Reporter ohne Grenzen (RSF), die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) haben gemeinsam mit einzelnen Journalisten eine Verfassungsbeschwerde gegen das Abhören des Pressetelefons der Letzten Generation eingereicht. Das haben die Organisationen jetzt öffentlich gemacht. Der Protestgruppe, die vor allem mit diversen Klebeaktionen auf sich und ihr Anliegen aufmerksam machte, wurde von der Generalstaatsanwaltschaft München die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. 

Daher wurde die Abhörung des Pressetelefons angeordnet, davon waren nach Angaben der Organisationen zwischen Oktober 2022 und April 2023 auch 171 Journalistinnen und Journalisten betroffen. RSF spricht daher nun von einem "unverhältnismäßigen Eingriff in die Pressefreiheit". Zuletzt hatte das Landgericht München I Beschwerden gegen einen Beschluss des Amtsgerichts verworfen, nun also die Verfassungsbeschwerde. Das Landgericht sah in der Abhöraktion zwar einen tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit, erklärte sie letztlich aber für verhältnismäßig. 

Beschwerdeführer auf Seiten von RSF und GFF sind nun zwei von der Abhöraktion betroffene Journalisten - Jörg Poppendieck (ARD) und Jan Heidtmann ("SZ"). "Journalisten müssen mit Aktivistinnen sprechen können, ohne vom Staat systematisch belauscht zu werden. In der Abwägung – Strafverfolgungsinteresse gegen beeinträchtigte Grundrechte – kommen wir zu dem Ergebnis: Die Abhöraktion der Generalstaatsanwaltschaft München ist nicht mit der Pressefreiheit in Deutschland vereinbar", sagt Nicola Bier, Referentin für Recht bei Reporter ohne Grenzen, welche die Verfassungsbeschwerden für RSF betreut. 

Reporter ohne Grenzen befürchtet, dass investigativ arbeitende Journalistinnen und Journalisten durch die Aktion eingeschüchtert werden könnten. Wer Angst haben muss, bei der journalistischen Arbeit zu kontroversen Themen von staatlicher Abhörung betroffen zu sein, könnte davor zurückschrecken, überhaupt darüber zu berichten, so die Argumentation. 

Jan Heidtmann sagt: "Die Abhöraktion der Generalstaatsanwaltschaft München gegenüber der Letzten Generation war völlig überzogen und verletzt die Pressefreiheit. Da die Gerichte in München dieses Vorgehen trotzdem legitimiert haben, bleibt uns nur der Weg vors Bundesverfassungsgericht."

Auch der BJV-Vorsitzende Harald Stocker übt Kritik. Er sagt: "Wenn Richter das Mitschneiden vertraulicher Gespräche mit Journalist*innen genehmigen, müssen sie vorher andere Möglichkeiten ausschöpfen und den Nutzen sorgfältig prüfen und begründen. Das ist nicht geschehen. Es genügt nicht, Monate später einen tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit festzustellen." Damit sich das Vorgehen nicht wiederhole, lege man Verfassungsbeschwerde ein, so Stocker.