Ob das wirklich schmeckt? Zwischen Sushi-Lasagne und Brokkoli-Pasta hat der Food-Influencer Stefano Zarrella diese Woche auf Instagram ein Rezepte-Reel für schwäbische Pizza gepostet. Der Hefeteig, die Tomatensauce, der geriebene Käse, alles frisch, alles typisch italienisch, so weit so normal. Und ab in den Ofen. Aber dann kommen als Topping oben drauf: Spätzle, eine Kelle Bratensauce und für den Crunch Röstzwiebeln.
Ha noi, wie der Schwabe sagt, dia Pizza isch bees, dia kosch fei selbr frässa!
Im Internet hat es der Italo-Schwabe mit solchen Videos über Pizza, Pasta & Amore zum Reichweitenmillionär gebracht (und auf dem Bankkonto vermutlich auch). Er ist damit einen etwas anderen Weg gegangen als sein Bruder Giovanni Zarrella, der samstagabends im ZDF singt und tanzt. Als Künstler begreift sich der zwölf Jahre jüngere Stefano aber schon auch.
Seine Kreativität wird er nach Ostern erstmals in einer eigenen TV-Sendung ausleben. Im „Sat.1-Fertiggerichte-Check“ testet er alles, was die Industrie fertig konfektioniert anbietet, von Pommes über Bienenstich bis Schlemmerfilet. Genuss aus der Tiefkühltruhe wird versprochen. Lecker!?

Stefan Zarrella kommt direkt vom Gym zum Interview, frisch geduscht, soweit man das im Video-Call erkennen kann, aber irgendwie auch ein bisschen gehetzt. Eine Viertelstunde zuvor wollte er den Termin verschieben lassen. Zwei Minuten später dann doch nicht. Die Bombenlaune, die er sonst in seinen Insta-Reels versprüht, sie muss ganz offensichtlich noch geweckt werden. Als Aperitivo bekommt er deshalb gedanklich eine Portion Pasta e piselli serviert. Und sie wirkt!
Salz, Pfeffer, gutes Olivenöl, Nudeln, Erbsen, Eier, fertig. Mamma mia, mehr braucht es nicht, um Stefano Zarrella glücklich zu machen. Es ist sein Lieblingsgericht aus Kindertagen, als er noch im Schwabenländle lebte. Immer, wenn er es isst, erinnere es ihn an seine Kindheit, sagt er. Das Rezept dafür hat er wie viele andere von seiner Mutter.
Die Liebe für gutes, einfaches Essen wurde Stefano Zarrella also in die Wiege gelegt. Der Geschäftssinn fürs Entwickeln, Zubereiten und Vermarkten kam mit der Zeit dazu, zwangsläufig. La famiglia lebte es ihm schließlich vor.
Von der Schwäbischen Alb nach Köln
Schon die Großeltern hatten Restaurants in der Heimat Italien. Als die Eltern, Clementina und Bruno Zarrella, sich am Fuße der Burg Hohenzollern niederließen, führten sie das Ristorante Schwanen in Hechingen. Im Zollernstädtchen wurde Stefano im Dezember 1990 geboren. Als der erstgeborene Giovanni sich 2001 mit Bro’Sis zur Popstar-Karriere aufmachte, spülte Nesthäkchen Stefano im Familienbetrieb die Teller, im Schwanen-Kino nebenan machte er Popcorn und saugte den Boden.
Nach dem Abitur verlor das Zollernalbidyll auch für ihn seinen Reiz. Er wollte weg und die ältere Schwester Maria auch. Köln sollte es sein, die Stadt der vielen (Entertainment-)Möglichkeiten. Außerdem hatte sich dort bereits der große Bruder mit Kind und Kegel festgesetzt. Die Eltern gingen naturalmente mit. Am Hohenzollernring (sic!), gleich neben dem Capitol, wo sich Stefan Raab in „TV Total“ produzierte, eröffneten sie 2011 das „Natuzzi“ (das sie fünf Jahre später für ein Catering-Unternehmen aufgaben).
Der Laden lief „direkt richtig gut“, erinnert sich Stefano Zarrella. Wieder packte er mit an, jonglierte Teller und Gläser zu den Tischen. Die TV-Bubble ließ es sich schmecken. Nur der Sohn des Hauses haderte: „Ich hatte anfangs ein wenig Probleme, wie ich mich in der neuen Umgebung eingroove. Aber es hat dann geklappt.“
Er fing ein Studium an, Medienmanagement mit Fachrichtung Sport und Event, machte Fitness-Trainer-Scheine, stellte Veranstaltungen auf die Beine und arbeitete für die PR-Agentur von Sascha Rinne, auch bekannt als „Il Grande“. Pietro Lombardi war sein zu betreuender Schützling und Kumpel. In dieser Zeit lernte der noch weitgehend unbekannte Stefano Zarrella viel über die tausend Schritte, die hinter einer PR-Kampagne stecken und für den Aufbau einer Personal Brand nötig sind. Andererseits erlebte er hautnah mit, „welchen Druck Künstler durchstehen müssen“.
Jetzt, wo er selbst im Rampenlicht steht: Wie ist das für ihn so mit dem Druck, permanent Kunst, neudeutsch Content produzieren zu müssen?
Er würde lügen, wenn er sage, dass er sich nicht unter Druck setze, antwortet der 34-jährige Creator. Es sei nicht nur schwerer geworden, die Leute auf Social Media zu unterhalten, weil sie im Sekundentakt scrollen und ruckzuck weg sind, wenn die Hook nicht knallt. Er will sie aber halten, ihnen eine gute Zeit bereiten und Liebe geben, denn. „Liebe ist einfach die schönste Sprache“, sagt er und Recht hat er!
Der Druck sei auch enorm, fährt er fort, weil es mehr Food-Creator gebe. Aber das halte ihn „wach und kreativ“. Er versuche, sich „immer wieder neu zu erfinden“, will sich nicht auf einen Style festlegen, sondern beim Thema Liebe seiner „Kreativität neue Räume geben“ (so wie in diesem hochwertig gefilmten Reel über Dating mit Pizza früher und heute). Denn wie heiße das Sprichwort: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“
"Corona war gut für mich."
Im Januar 2021 war Stefano Zarrella definitiv richtig in der Zeit.
Schon seit seinen Zwanzigern hatte er daran gearbeitet, seinen Körper mit Fitness und Bodybuilding zu verändern und ihm „auch mit gesunder Ernährung etwas Gutes zu tun“. Aus Amerika kam gerade der Low-Carb-Trend. Jeder zählte plötzlich Kalorien. Mit Unterstützung von la mamma entwickelte er Fitness-Rezepte und kombinierte seinen Speisenplan mit traditioneller italienischer Küche.
Die Mahlzeiten, die er sich dann im Lockdown zubereitete, stellte er als 15-Sekunden-Häppchen ins Netz, manchmal dreimal am Tag. Er machte damals noch alles selbst, vom Einkauf über den detailverliebten Set-Aufbau bis zum Filmen und Schneiden. Letzteres hatte er sich bereits als 13-jähriger Teenager beigebracht, aus reinem Spaß an der Freud, wie der Kölner sagt. Anfang der 2000er konnte man noch nirgends was hochladen.
Direkt in die Kamera zu sprechen, immer ein gut gelauntes Gesicht zu zeigen, das war für ihn auch überhaupt kein Problem. Nach einem halben Jahr folgten dem Foodie schon eine halbe Million Menschen. Der Hunger nach kulinarischer Inspiration war in der Seuchenzeit eben auch enorm.
„Corona war gut für mich“, gibt der Internet-Koch lachend zu. Er habe sich aber ehrlich gesagt gar keine Gedanken darüber gemacht, sondern „einfach gemacht“: „Meine Mum und ich kochen eh viel. Ich hielt die Kamera drauf. Das war’s. Die Professionalität kam dann durchs viele Machen.“
Gemacht wird auf diesem (Koch-)Feld inzwischen sehr viel. Es ballert nur so mit „Mhhh“- und „Ahhh“-Content auf Instagram & Co. Es hat sich herumgesprochen, dass damit ein gutes Zubrot zu verdienen ist, wenn Küchenhersteller, die Lebensmittelindustrie und sonstige potenzielle Kooperationspartner auf einen aufmerksam werden.
Fun Fact: In Stefano Zarrellas Spezialfall klopfte sogar Hollywood an. Im vorigen Sommer buk er für Hugh Jackman und Ryan Reynolds einen Kuchen in den Farben von „Deadpool und Wolverine“. Ein absolutes Highlight für ihn, für die US-Stars, na ja, vielleicht auch. Disney machte das Zusammentreffen jedenfalls möglich. Stefano und Giovanni Zarrella hatten 2021 im Disney-Film „Luca“, der in Italien spielt, zwei Figuren ihre Stimme geliehen.
Zwei Leidenschaften miteinander verbunden
Stefano Zarrella wird nicht müde zu betonen, dass er kein gelernter Koch oder Konditor ist, als wollte er sich vor den Angriffen der Profis schützen. Auch das Filmemachen hat er nie an einer Schule gelernt. Auf Social Media habe er einfach seine beiden Leidenschaften verbunden: das Kochen mit dem Video-Content-Kreieren. Damit hat er es als Laie bemerkenswert weit gebracht. Er schart inzwischen ein Riesenteam um sich und lässt sich von einer Agentur in London beraten.
Warum braucht und macht er jetzt Fernsehen?
Stefano Zarrella hat sich darauf mehrere Antworten parat gelegt. Erstens findet er, dass lineares Fernsehen „noch immer eine besondere Magie“ habe, weil es „anders aufgezogen“ werde: „Du kommst ins Studio rein, da stehen ganz viele Leute herum, das Licht geht an, die Kamera läuft...“ Fernsehen bekomme dadurch „eine ganz andere Wertigkeit als Social Media“.
Zweitens: „Ich glaube nicht, dass jeder Influencer Fernsehen kann. Ich glaube aber, dass jeder, der Fernsehen kann, auch Influencer sein kann.“ Es sei „megaspannend“ für ihn herauszufinden: „Kann ich Fernsehen? Wie kann ich es und wie komme ich an?“ Wenn er mit 80 im Bett liege, wolle er sich jedenfalls nicht vorwerfen, er hätte es nicht versucht.
Das alte Medium hat der Influencer in den vergangenen Jahren schon einige Male getestet und ist offenbar darüber auf den Geschmack gekommen. So kochte er im ZDF-„Fernsehgarten“ und bei „Grill den Henssler“ auf Vox. Bei „Let’s Dance“ wagte er sich im vorigen Jahr zudem aufs Tanzparkett so wie zuvor schon sein Bruder Giovanni. Nach Ostern hat er nun bei Sat.1 vier Abende lang den tasty Wednesday exklusiv für sich.

Solis TV, ein echter Gastro-Spezialist („Der Vorkoster“ im WDR), führt die Produktion aus. In den vier bereits abgedrehten Folgen besucht Stefano Zarrella Familien zuhause und zeigt ihnen, wie man zum Beispiel Mini-Pizzen aus der Tiefkühltruhe mit einem Schuss Olivenöl und Basilikum als Deko (das Auge isst mit!) „veredeln“ kann.
Wie das Format zu seinem bisherigen Content passt, in dem er das Kochen mit besten Zutaten zelebriert?
Gut, findet Stefano Zarrella und setzt zum Loblied auf Fertigprodukte an: Dass sie sich „extrem verbessert“ hätten, weil es heute neue Techniken gäbe, Vitamine und Nährstoffe zu erhalten. Dass sie „mit der Zeit gegangen“ seien, auch weil wir Konsumenten weniger Zeit hätten, selber frisch zu kochen. Dass er selbst bei Mama oft auch eine Tiefkühlpizza essen, die sie dann gemeinsam aufpimpten und die teilweise besser schmecke als im Restaurant . . .
Wie bitte was, besser als im Restaurant der Eltern? „Na ja“, rudert Zarrella lachend zurück, „da ist viel Liebe noch drin, das ist schwer zu toppen.“ Er glaubt, wenn er die Leute testen lassen würde, welche die Tiefkühlpizza ist, würden viele tippen: Das ist bestimmt die frische Pizza.
Wenn er so lobhudelt, bleibt kein anderer Schluss, dass sich der Rezepte-Entwickler und Kochbuchautor Stefano Zarrella als Antithese zu Sebastian Lege versteht. Besagter Produktentwickler und Tester hat sich im ZDF und auf Vox einen Namen gemacht als sozusagen Appetitverderber. Wenn Lege in seiner Laborküche Mozarella mit Stickstoff anreichert oder mit dem Pizza-Aroma-Dampfer hantiert, kann einem speiübel werden.
Doch auf diese Tricks der Industrie hinzuweisen, sieht Stefano Zarrella nicht als seinen Job: „Bei der Frage, ob ein Produkt gut ist oder nicht so gut, bin ich raus.“ Dafür hätten sie mit dem promovierten Ernährungswissenschaftler Stephan Lück einen Experten in der Show, „der das gut und informativ erklärt“. Er selbst sei „für die Unterhaltung und den Spaß in der Küche zuständig“, „deswegen glaube ich auch, dass das Format gut zu mir passt.“
Ab dem 23. April wird auf Sat.1 angerichtet. Mahlzeit!