Wenn am heutigen 21. August Red Bull Salzburg in der Play-off-Runde der Champions League gegen Dynamo Kiew antritt, zittern nicht nur zahlreiche Fans in Salzburg für ein möglichst gutes Ergebnis ihrer Mannschaft. Auch in Wien dürfte am Abend in den Auhof Studios am Stadtrand rege Betriebsamkeit herrschen, von hier aus wird nämlich Canal+ seine erste Live-Übertragung stemmen. Der noch recht junge Streamingdienst hatte 2022 in Österreich seinen Betrieb aufgenommen und sich bereits Ende des gleichen Jahres die entsprechenden Rechte gesichert.
Canal+ überraschte damals die Branche mit dem Schritt, im Bieterverfahren stach man unter anderem ServusTV aus, das die Rechte bislang gehalten hatte. Und so kann Canal+ ab dieser Saison nicht nur in der Champions League das Topspiel am Mittwoch zeigen, sondern hat auch das Erstauswahlrecht für ein Topspiel aus der Europa- oder Conference League. Canal+ ist außerdem der einzige Anbieter, bei dem alle Finalspiele der drei Klubwettbewerbe zu sehen sein werden. Nach jedem Livespiel am Mittwoch und Donnerstag wird es zudem noch Highlight-Shows geben, in denen es alle Matches, Tore und die besten Szenen der Spieltage zu sehen geben wird.
Hinzu kommt das Angebot, über Canal+ auch zahlreiche linearen TV-Sender zu sehen. Nachdem Canal+ vor zwei Jahren in Zusammenarbeit mit A1 als reiner Streamingdienst für Filme und Serien startete, ging der Ausbau schnell. Mit HD Austria gehörte bis vor wenigen Wochen auch noch eine Bezahlplattform zum Konzern, über den Kundinnen und Kunden verschiedene TV-Pakete buchen konnten. HD Austria ist Anfang Juni komplett in Canal+ aufgegangen, der zum Streamingdienst gehörende, lineare TV-Sender Canal+ First wurde ebenfalls kurzerhand und ohne große Ankündigung in Canal+ Action umbenannt. Und Anfang 2024 wechselte Canal+ von Goldbach zum wesentlich größeren Vermarkter IP Österreich.
Alles fokussiert sich auf eine Marke
Canal+ ist mittlerweile die einzige Marke, mit der man im Markt agiert. Zur Auswahl für die Kundinnen und Kunden stehen eine Reihe von Paketen: Nur Filme und Serien, mit Sport und dann noch Pakete, in denen lineare TV-Sender in verschiedenen Abstufungen angeboten werden. Die ganzen Neuerungen sind noch so frisch, dass sie selbst im Konzern noch nicht überall angekommen sind. HD Austria war eigentlich eine Marke der auch in Deutschland aktiven Canal+-Tochter M7, auf deren Website gibt es HD Austria nach wie vor. Und auf der Österreich-Seite von Canal+ heißt der lineare Sender hier und da noch immer Canal+ First.
Spannend dürfte nun die Frage werden, ob Canal+ in Österreich durch die Spiele aus Champions-, Europa- und Conference League signifikant wird wachsen können. Ein Großteil der Spiele läuft weiterhin bei Sky, im vergangenen Jahr liefen einzelne Topspiele bei ServusTV im Free-TV. Wird man also genügend Menschen dazu bringen, ein kostenpflichtiges Abo abzuschließen? Um direkt zum Start in die Saison möglichst viele Fußball-Fans mitzunehmen, hat man eine Rabatt-Aktion gestartet: Das billigste Paket, bei dem auch die Fußballspiele integriert sind, kostet in den ersten sechs Monaten 7,50 Euro, danach wird der reguläre Preis in Höhe von 14,99 Euro fällig.
Das Management-Team ist überzeugt von der eigenen Strategie. "Ich denke, dass sich viele Menschen nicht mehr als zwei Spiele pro Woche ansehen werden. Und wer diese zwei besten Spiele sehen will, ist bei Canal+ gut aufgehoben", sagt Martijn Van Hout. "Es gibt wenige Dinge, für die die Menschen bereit sind zu zahlen. Live-Sport gehört definitiv dazu und davon wollen wir profitieren." Dennoch weiß man auch bei Canal+ um die Herausforderung, im Sport-Bereich mit einem kostenpflichtigen Abo-Modell Fuß zu fassen. "Wir wissen, wie herausfordernd das ist. Auch generell im deutschsprachigen Raum. Das ist nicht einfach, aber es ist die Aufgabe, der wir uns stellen", sagt der Country Manager DACH.
Sportchef mit guten Kontakten
Dem guten Verhältnis zwischen Trukesitz und Rangnick ist es auch zu verdanken, dass der Trainer der österreichischen Nationalmannschaft zum Experten-Team von Canal+ gehört, das mit Niko Kovac, Christopher Trimmel und weiteren durchaus prominent aufgestellt ist.
"Es gibt wenige Dinge, für die die Menschen bereit sind zu zahlen. Live-Sport gehört definitiv dazu und davon wollen wir profitieren."
Martijn Van Hout, Country Manager DACH bei Canal+
Dass sich Canal+ in den vergangenen zwei Jahren in Österreich etabliert hat und nun den großen Angriff wagt, wirft ganz unweigerlich die Frage auf, ob es auch entsprechende Pläne für Deutschland gibt. Hierzulande agiert der Konzern noch nicht unter der eigenen Marke im Endkundengeschäft. Stattdessen hat man mit M7 ("A Canal+ Company") ein Tochterunternehmen, das auf den Bereich B2B spezialisiert ist. Mit der Eviso Germany GmbH gibt es außerdem noch eine Marketing-Agentur, die entsprechende Dienstleistungen für M7 erbringt. "Grundsätzlich wollen wir unsere Produkte als Canal+ im gesamten deutschsprachigen Raum anbieten. Deutschland ist im DACH-Raum ein Spezialfall und die Art und Weise, wie wir es dort machen, wird deutlich anders sein als in Österreich und der Schweiz", sagt Martijn Van Hout gegenüber DWDL.de.
Für den deutschen Markt hatte Canal+ vor wenigen Monaten den Start eines eigenen SVoD-Dienstes angekündigt - allerdings nicht unter eigener Flagge. Stattdessen können Netzbetreiber das Angebot unter dem eigenen Markennamen anbieten. Dabei wird es vorerst bleiben, wie nicht nur Van Hout, sondern auch Marco Hellberg, Geschäftsführer von M7 Deutschland, gegenüber DWDL.de bestätigt.
Markenportfolio in Deutschland soll geschärft werden
Bis es soweit ist, schaut das deutsche Team um Hellberg nun aber auch erst einmal nach Österreich und fiebert mit den Kolleginnen und Kollegen dort mit. Denn auch wenn es mit Sturm Graz bereits einen österreichischen Bundesligisten gibt, der sich für die neue Ligaphase der Champions League qualifiziert hat, wird man bei Canal+ sehr hoffen, dass mit Salzburg ein zweites Team hinzu kommt. Dadurch könnte man wohl an jedem Spieltag ein Match mit österreichischer Beteiligung zeigen. Vor allem in der ersten Saison ist das nicht unwichtig, um Fans überhaupt erst einmal auf das eigene Angebot aufmerksam zu machen. Denn auch wenn man schon seit einiger Zeit am Markt agiert: Durch die Fußballrechte will man nun die nächste Stufe auf der Wachstumsskala zünden. Ob der Plan aufgeht, wird sich aber frühestens in einigen Monaten zeigen.