Diese Telegeschichte beginnt am 17. Juli 1955 im Berliner Sportpalast. An diesem Abend veranstaltet der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) die 28. Ausgabe seiner Spielshow "1:0 für Sie", die aufgrund des besonderen Austragungsortes ausnahmsweise den Titel "1:0 für … Berlin" trägt. Die zweistündige Reihe ist unter der Regie von Fernsehpionier Ruprecht Essberger zu dieser Zeit der größte Hit des noch jungen Fernsehens. Das liegt vor allem am Moderator Peter Frankenfeld, der nach seinen ersten Auftritten auf der Funkausstellung im Jahr 1953 durch seine schelmische Art und seine launigen Aktionen innerhalb weniger Monate eine enorme Popularität erreicht. Im Gegensatz zum sonst oft elitären Programm gelingt es ihm, durch seine humoristischen Einlagen, seine simplen Wettbewerbe und seine stetige Einbindung von einfachen Menschen, Leute quer durch alle Bevölkerungsschichten anzusprechen.
Legendär sind seine Wurfscheiben, mit denen er die Kandidat:innen zufällig aus dem Saal heraussucht. Sie müssen sich dann oft in Partyspielen behaupten wie dem Anzünden von Zigarren mit Boxhandschuhen, dem Rollen von Bierfässern, dem Basteln von Frauenhüten oder dem Rasieren von eingeseiften Ballons. Dafür können sie im Anschluss einen Briefumschlag auswählen, die der Postbote Walter Spahrbier bringt und in dem im besten Fall eine Reise steckt. In der Regel ist alles ganz harmlos, nie intellektuell überfrachtet und selten allzu ernst zu nehmen. Diesmal aber berichtet Frankenfeld davon, dass er immer wieder Zuschriften erhält, in denen er von Zuschauenden für eine Übernachtung in deren Häusern oder Wohnungen eingeladen wird. Weil er diese nie annehmen könne, bereitet er der Fernsehnation einen Gegenvorschlag: Besser wäre es doch, wenn die westdeutschen Familien nicht ihn, sondern Kinder aus dem abgeschnittenen Berlin bei sich aufnähmen.
"Ein Platz an der Sonne" – Mit 5 Mark sind Sie dabei!
Die Initiative "Ein Platz an der Sonne" erhielt durch den Aufruf schlagartig große Bekanntheit und einen enormen Zuspruch. Dies inspirierte den Pressesprecher des Hilfswerks, Jochen Richert, die Unterstützung der Berliner Kinder künftig durch das Verkaufen von Lotterielosen zu refinanzieren, für deren Erwerb wiederum im Fernsehen geworben wird. Für dieses Vorhaben konnte er den Norddeutschen und den Westdeutschen Rundfunk begeistern, die gemeinsam mit dem Hilfswerk Berlin die "ARD-Fernsehlotterie" gründeten. Zum Preis eines Loses von fünf DM gab es Fernsehapparate, Reisen, Möbel und sogar Autos zu gewinnen. Ein Großteil der Einnahmen aus dem Losverkauf kam bedürftigen Kindern (nicht nur aus Berlin) zugute, die damit in den Urlaub fahren konnten. Die erste Ziehung der Gewinnnummern fand am 28. April 1956 im Rahmen einer eigenen Sendung statt.
Die "ARD-Fernsehlotterie" wurde aus dem Stand ein großer Triumph. Bereits im ersten Jahr kamen Spenden in Höhe von 1,6 Millionen DM zusammen, mit denen 56.000 Kindern ein "Platz an der Sonne" geboten werden konnte. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Lotterie jährlich für eine Laufzeit von je vier Monaten durchgeführt und durch spezielle Sendungen begleitet. Diese hatten bis 1959 wechselnde Namen ("Die Reise ins Glück" oder "Kleine Leute – große Reise"), bis sie den etablierten Titel "Ein Platz an der Sonne" erhielten. Mit zunehmendem Zuspruch konnten durch die höheren Erlöse vermehrt auch andere Projekte und Bevölkerungsgruppen unterstützt werden. Zugleich wuchsen die ausgespielten Gewinne. Ende der 70er lockten nun neben Einfamilienhäusern auch reine Geldpreise. Ab 1989 wurde die "ARD-Fernsehlotterie" ganzjährig durchgeführt und aus diesem Anlass unter der neuen Marke "Die Goldene 1" beworben. In den gleichnamigen Begleitsendungen konnten erst Max Schautzer und dann Ingo Dubinski erstmals Millionengewinne verkünden.
Mittlerweile firmiert die Stiftung als "Deutsche Fernsehlotterie" und hat sich des Verweises auf die ARD im Namen entledigt – nicht zuletzt, weil sie seit 2011 durch keine eigene Reihe mehr begleitet wird. Stattdessen werden die Gewinnzahlen sonntags vor der "Tagesschau" in einem kurzen Beitrag bekannt gegeben. In seiner 60-jährigen Geschichte konnte das gemeinnützige Gewinnspiel nach eigenen Angaben Fördergelder in Höhe von insgesamt über zwei Milliarden Euro auszahlen. Das Geld ging demnach an Projekte für Kinder, Jugendliche, Senioren oder Menschen mit Behinderung sowie an Opfer von Flutkatastrophen oder Unfällen und an Geflüchtete. All das wäre ohne den Anstoß von Peter Frankenfeld wohl nie möglich gewesen.
"Vergißmeinnicht" – Eine schwere Geburt
Über den Erfolg der Fernsehlotterie war Peter Frankenfeld sehr glücklich und unterstützte sie mehrfach. Auch andere Auftritte stellte er gern in den Dienst einer guten Sache. Inspiriert vom Hörfunkprogramm "Postkarte genügt" entwickelte er dann zu Beginn der 1960er-Jahre das Konzept für eine Spielshow, die sich gänzlich der Wohltätigkeit widmen und hierfür die Wohlfahrtsmarken der Post nutzen wollte. Dahinter verbargen sich spezielle Briefmarken, die mit einem Aufschlag verkauft wurden und dadurch karitative Maßnahmen unterstützten. Etwa hatte die Sondermarke "Dornröschen" im Jahr 1964 einen Nennwert von 40 Pfennig, musste aber für 60 Pfennig gekauft werden. Frankenfelds Idee war es, ein "Ratespiel mit Lotteriecharakter" zu veranstalten, bei dem die Zuschauenden ihre Lösungen auf Quizfragen einsenden und die verwendeten Postkarten mit zusätzlichen Wohlfahrtsmarken frankieren sollten. Mit den Einnahmen aus dem Briefmarkenverkauf konnten schließlich soziale Projekte gefördert werden.
Diese Zusammenarbeit hatte zwei unmittelbare Auswirkungen auf die Umsetzung der Show. Sie erhielt den Titel "Vergißmeinnicht", der dem Postslogan entnommen war. Und ihre Spiele drehten sich fortan um Postleitzahlen. Etwa bestand die Lösung beim Rätsel für das heimische Publikum stets aus einer Zahl, die sich aus der Summe von drei zu erratenden Postleitzahlen ergab. Auf die Postkarte mit der Antwort waren noch vier Wohlfahrtsmarken in einer bestimmten Anordnung zu kleben.
Parallel zu diesen Verhandlungen mit der Post legte Frankenfeld sein Konzept dem WDR vor. Als dieser ablehnte, war er derart enttäuscht, dass er der Anstalt vollends den Rücken kehren wollte. Hierin witterte wiederum das sich gerade in der Gründung befundene ZDF die einmalige Chance, das eigene Angebot mit einem bekannten Gesicht aufwerten zu können. Das Abwerben von Peter Frankenfeld trug unzweifelhaft zur schnellen Akzeptanz und raschen Verbreitung des Zweiten Programms bei. Gänzlich überzeugt war man vom "Großen Fernsehquiz um Postleitzahlen" auch in Mainz nicht und vereinbarte eine Ausstrahlung von zunächst nur vier Ausgaben. Immerhin.
"Aktion Sorgenkind" – Im Fokus der Öffentlichkeit
Nun fehlte noch ein Anlass, dem die Spendengelder zufließen sollten. Diesen brachte der Journalist Hans Mohl mit. Er war zuvor ebenfalls zum ZDF gewechselt und übernahm dort die Leitung der Redaktion "Gesundheit und Natur" sowie die Moderation von "Gesundheitsmagazin Praxis". Im Rahmen seiner Tätigkeit war Mohl seit 1961 regelmäßig mit den Folgen des sogenannten Contergan-Skandals konfrontiert. Wie sich kurz zuvor herausstellte, konnte die Einnahme des Beruhigungsmittels in der Schwangerschaft zu Schädigungen in der Wachstumsentwicklung der Föten führen, wodurch allein in Deutschland mehrere Tausend Kinder mit Fehlbildungen zur Welt kamen. Der Vorfall löste eine breite mediale Berichterstattung aus und rückte erstmals das Thema körperliche Beeinträchtigung in den Fokus der Öffentlichkeit. Mohl hatte in seinen Sendungen wiederholt über betroffene Familien berichtet, was ihn letztlich veranlasste, eine Hilfsaktion für sie ins Leben zu rufen. Zusammen mit einer Reihe von Wohlfahrtsverbänden gründete er mit dem ZDF im Jahr 1964 die "Aktion Sorgenkind", die über die "Lebensbedingungen von Kindern mit Behinderung informieren und zu ihrer Verbesserung beitragen" wollte.
Frankenfelds heitere Postkarten-Lotterie war der ideale Partner, um das Anliegen der "Aktion Sorgenkind" voranzutreiben. Ihr Titel erhielt so eine doppelte Bedeutung, denn nicht nur die Postleitzahlen, sondern auch die "Sorgenkinder" sollten jetzt nicht mehr vergessen werden. Wie Mohl erläuterte, gelang es, "durch eine publikumsstarke Show Millionen für das Schicksal Behinderter zu interessieren, sie auch erstmals zu konfrontieren mit Sorgenkindern". Dafür schilderte er stets im Anschluss an Frankenfelds Fernsehquiz in der zehnminütigen Sondersendung "Aktion Sorgenkind" die Schicksale von Betroffenen und rief zu Spenden auf. Wie Hans Mohl erklärte, hätte man erstmals eine "Kombination aus lustiger Unterhaltung und anklagender Information" umgesetzt. Doch die vermeintliche Verschränkung beider Bereiche war nur eine scheinbare. Tatsächlich blieben durch ihre Nachlagerung die Darstellungen der Betroffenen säuberlich von der Unterhaltung getrennt. Sie standen der zerstreuenden Wirkung des bunten Abends nicht entgegen und irritierten den zelebrierten Eskapismus kaum. Stattdessen schufen die anschließend gezeigten, zum Teil drastischen und "anklagenden" Bilder einen maximalen Kontrast, der das schlechte Gewissen provozieren sollte, sich eben noch unbeschwert amüsiert zu haben, wo es andere Menschen derart schwer haben.
Das fragwürdige Vorgehen ging auf. Allein nach der Premiere am 9. Oktober 1964 gingen Spenden in einer Höhe von insgesamt 554.598,61 DM ein. Dieser Trend sollte sich in den kommenden Monaten und Jahren fortsetzen. Die Show entwickelte sich zu Frankenfelds größtem Erfolg und brachte der Lotterie mit jeder Ausgabe Hunderttausende Mark ein. Und ganz nebenbei stieg ebenfalls die Akzeptanz der Postleitzahlen. Schnell war für alle Parteien klar, dass die Produktion von "Vergißmeinnicht" über die anfangs vereinbarten vier Episoden fortgesetzt würde. Sie wurde zu einem festen Termin für die deutsche TV-Nation. Einmal im Monat präsentierte Frankenfeld aus wechselnden Hallen des Landes immer neue Spiele zu einem Oberthema in passenden Kulissen. Er scherzte, er bot kurze Sketche dar, er begrüßte beliebte Musikinterpret:innen und er sammelte viele, viele Wohlfahrtsmarken ein. Abermals an seiner Seite war der Postbote Walter Spahrbier, der nun die Siegerlose ins Studio brachte und die Gewinner:innen verkündete.
Das Ende von "Vergißmeinnicht"
Knapp fünf Jahre verlief die Partnerschaft scheinbar harmonisch, bis sich das ZDF überraschend entschloss, die Produktion trotz anhaltend hoher Reichweiten nicht mehr fortsetzen zu wollen. Die Gründe dafür waren vielfältig und lassen sich bloß zum Teil rekonstruieren. Fakt ist, dass die neuen Postleitzahlen längst etabliert waren und nicht mehr beworben werden mussten. Fakt ist ebenso, dass die Einnahmen für die "Aktion Sorgenkind" in dieser Zeit rückläufig waren. Fakt ist zudem, dass die Herstellung der Show ständig Probleme bereitete. Dies betraf Streitigkeiten, wem die Rechte am Format gehörten, denn sowohl Frankenfeld und seine Ehefrau als auch die beauftragten Produktionsfirmen und Maria Bohlemann erhoben Ansprüche auf Lizenzgebühren. Von Bohlemann stammte die Grundidee für die zugrundeliegende Hörfunksendung. Probleme gab es darüber hinaus bezüglich des ohnehin hohen Budgets von 240.000 DM pro Folge. Es wurde regelmäßig überschritten und umfasste einige verdächtige Positionen, welche die interne Buchführung auf den Plan rief. Dass Frankenfeld noch eine Erhöhung seines bisherigen Honorars von 15.000 DM pro Abend gefordert haben soll, ist außerdem wohl auch nicht hilfreich gewesen.
Als ein weiterer Grund wird häufig eine junge Generation von Redakteur:innen im ZDF angeführt, die im Zeitgeist der 68er-Bewegung der Überzeugung waren, dass Unterhaltungsprogramme stets "gesellschaftliche Themen" (z. B. moderne Familienbilder oder alternative Erziehungsstile) behandeln müssten. Frankenfelds Banalitäten hätten diesen Anspruch trotz ihrer Kopplung zur "Aktion Sorgenkind" nicht erfüllt. All das kam wohl zusammen und führte dazu, dass sich ZDF-Programmdirektor Joseph Viehöver mit Wim Thoelke über eine mögliche Nachfolge beriet. Als Frankenfeld im Sommer 1969 unerwartet nach Mainz zitiert wurde, erwischte man ihn dort mit dem baldigen Ende seiner Show kalt. Am 16. April 1970 konnte er trotzdem stolz verkünden, dass sein Format in den vergangenen 47 Ausgaben für die "Aktion Sorgenkind" einen Erlös von insgesamt über 19 Millionen DM erzielen konnte. (Exakt waren es 19.242.244,38 DM.)
Die Lotterie wird selbst zum Sorgenkind
Schon fünf Monate nach dem Aus von "Vergißmeinnicht" ging Wim Thoelke mit seinem Quiz "Drei Mal Neun" als Ersatz an den Start. Von Frankenfeld übernahm er die Patenschaft der "Aktion Sorgenkind" und mit Walter Spahrbier auch den beliebten Postboten, der wieder die Gewinnerlose ins Studio trug. Ab diesem Zeitpunkt verabschiedete man sich von der Nutzung der Wohlfahrtsmarken und verkaufte fortan klassische Lose, die in Postämtern, Banken und Sparkassen erhältlich waren. Unter Thoelke erlebte die Lotterie eine Wiederbelebung und einen großen Zuwachs an Spendengeldern, was einerseits daran lag, dass ab 1974 vor allem der Nachfolger "Der große Preis" die enorme Beliebtheit von "Vergißmeinnicht" sogar überbieten konnte und in den kommenden 20 Jahren zu einer wahren Institution des deutschen Fernsehens geriet. Andererseits kostete ein Los jetzt bis zu 9,99 DM und damit ein Zigfaches der zuvor genutzten Briefmarken.
Als Thoelke seinen Ruhestand zum Jahr 1992 ankündigte, scheiterte die Etablierung eines neuen Gesichts für das Format erst mit Hans-Joachim Kulenkampff und danach mit Carolin Reiber gleich zwei Mal. Dies führte schließlich zur Einstellung von "Der große Preis". Danach versuchte das ZDF, gezielt ein jüngeres Publikum anzusprechen, aber die völlig missratenen Spielshows "Goldmillion" mit Wolfgang Lippert und "Wunder-Bar" mit Elke Schneiderbanger stürzten die Lotterie in eine ernsthafte wirtschaftliche Krise. Erst als Dieter Thomas Heck mit dem gediegenen Quiz "Das große Los" ein älteres Publikum ansprach, stabilisierte sich die Hilfsorganisation wieder.
Im Oktober 2000 übernahm dann Andrea Kiewel einmal im Monat den Sendeplatz und die Patenschaft für die Lotterie. In "Jede Sekunde zählt" traten jeweils zwei Familien mit mehreren Generationen gegeneinander an. Ein weiteres Mal wollte das ZDF hierdurch eine jüngere Zielgruppe erreichen und ein weiteres Mal scheiterte es kläglich. Deswegen wurde ab Januar 2002 eine modernisierte Neuauflage des ursprünglichen Klassikers "Der große Preis" mit dem damals weitestgehend unbekannten Marco Schreyl ins Rennen geschickt. Das Remake lief bis Mai 2003, konnte aber an frühere Erfolge nicht anknüpfen. Mit ihr endete die Tradition eigener Shows zugunsten der "Aktion Sorgenkind". Seitdem werden die Ergebnisse der Gewinnauslosungen wie bei der "Deutschen Fernsehlotterie" lediglich in kurzen Einspielern verkündet.
Aus Sorgenkindern werden Menschen
Bis heute konnte die "Aktion Sorgenkind" nach eigenen Angaben über fünf Milliarden Euro an Förderungen für Projekte auszahlen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass sie trotz ihres edlen Ansinnens selbst lang in der Kritik stand – insbesondere von Vertreter:innen von Menschen mit Beeinträchtigungen, also von genau jenen Menschen, denen sie eigentlich zu helfen versuchte. Warum viele Verbände mit der Lotterie haderten, lässt sich an der Wortwahl erahnen, die Hans Mohl bei der Vorstellung der "Aktion Sorgenkind" im Anschluss an die Premiere von "Vergißmeinnicht" nutzte: „Das sind Sorgenkinder. Sie werden nie einen Platz an der Sonne finden. Ein Leben lang werden sie auf der Schattenseite des Lebens bleiben. Körperbehindert, schwachsinnig, spastisch gelähmt, blind, taub oder Contergan-geschädigt. Hunderttausende wie sie leben in der Bundesrepublik. Keiner kennt genaue Zahlen. Ihr Schicksal verbirgt sich meist vor unseren Augen. Und ihre Eltern fragen sich verzweifelt, warum gerade dieses eine Kind nicht gesund ist."
Dieser Eindruck verstärkte sich dadurch, dass die Spendengelder anfangs vor allem in den Bau von Sonderkindergärten, von Sonderschulen, von speziellen Heimen oder von Behinderten-Werkstätten flossen und damit in Einrichtungen, die Menschen mit Beeinträchtigungen von der restlichen Gesellschaft separierten und fernhielten. Sicher, die Zeit war für einen inklusiven Ansatz noch nicht reif und es ging insbesondere darum, den Blick für Menschen mit Beeinträchtigungen überhaupt zu öffnen. Hier leistete die "Aktion Sorgenkind" zweifellos einen wichtigen Beitrag. Es gehört aber ebenso zu ihrer Geschichte, dass sie anfangs einen bemitleidenden und exkludierenden Umgang mit Beeinträchtigungen verfolgte, der den Betroffenen lang nachhing.
Diese Sichtweise änderte sich im Laufe der Jahrzehnte, nicht zuletzt durch die zunehmende Einbeziehung von Menschen mit Beeinträchtigungen in die Organisation der Lotterie. Ein weiteres Problem stellte der Name der Aktion dar. Der Begriff "Sorgenkind" schloss erwachsene Personen aus und er stigmatisierte die vermeintliche Hilflosigkeit der Betroffenen, die ihren Angehörigen bloß Sorgen bereiten würden. Im Jahr 2000 konnte die Lotterie diesem Vorwurf begegnen, indem sie sich den heute gültigen Namen "Aktion Mensch" gab und sich als neuen Förderschwerpunkt die Realisierung von Projekten zu Inklusion setzte.
Im November 1969 wurde mit der "Glücksspirale" für die Finanzierung der anstehenden Olympischen Spiele in München übrigens eine weitere Lotterie gegründet, an der diesmal ARD und ZDF beteiligt waren. Später wechselte sie die Seiten und arbeitete mit Sat.1 zusammen. Das allerdings ist eine ganz andere Telegeschichte.