Zwei Wochen ist es inzwischen her, dass die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer einen Staatsvertragsentwurf zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur öffentlichen Anhörung freigegeben haben. Dessen erklärtes Ziel ist es, "einen zeitgemäßen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu ermöglichen, der mit seinen Angeboten die gesamte Gesellschaft erreicht", wie es heißt. Gleichzeitig soll der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks "qualitativ gestärkt und quantitativ begrenzt werden" - etwa durch eine Digitalisierung der Angebote und eine Reduzierung der Spartensender.
Viel wurde seit der Veröffentlichung bereits diskutiert, allen voran über die Überlegung, den Kultursender 3sat mit Arte zusammenzulegen. Aber auch die Zukunft weiterer Spartensender wie One, Tagesschau24, ZDFneo oder ZDFinfo ist fraglich. Am Freitag - pünktlich zum Ende der sehr kurzen Frist - haben ARD und ZDF nun auf jeweils mehr als 20 Seiten ihre offiziellen Stellungnahmen und darin zunächst Gesprächsbereitschaft signalisiert. So erklärte der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke, die ARD unterstütze die Pläne der Länder, "den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die ARD zu modernisieren und zukunftsfest zu machen". Ähnlich äußerte sich ZDF-Intendant Norbert Himmler: "Um die Akzeptanz in der Bevölkerung weiter hochzuhalten und zu stärken, unterstützt das ZDF die Bemühungen der Rundfunkkommission ausdrücklich und ist weiterhin bereit, sich konstruktiv in den Reformprozess einzubringen."
Tatsächlich hatte die ARD zuletzt bereits von sich aus in Aussicht gestellt, einen ihrer linearen Spartensender - also One, Tagesschau24 oder ARD alpha - einstellen zu wollen. Zu einer konkreten Entscheidung konnte sich der Senderverbund bislang allerdings nicht durchringen. Beim ZDF scheint man indes noch weniger begeistert zu sein von den Plänen, betreibt man mit ZDFneo und ZDFinfo doch - anders als die ARD - zwei überaus erfolgreiche Spartenkanäle. So verweist ZDF-Intendant Norbert Himmler darauf, dass ZDFneo und ZDFinfo "wichtige Bestandteile des eingeleiteten Strategieprozesses 'Ein ZDF für alle' und entscheidend für die gesellschaftliche Durchdringung in jungen Publikumsgruppen" seien. Beide Sender belegten derzeit die Plätze 10 und 11 beim jungen Publikum und trügen 31 Prozent des gesamten Sehvolumens des ZDF bei Jüngeren bei. "Eine Rundfunkreform, die auch das ZDF zukunftsgerichtet aufstellen will, muss diese Ausgangssituation beachten", schreibt Himmler.
Das ZDF sei zwar offen, das System der Partnerkanäle von ARD und ZDF "grundlegend zu betrachten", doch eine Neuordnung der eigenen Spartensender sei auch mit Blick auf die vorgesehene Frist bis Ende 2026 "angesichts von Personal, Programm- und Verbreitungsverträgen auch nicht wirtschaftlich sinnvoll gestaltbar", so Himmler, der zugleich darauf verweist, dass nahezu alle Inhalte von ZDFneo und ZDFinfo künftig als Online-First-Angebote begriffen und damit Synergien für die Mediathek entwickeln würden. "Mit einer vorschnellen Einstellung dieser linearen Kanäle und der einhergehenden Reduzierung des Programmangebots wären hohe Verluste bei den jüngeren Zuschauern verbunden."
In ihren Stellungnahmen widmen sich Himmler und Gniffke auch dem Thema Sportrechte, deren Etats nach den Vorstellungen der Politik begrenzt werden sollen. Gniffke verweist darauf, dass die ARD ihren Sportrechte-Etat bereits seit 2017 kontinuierlich abgesenkt habe, "sowohl gemessen an den Gesamtausgaben als auch in absoluten Zahlen". Für den Fall, dass keine gesetzliche Decklung erfolge, sei man bereit, sich gegenüber den Gremien zu verpflichten, die Ausgaben für Sportrechte im Rahmen einer Selbstverpflichtung allgemein zu begrenzen. ZDF-Intendant Norbert Himmler betonte in diesem Zusammenhang, dass das ZDF seinen Aufsichtsgremien bereits zugesagt habe, nicht mehr als zehn Prozent des Gesamtetats in Sportrechte zu investieren.
Kritisch sehen ARD und ZDF die im Entwurf vorgesehene Vorgabe, wonach Übertragungsrechte zu marktüblichen Preisen zu erwerben seien. Diese sei "wettbewerbsrechtlich kritisch und läuft vor dem Hintergrund der Marktverhältnisse ins Leere", schreibt der ARD-Vorsitzende und erinnert daran, dass Lizenzpreise grundsätzlich ein schützenswertes Geschäftsgeheimnis darstellten. "Ein freier, unverfälschter Wettbewerb nach Maßgabe des Kartellrechts ist zwingend dadurch gekennzeichnet, dass Ungewissheit auch über das Marktverhalten der potenziellen Wettbewerber herrscht", so Kai Gniffke. Ähnlich äußert sich sein ZDF-Kollege. Die Regelung sei nicht erforderlich, da die Vergabe der Rechte an Sportgroßereignissen regelmäßig in Ausschreibungsverfahren erfolge. "Die Ermittlung eines Marktpreises ist diesen Verfahren inhärent."
Beitragserhöhung "unerlässlich"
Der Einführung eines neu zu schaffenden "Medienrats", der nach Auffassung der Politik einen "Blick von außen" auf die ganzheitliche Auftragserfüllung ermöglichen soll, stehen ARD und ZDF ebenfalls kritisch gegenüber. So würden die Komplexität und der Aufwand für die Angebotskontrolle durch die Einführung einer weiteren Kontrollebene zunehmen, zeigt sich Norbert Himmler überzeugt. Zudem stellten sich Abgrenzungsfragen zur eigentlichen Gremienkontrolle. Bei der Entsendung der Mitglieder sei daneben das Gebot der Staatsferne sicherzustellen, mahnte Kai Gniffke.
Einig sind sich ARD und ZDF darüber hinaus mit Blick auf die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags. So bezeichnet Kai Gniffke eine Beitragserhöhung um 58 Cent pro Monat für die ARD als "unerlässlich" und droht insgeheim mit einer Klage, sollte der Vorschlag der KEF nicht umgesetzt werden. "Die Einhaltung des verfassungsrechtlich gebotenen Verfahrens ist keine Frage politischer Gestaltungshoheit - wie auch die KEF zuletzt mehrfach betont hat", schreibt der ARD-Vorsitzende in seiner Stellungnahme. Norbert Himmler verweist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021, durch die die jüngste Beitragserhöhung durchgesetzt worden war.
Hinsichtlich des geplanten Reformstaatsvertrags für die Öffentlich-Rechtlichen bleibt indes vorerst abzuwarten, inwiefern ARD und ZDF mit ihren Anmerkungen bei der Politik auf Gehör stoßen. Aktuellen Planungen zufolge sollen die Regelungen noch im Oktober beschlossen und bis Mitte kommenden Jahres ratifiziert werden. Allzu viel Zeit zur Debatte bleibt also nicht mehr.