Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, hat sich in einem Interview mit der "FAZ" über den Reformstaatsvertrag geäußert. Dessen Entwurf war mit seinen verschiedenen Säulen, ausgenommen dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, am vergangenen Freitag von der Rundfunkkommission veröffentlicht und in die öffentliche Anhörung gegeben worden (DWDL.de berichtete). Doch die angestrebten Reformen gehen Haseloff ganz offenkundig nicht weit genug. 

Haseloff lobt zwar "verdienstvolle Vorschläge" und spricht von einer "ernsthaften Arbeit" durch die Kommission, die er wahrnehme. Aber: "Die ersten vier Säulen des Entwurfs zum Reform-Staatsvertrag sind reformintensiv und sachgerecht, aber noch nicht ausreichend", erklärt der Ministerpräsident. Die Reformen müssten seiner Meinung nach schneller wirksam werden, kürzere Übergangsregelungen enthalten und um weitere, schnell wirkende Vorschläge ergänzt werden. 

Haseloff lobt in dem Interview den geplanten Abbau von Mehrfachstrukturen und die engere Kooperation der Anstalten. Und auch der Abbau von Sendern soll zu "spürbaren finanziellen Einsparungen" führen. Gleichzeitig freut sich Reiner Haseloff über die Deckelung der Gehälter der Leitungsebene sowie engere Grenzen beim Verbot der Presseähnlichkeit. Kritik übt er jedoch am Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, der bislang noch nicht zur öffentlichen Anhörung gestellt wurde. "Die Vorstellungen zu einem Rationalisierungsmodell, das augenscheinlich darauf abzielt, die Beteiligung der Parlamente einzuschränken, halte ich jedoch für hoch problematisch", so Haseloff. 

"Es ist dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuzumuten ..."

Gut möglich ist, dass die nun vorgelegten Reformen erst in einigen Jahren zu spürbaren Einsparungen führen werden. Das sieht auch Reiner Haseloff so: "Ich gehe davon aus, dass wir ohne weitere Einschnitte erst 2028, 2029 Ergebnisse sehen werden. Daher halte ich es für zwingend erforderlich, dass in der Übergangszeit die Anstalten weitere Einsparvorschläge unterbreiten."

Und auch die nun vorgelegten Reformen lassen für Haseloff offenbar keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu. Zur Erinnerung: Die KEF hatte eine Anhebung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro empfohlen, ab dem kommenden Jahr. "Eine Beitragserhöhung halte ich derzeit für nicht vermittelbar und sehe auch keine Mehrheit hierfür", sagt der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts. Also eben des Bundeslandes, wegen dem die Anstalten vor wenigen Jahren das Bundesverfassungsgericht anriefen - und so die damalige Beitragserhöhung durchdrückten. 

Haseloff will nun erst einmal "eine Auszeit nehmen" und abwarten, "wie die Reformen wirken". Und weiter: "Es ist davon auszugehen, dass diese zu einem sinkenden Aufwand und zu einem geringeren Bedarf führen." Die KEF-Empfehlung mache lediglich 2,5 Prozent des gesamten Beitrags aus, rechnet Haseloff vor. "In einer Zeit, in der viele Produktionsbetriebe und die Landeshaushalte sparen müssen, ist es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuzumuten, bei Gesamteinnahmen von fast 10 Milliarden Euro mit 2,5 Prozent weniger auszukommen, zumal es noch Rücklagen gibt."

Pläne der Rundfunkkommission torpediert

Durch den anhaltenden und öffentlich kommunizierten Widerstand aus Sachsen-Anhalt werden nun direkt wieder die Pläne der Rundfunkkommission torpediert. Heike Raab, Koordination der Kommission, erklärte den geplanten Fahrplan am Montag im DWDL.de-Interview: Sie will den Reformstaatsvertrag, dann auch mit den aktuell noch offenen Finanzierungsfragen, bis Mitte 2025 durch alle Landesparlamente bringen - dann auch mit der aktuellen KEF-Empfehlung. "Die Reformen wirken sich nicht auf die laufende Beitragsempfehlung aus", so Raab. 

Die Rundfunkkommissions-Koordinatorin will unter den Ländern dafür werben, dass die Reformen so stark sind, dass der Rundfunkbeitrag mittelfristig stabil bleibt. Zur Tatsache, dass die KEF eine Anhebung des Beitrags bereits ab Januar 2025 empfohlen hat, sagte Raab: "Ich wünsche mir in einer Demokratie, dass der Primat der Politik Vorrang genießt und dass wir gestalten, statt den Rechtsweg zu bestreiten." Gleichzeitig räumte sie ein, dass die Anstalten sehr wohl klagen könnten, sollten nicht alle Landesparlamente dem Gesamtpaket zustimmen. Wenn mit Reiner Haseloff ein Ministerpräsident nun eine Anhebung des Rundfunkbeitrags nach Maßgabe der KEF-Empfehlung trotz der angestrebten Reformen frühzeitig ablehnt, könnten die Anstalten dazu verleitet werden, direkt zum Jahreswechsel zu klagen. Wieso sollten sie dann noch auf eine Zustimmung warten, die ohnehin nicht kommt?