Unverhofft kommt oft: Monatelang hatte ProSiebenSat.1 dafür getrommelt, aus Joyn eine senderübergreifende Plattform zu machen. Dazu lud man auch die Konkurrenz ein und bot ihnen an, die eigenen Inhalte auf Joyn zu bringen. Doch vor allem RTL sperrte sich bislang immer sehr vehement gegen diesen Vorschlag und verwies im Gegenzug auf die eigenen Ambitionen mit RTL+. Nun kommt von RTL-Deutschland-Chef Stephan Schmitter im dpa-Interview ein unverhoffter Vorstoß in diese Richtung. 

Schmitter will nun aber nicht eigene Inhalte zu Joyn bringen, sondern Sendungen von ProSiebenSat.1 zu RTL+ holen. "Wir können die großen Herausforderungen nur über Partnerschaften lösen und RTL+ wäre eine sehr gute Heimat für die Highlight-Formate von ProSiebenSat.1", so Schmitter. Man orientiere sich ohnehin nur noch an den großen amerikanischen Streamern Netflix, Amazon und Disney. "Das ist für uns der entscheidende Wettbewerb mit Blick auf die Zukunft. Deswegen an dieser Stelle auch mein Angebot an ProSiebenSat.1: ‚Stellt euren Top-Content auf RTL+‘."

Auf die Nachfrage der dpa-Kollegen, ob ProSiebenSat.1 seine Streamingplattform Joyn auflösen solle, sagt Schmitter: "Die Kollegen hätten über Nacht signifikant mehr Reichweite, da RTL+ jeden Tag von wesentlich mehr Menschen und deutlich länger genutzt wird. Wir hätten zusammen noch mehr starken Content, der unser Angebot breiter, attraktiver und widerstandsfähiger gegen den internationalen Wettbewerb macht." Gemeinsam finde man sicher eine gute Lösung, den Content angemessen zu vergüten. 

Gleichzeitig räumt Schmitter aber auch ein, dass es diesbezüglich noch keine Gespräche mit ProSiebenSat.1 gegeben habe. "Aber hoffentlich jetzt." Die Aussagen des RTL-Deutschland-Chefs sind jetzt die ersten in dieser Art, gut möglich also, dass es zwischen Köln und Unterföhring tatsächlich zu Gesprächen kommen wird, in denen man auslotet, wie eine mögliche Kooperation aussehen wird. Eher ausgeschlossen ist, dass ProSiebenSat.1 seine Streamingplattform kurz- oder mittelfristig zugunsten von RTL+ aufgeben wird. 

Mit den Aussagen Schmitters ist die Tür nun aber geöffnet für Kooperationsgespräche. ProSiebenSat.1-Boss Bert Habets hatte in den zurückliegenden Jahren Joyn immer wieder als mögliche senderübergreifende Plattform angeboten. Und Markus Breitenecker, Vorstandsmitglied und Group COO bei ProSiebenSat.1, hat bereits in Österreich bewiesen, dass er über verschiedene Sender hinweg pragmatische Streaming-Lösungen finden kann. In jedem Fall sind es neue Töne aus Köln, die man auch in Unterföhring ganz genau registrieren wird.