Der Verband VAUNET, in dem sich private Anbieter von Audio- und audiovisuellen Medien in Deutschland zusammengeschlossen haben, feiert inklusive seiner Vorläufer in diesem Jahr schon seinen 40. Geburtstag. Doch nach wie vor hat sich die Krisenstimmung in der Branche nicht gelegt - und so erhofft sich der Verband von der Politik mehr als die warmen Worte, die Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinen Grußworten am Donnerstagabend in Berlin natürlich einmal mehr überbrachte.
"Unabhängige und vielfältige Medienangebote sind wie die Meinungsfreiheit Grundlage für einen demokratischen Diskurs – und damit für unsere Demokratie. 40 Jahre privater Rundfunk, das ist mehr als die Hälfte der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Privaten haben diese Geschichte mitgeschrieben. Eine Erfolgsgeschichte. Lassen Sie uns die Erfolgsgeschichte unseres Landes gemeinsam weiterschreiben", sagte Scholz.
Claus Grewenig, der wie der gesamte Vorstand frisch im Amt bestätigte Vorstandsvorsitzender von VAUNET und Chief Corporate Affairs Officer von RTL Deutschland fiel da die Rolle zu, darauf aufmerksam zu machen, dass es zum Weiterschreiben dieser Geschichte aber eben auch politischen Handelns bedarf: "Die privaten Medien sind Teil einer international einzigartigen Vielfalt im dualen System, aber auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Damit wir unsere Angebote in der gewünschten Qualität weiterhin erstellen können, müssen wir sie im Markt refinanzieren können. Wir brauchen in Deutschland als Gegenpol zu den internationalen Tech-Plattformen mit einem anderen Informationsverständnis starke nationale Player. Deshalb muss, wer Vielfalt möchte, sie aktiv sichern. Bekenntnisse zur Bedeutung freier Medien für die Demokratie müssen sich auch im konkreten politischen Handeln niederschlagen."
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer erkannte das zumindest an: "Vor 40 Jahren begann die Erfolgsgeschichte der privaten Medien und der dualen Medienordnung in Rheinland-Pfalz. Diese duale Medienordnung garantiert eine vielfältige Medienlandschaft und Meinungspluralismus, die unabdingbar für unsere demokratische Gesellschaft sind. Als Ministerpräsident und Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder weiß ich um die zahlreichen Herausforderungen, vor denen die Medienbranche und Medienschaffenden in Deutschland aktuell stehen. Hierbei tragen wir Länder eine besondere Verantwortung, indem wir für die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien insgesamt gute Rahmenbedingungen und einen ausgewogenen Ausgleich, ein gutes Miteinander schaffen müssen."
Immerhin sieht man im Reformstaatsvertrag für ARD und ZDF gute Ansätze. Grewenig: "Die Länder haben in den kommenden Wochen die große Chance, wesentliche Richtungsentscheidungen zu treffen. Wir begrüßen, dass viele der für die privaten Medien relevanten Punkte von einer Programmzahlreduktion über Sportrechte bis hin zu Kooperationen und kommerziellen Tätigkeiten umgesetzt werden sollen. Wir appellieren sehr an die Länder, den eingeschlagenen Weg konsequent zu Ende zu gehen, um mit dem Reformstaatsvertrag eine faire Wettbewerbsbalance im dualen Mediensystem zu schaffen."
ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets sagte am Abend in Berlin: "Die Politik muss sicherstellen, dass wir private Medienunternehmen auch in Zukunft unternehmerisch erfolgreich zu einer vielfältigen Medienlandschaft beitragen können. Wir brauchen den konstruktiven Dialog mehr denn je. Die Grundlage dafür ist unser Schulterschluss, für den auch der VAUNET steht. Für eine starke und demokratische Medienlandschaft ist Zusammenarbeit im dualen System unerlässlich, oder anders ausgedrückt: in einem kooperativen Rundfunksystem. Denn dual meint das Gemeinsame, unser gemeinsames Interesse an einer demokratischen Medienlandschaft."
Stephan Schmitter, CEO von RTL Deutschland, der mit dem öffentlich-rechtlichen System auch im Radio in Konkurrenz steht, setzte noch einen anderen Akzent: "Seit 40 Jahren sind attraktive Inhalte und unabhängiger Journalismus unsere Kernkompetenz. Wir investieren als Branche jährlich Milliarden in Content und die digitale Transformation. Unser wettbewerblicher Rahmen ist jedoch nicht ‚fit for purpose‘. Wir stehen in einem immer intensiveren Wettbewerb mit globalen Big-Tech-Playern um Reichweiten und Werbeeinnahmen – allerdings zu ungleichen regulatorischen Bedingungen. Die Vielfaltssicherung ist deshalb eine Aufgabe, die sich durch alle Politikfelder zieht. Das gilt für das private Radio zusätzlich auch für den Wettbewerb mit den beitragsfinanzierten ARD-Radiowellen. Hier gilt es, eine Ausbreitung der ARD-Angebote ins Lokale zu verhindern."
Marco Maier von der FFH-Mediengruppe und Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste von VAUNET führte hier etwas detaillierter mit Blick auf den Reformstaatsvertrag aus: "Auch für das Radio wurden im Staatsvertrag mit der Programmreduzierung Weichen gestellt, deren tatsächliche Auswirkungen auf das bestehende ARD-Radioangebot aber abzuwarten bleiben. Bei einer Reduzierung der Gesamtzahl der ARD-Hörfunkprogramme auf 53 Angebote sollte aus Sicht des VAUNET im Staatsvertrag explizit geregelt werden, dass in den verbleibenden Programmen keine weitere Regionalisierung und Lokalisierung erfolgen darf. Die eingestellten Hörfunkprogramme sollten nicht als Online-Only-Angebote fortgeführt und damit Gelder lediglich in den Online-Bereich umgeschichtet werden. Und schließlich sollten die freiwerdenden analog-terrestrischen Übertragungskapazitäten lizenzierten privaten Hörfunkanbietern zur Schließung von Versorgungslücken angeboten werden."
Für TV und Multimedia ergänzte Michael Müller: "Wir begrüßen die Verpflichtung zu Kooperation zwischen den Anstalten, mit denen Einsparungen erzielt werden dürften. Kooperation bedeutet Effizienz und Stärke im Wettbewerb mit Blick auf die Herausforderungen durch die Big-Tech Unternehmen.Bei ihren künftigen Kooperationen und Vernetzungen sollten die Rundfunkanstalten ihre Inhalte deshalb auch inländischen privaten audiovisuellen Medienanbietern im Sinne des Kooperationsgebotes diskriminierungsfrei, z.B. via ‚Embedding‘, zur Verfügung stellen. Die Sportausgaben der Öffentlich-Rechtlichen müssen unterhalb des Status Quo staatsvertraglich klar gedeckelt werden."