immer mehr Ehrenpreisen für immer mehr Prominente stetig in den Hintergrund gerieten. Zuletzt gab es lediglich vier touristische Kategorien. Deshalb wurde der ehemalige Reise-Oscar von sonnenklar.TV bald als „Medienpreis“ eingestuft.
Eine wilde Mischung
„Da es die ‚Goldene Kamera‘ und die ‚Bambi‘-Verleihung nicht mehr gibt - das bedauere ich sehr -, versucht die ‚Goldene Sonne‘ eine Lücke zu schließen“, erklärte Holm Dressler einmal in einem Interview. Das ist ihm gelungen. Bezogen auf die abenteuerliche Zusammensetzung der Gewinner:innen steht sein Award dem „Bambi“ in nichts nach.
Zum einen waren es Persönlichkeiten wie Wolfgang Bosbach, Helmut Markwort, Fritz Pleitgen, Stefan Aust, José Carreras, Gerhart Baum, Gregor Gysi und der polnische Staatspräsident Lech Walesa, die für ihre Zivilcourage, ihr soziales Engagement oder ihr journalistisches bzw. politisches Lebenswerk prämiert wurden. Andererseits waren es Menschen wie der Koch Eckart Witzigmann für seine „Lebensleistung als Gourmet-Pionier“, Jörg Kachelmann für seine unterhaltsamen Wetteransagen oder die „Traumschiff“-Crew (Siegfried Rauch und Heide Keller) für ihre „Verdienste um das Segment ‚Kreuzfahrt‘“. Ein Highlight war auch der Preis für das „Ehepaar Beimer“ aus der „Lindenstraße“ (also für Joachim Hermann Luger und Marie-Luise Marjan), weil sie „das Idealbild der heilen Familie in die Wohnzimmer von Millionen von Zuschauern“ brachten. Weitere Gewinner waren Reiner Calmund („Lebenskünstler des Jahres“), Roberto Blanco („Musikalisches Lebenswerk National“), Ralph Siegel („Künstlerisches Lebenswerk“) und Oliver Kalkofe („25 Jahre Comedy“).
Einige Kategorien wirkten skurril, weil sie sehr spezifisch formuliert waren und offenbar nur ins Leben gerufen wurden, um einen bestimmten Star nach Kalkar zu locken. Beispielsweise erhielt der Astronaut Ulf Merbold eine Auszeichnung für sein Lebenswerk im Bereich „Wissenschaft & Forschung“ und Schauspielerin Joan Collins („Denver Clan“) für ihr „Kreatives Lebenswerk“, während Samuel Koch als „Mutmacher der Nation“ gewürdigt wurde. Darüber hinaus konnten sich Wolfgang Lippert, Wolfgang Stumph und Gunther Emmerlich gemeinsam über die Anerkennung als „Künstler der deutschen Einheit“ freuen und RTL-Urlaubsreporter Ralf Benkö für die Kür seiner kritischen Recherchen in der Reisebranche.
Dazwischen sorgten musikalische Auftritte von Tony Christie, Stefanie Hertel, Paul Potts, Annemarie Eilfeld, den Söhnen Mannheims, der Münchener Freiheit, Hansi Hinterseer, Johnny Logan, Nicole, Harpo, Chris Andrews, Ireen Sheer oder Heino für Abwechslung. Sie alle traten vor einem Publikum auf, das teilweise zu einem Drittel aus prominenten Gästen wie Vera Int-Veen, Matthias Mangiapane, Julian F. M. Stoeckel, Prinz Alexander von Anhalt, Harald Glööckler, Stefan Mross, Dolly Buster, Micaela Schäfer, Peter Orloff, Gina-Lisa Lohfink oder Bert Wollersheim bestand. Wow, was für eine wilde Mischung.
Empfehlung für die geschlossene Psychiatrie
Jeder Preisübergabe ging eine Laudatio eines prominenten Gastes voraus, bei der sich mitunter auch kuriose Konstellationen ergaben. „Scorpions“-Sänger Klaus Meine überreichte die gläserne Statue an José Carreras oder die Puppe Karlchen an Oliver Kalkofe. Evelyn Burdecki händigte die Sonne für das beste digitale Tourismusangebot oder Maren Gilzer für die beste Hotelkette aus. Die Auswahl der Fürsprachen erfolgte stets sehr sorgfältig, wie Chefjuror Dressler behauptete. Besonders herausfordernd war es demnach, eine passende Person für Lech Walesa zu finden. Immerhin hatte er es vom Werftarbeiter zum polnischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträger gebracht. „Schwierig, da jemanden auf Augenhöhe zu finden“. Letztlich erhielt er den Preis von „Tagesschau-Sprecher“ Jens Riewa. Herausforderung gemeistert.
Am selben Abend hielt Reiner Calmund die Lobesrede auf Gregor Gysi und machte gleich im ersten Satz klar, dass er niemals die Linke wählen würde. Kurz darauf beschimpfte er die Zuschauenden im Saal, die bei einer seiner Aussagen nicht laut genug applaudierten: „Habt Ihr das eigentlich mitgekriegt? Nicht immer nur happi happi machen und pausenlos meckern.“
Gregor Gysi ließ diese Minuten zunächst mit regungsloser Miene über sich ergehen, konterte aber schlagfertig auf der Bühne: „Wenn ich Ihnen im Jahr 1990 gesagt hätte, dass ich im Jahr 2021 hier in Kalkar für mein politisches Lebenswerk ausgezeichnet werde, dass Reiner Calmund die Laudatio auf mich hält, dass ich diesen Preis neben Ralph Siegel, Stefan Aust, Alfons Schuhbeck und vielen anderen bekomme, hätten Sie mir die geschlossene Psychiatrie empfohlen. Und ich hätte mich dort auch hinbegeben, weil ich das eingesehen hätte.“ Treffender kann man diesen Abend und „Die Goldene Sonne“ im Ganzen nicht zusammenfassen.
40 Jahre Privatfernsehen – so ungefähr jedenfalls
Die Corona-Pandemie traf die Reihe hart. Die Vergabe im Jahr 2020 musste komplett abgesagt werden, im Folgejahr konnte sie bloß mit einem aufwendigen Schutzkonzept durchgeführt werden. Da die Tourismusbranche zudem lange brauchte, um sich von den weltweiten Lockdowns und Reiseverboten zu erholen, gab es bei der Ausgabe 2022 gar keine Preise für Urlaubsangebote. Stattdessen fand im Essener GOP-Varieté eine Sonderausgabe unter einem zentralen Motto statt. Am 2. Juli feierte man „40 Jahre Privatfernsehen“ mit so ziemlich allen Gesichtern, die in den 90er Jahren auf den Bildschirmen von RTL und Sat.1 zu sehen waren. In insgesamt sieben Sparten gingen die Ehrungen an Jörg Wontorra, Hella von Sinnen, Harry Wijnvoord, Marijke Amado, Ulli Potofski, Jörg Draeger, Maren Gilzer, Werner-Schulze-Erdel, Tom Gerhardt, Lisa Fitz, Tanja Schumann, Lilo Wanders und Peer Kusmagk. Jede dieser Kategorien widmete sich einem Genre wie Talkshow Sport, Serie oder Comedy, in dem jeweils bis zu vier ehemalige TV-Stars stellvertretend mit einem Preis bedacht wurden. Dadurch erhielt letztlich vermutlich jeder einen, der noch in Holm Dresslers Adressbuch stand und bisher leer ausgegangen war.
Über dem ganzen Abend, der wie die Verleihungen in den Vorjahren live bei sonnenklar.TV übertragen wurde, lag eine nostalgische Wehmut, die in wiederkehrenden Sätzen wie „Früher traute man sich noch was“ oder „Heute geht das ja so nicht mehr“ zum Ausdruck kam. Dabei stieß sich sichtlich niemand daran, dass das zelebrierte 40. Jubiläum des Privatfernsehens eigentlich erst in zwei Jahren, also im Jahr 2024, anstand. Schließlich fand der Sendestart von PKS/Sat.1 und RTLplus im Jahr 1984 statt. Die Verantwortlichen bemühten sich gar nicht, diese Ungenauigkeit aufzulösen, und gaben als kryptische Begründung die juristische Regelung des dualen Rundfunksystems oder den Beginn des Ausbaus der Breitbandverkabelung an. Wer will kleinlich sein, wenn sich all die alten Stars des Privatfernsehens feiern lassen wollen?
Sonnenuntergang
Kurz nach der Verleihung der „Goldenen Sonne“ im Jahr 2023 kündigte Holger Terhorst seinen Rückzug vom Airport Weeze an und wechselte in das Unternehmen von Andreas Lambeck. Dieser hatte sich zuvor aus der Geschäftsführung von sonnenklar.TV verabschiedet. Damit verlor Kalka seine beiden wichtigsten Fürsprecher. In der Folge verkündete der Reisesender schnell, mit seinem Zirkus weiterzuziehen und im Jahr 2024 erstmals in Bad Griesbach gastieren zu wollen. In der Eventhalle des Quellness Golf Resorts wollte man eigentlich am heutigen Samstag das nächste Kapitel des Awards aufschlagen und Elizabeth Hurley, Ornella Muti, Peter Kraus, Sarah Harrison, Semino Rossi, Christoph Daum und Hannes Jaenicke dekorieren. Doch daraus wird nichts.
Am 03. Juni hat sonnenklar.TV die Verleihung der „Goldenen Sonne 2024“ kurzfristig abgesagt. Demnach führt die aktuelle Insolvenz des Reiseveranstalters FTI, der ein wichtiger Geschäftspartner des Unternehmens ist, zu „abwicklungstechnischen Problemen, die insbesondere aus dem Wegfall wichtiger Sponsorenleistungen resultieren“. Ob und wo der Medienpreis bald wieder aufgehen wird und wer sich dann über eine Huldigung freuen darf, bleibt ungewiss.
Trotz dieses (vorläufigen) unrühmlichen Endes kann „Die Goldene Sonne“ als ein Beispiel für die Lukrativität einer engen inhaltlichen Zusammenarbeit zwischen Fernsehsendern und anderen kommerziellen Firmen angesehen werden. Zumindest auf der finanziellen Ebene der Partner. Ob hierbei gutes Fernsehen herauskommt, steht auf einem anderen Blatt. Eine ähnliche Idee hatte vor 20 Jahren schon Sat.1, als man dort zur Fußball-Weltmeisterschaft eine umfangreiche Kooperation mit der internationalen Marke McDonald’s einging und dafür sogar eine eigene Show mit dem Aushängeschild Harald Schmidt ausstrahlte. Das allerdings ist eine ganz andere Telegeschichte, die in der kommenden Woche erzählt wird.