Herr Dang, im vergangenen Jahr betonte jedes Medienhaus bei den Screenforce Days angesichts neuer internationaler Wettbewerber, dass es selbst mehr denn je investiert. Was wird 2019 das große Thema der Screenforce Days?
Das Thema Investitionen bleibt ein wichtiges Thema, weil es zeigt, wie ernst die Branche es meint. Am Ende geht es ja um Relevanz für Zuschauerinnen und Zuschauer bzw. Userinnen und User. Relevant sind wir, wenn wir investieren und das in die linearen Kanäle sowie in neue On-Demand-Formate. Ganz deutlich: Invesitionen waren kein One Shot im vergangenen Jahr.
Bei einer jährlichen Verkaufsveranstaltung die Botschaft des Vorjahres zu wiederholen, ist aber nur bedingt sexy…
Es geht darum abzuliefern, was wir angekündigt haben. Innovation wird ein weiteres Thema, weil wir mit TVNow ein neues vermarktbares Angebot präsentieren. Vielfalt ist ein weiteres – in den letzten beiden Jahren haben wir bei den Screenforce Days den Beweis angetreten, dass wir eine enorme Bandbreite an Inhalten bieten. Vielfalt und Innovation sind die beiden Schlagworte dieses Jahres. Deswegen ermuntere ich immer wieder gewisse Kunden und Agenturen, die Fernsehen oft nur linear betrachten und für gestrig halten, sich bei den Screenforce Days vom Gegenteil zu überzeugen.
Innovation trifft in diesem Jahr auch auf IP Deutschland zu, wie man zuletzt in der Branche schon hören konnte. Sie bauen um?
Ja, wir waren bisher zwar unter dem Dach der Ad Alliance unterwegs, aber mit unterschiedlichen Verkaufsmannschaften für alle Partner - Kolleginnen und Kollegen von IP Deutschland, von G+J e|MS, von SpotX/Smartclip und vom Spiegel. Alle waren bislang in ihrer Sache unterwegs. Bis zur dmexco realisieren wir eine gemeinsame Ad Alliance-Struktur. Das ist ein großer Umbau, den wir für notwendig halten, um die Wahrnehmung von Ad Alliance im Markt zu stärken. Wir werden in der neuen Struktur Generalisten und Spezialisten haben – die Generalisten haben Agenturen und Kunden im Fokus, die Spezialisten die Gattungen, so bedienen wir die Kundenbedürfnisse sowohl nach einer übergreifenden als auch einer spezifischen Ansprache bestmöglich.
Demnach wird es also z.B. auch bei den Screenforce Days kein IP Deutschland-Screening mehr geben?
Richtig, wir werden schon diese Woche nicht mehr als IP Deutschland sondern Ad Alliance auftreten.
Bleiben die Firmenstrukturen denn erhalten?
Auf dem Reißbrett würde man alles in einer Firma bündeln. So, wie wir die Ad Alliance aufgestellt haben, wäre das aber ein sehr langwieriger Prozess, bei dem wir angesichts der Veränderungen im Markt viel Momentum verlieren würden. Daher bleiben arbeitsrechtlich die Mitarbeiter dort angestellt, wo sie es aktuell sind.
Hat das Auswirkungen auf Standorte?
Wir haben Büros in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München. An der Elbe und am Rhein sind die Kollegen von IP Deutschland, G+J e|MS und SpotX/Smartclip schon zusammengezogen. In Frankfurt und München steht das noch in diesem Jahr an. Ganz konkret verstärkt haben wir uns mit einem Sales-Chef, eine Aufgabe die ich als Geschäftsführer bislang in Personalunion wahrgenommen habe. Mit meinen neuen Aufgaben als Geschäftsführer Vermarktung, Technik und Daten bei der Mediengruppe RTL Deutschland brauchen wir da Verstärkung. Mehr dazu in Kürze.
Die beiden größten deutschen TV-Vermarkter machen nun gemeinsame Sache beim Thema Addressable TV - und das Kartellamt schreit bislang noch nicht auf. Weil es ein Nischenthema ist oder die Marktmacht von IP Deutschland und SevenOne Media gesunken ist?
(lacht) Also das Joint Venture steht ja noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Kartellamts. Wir glauben, dass nichts dagegen spricht, weil wir rein in der Technologie zusammenarbeiten wollen, um es Kunden und Agenturen möglichst leicht zu machen große Addressable TV- und Onlinevideoreichweiten zu buchen. Diese Forderung wurde immer wieder an uns herangetragen, und das wollen wir jetzt realisieren.
Sie sehen also kein Problem in der Zusammenarbeit der beiden mit Abstand führenden TV-Vermarkter?
Sehen Sie, eine Analogie: Unsere Zusammenarbeit soll dafür sorgen, dass eine gemeinsame einheitliche und damit größere Start- und Landebahn entsteht, die dann allen die Möglichkeit gibt, ihr eigenes Geschäft nach eigenen Vorstellungen umzusetzen, so wie es die Airlines auf einem Flughafen auch tun mit unterschiedlichen Angeboten, aber aber auf derselben Infrastruktur. Inhaltlich bleiben wir natürlich im intensiven Wettbewerb.
Addressable TV funktioniert nur in Haushalten mit Internet-Rückkanal, die ja auch der Übermittlung von Nutzungsdaten zugestimmt haben….
…und das sind inzwischen 18 Millionen Smart-TV-Geräte in Deutschland! Für eine Innovation ist eine potenzielle Reichweite von knapp der Hälfte aller Fernsehhaushalte sehr beachtlich.
Verzeihen Sie die banale Nachfrage, aber bevor eine Branche wieder so tut, als würde sie längst verstehen, wie etwas funktioniert, frage ich mal nach: Wann stimme ich der Adressierung für Addressable TV zu? Wenn ich Ihre App TVNOW nutze?
Nene, wenn Sie einen Fernseher nutzen, der HbbTV unterstützt, was eigentlich bei allen Smart TVs der Fall ist, werden Sie bei Inbetriebnahme gefragt, ob Sie einer Datenübertragung im Zusammenhang mit HbbTV zustimmen. Damit wird die mögliche Übermittlung von Daten über das Internet transparent gemacht. Was die konkrete Datenverarbeitung im Zusammenhang mit unseren Werbeaktivitäten betrifft, orientieren wir uns an den gleichen Grundsätzen wie auch für unsere übrigen Online-Angebote. Nutzer haben hier die Möglichkeit, einer Adressierung für Werbezwecke zu widersprechen.
Angesichts von so mancher vermeintlichen Innovation der vergangenen Jahre sehen Sie bei Addressable TV also mehr Substanz?
Das ist mit Sicherheit in der TV-Vermarktung die technische Innovation mit der höchsten Verbreitung gleich zu Anfang, die wir in den vergangenen Jahren gesehen haben. Sie haben Recht: Es wurden schon viele Säue durchs Dorf getrieben. Bei Addressable TV ist das anders: Wir machen heute schon einen Umsatz in zweistelliger Millionenhöhe.