Im weit verzweigten ARD-Kosmos mit seinen vielen Gremien ist Engelbert Günster ein mächtiger Mann. Er ist aktuell Vorsitzender des SWR-Rundfunkrats - und in dieser Funktion auch Sprecher aller Gremien, weil der SWR mit Kai Gniffke bekanntlich den ARD-Vorsitzenden stellt. Nun hat Günster der "SZ" ein Interview gegeben und betont darin, auch für das gesamte Präsidium der Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD (GVK) zu sprechen. Das ist zumindest ungewöhnlich, verleiht seinen Aussagen aber noch etwas mehr Gewicht.
Engelbert Günster spricht in dem Interview auch über einen Referentenentwurf zum neuen ARD-Staatsvertrag, den er offenkundig sehr befürwortet. Der Entwurf sieht unter anderem eine zentrale Verwaltungseinheit für alle ARD-Anstalten und eine gemeinsame Plattform mit dem ZDF vor. Vor allem die zentrale Einheit der ARD für Infrastruktur und Verwaltung sei "dringend nötig", so Günster, der auch lobt, dass der Entwurf die Ideen des Zukunftsrats klug umsetze. Aber: "Ich fürchte, dass die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten zurzeit nicht mutig genug sind, diese Schritte zu gehen".
Der Vorsitzende des SWR-Rundfunkrats sagt, dass bereits zu hören war, dass der Entwurf durch einen anderen ersetzt werden solle - und vermutet dahinter Eigeninteressen der Politik. "Der mutige Abbau von Mehrfachstrukturen wird auch den Personalbedarf mittelfristig deutlich verringern, und das mag sich später keine und keiner gerne vorhalten lassen, wenn im eigenen Bundesland über Stellenabbau geklagt wird", sagt Günster. Es müsse in jedem Fall verhindert werden, "dass die guten Ideen aus dem Referentenentwurf verwässert werden oder im Herbst unbearbeitet liegen bleiben."
Der Gremienvorsitzende spart aber auch nicht mit Kritik an der ARD. Dass es in Sachen Reformen nur langsam vorangeht, liege auch daran, dass sich die Runde der Intendantinnen und Intendanten meist einstimmig einigen müsse. "Bei fast allen Entscheidungen gibt es mindestens einen, der negativ betroffen ist. Und daher bewegt sich so wenig." Günster befürwortet daher auch die laut dem Referentenentwurf vorgegebene Reduzierung der Fernsehspartenkanäle sowie der Radiowellen. Die ARD wollte ursprünglich bis Ende 2023 entscheiden, welcher ihrer Kanäle abgeschaltet wird. Daraus wurde aber nicht, deshalb hat man die Entscheidung auf 2024 vertragt - aber noch immer gibt es hier keinen Beschluss.
Sollte der Referentenentwurf doch durchgehen, könnte das zu großen Einsparungen führen, der Meinung ist auch Engelbert Günster. "Insbesondere die weitgehende Fusion der technischen Infrastruktur würde auf lange Sicht große Beträge freisetzen und beitragsdämpfend wirken", sagt er im "SZ"-Interview. Insofern stünden die Chancen gut, dass man mit dem Vorschlag auch die Bundesländer überzeugen kann, die eine Beitragserhöhung bislang negativ gegenüberstehen.
Zur Erinnerung: Der sogenannte Reformstaatsvertrag soll im Herbst vorgelegt und beschlossen werden, dadurch könnte der Rundfunkbeitrag dann aber erst 2027 spürbar sinken. Für die Zeit ab 2025 hatte die KEF bereits eine Erhöhung empfohlen, die lehnen viele Bundesländer aber ab. Der Plan von Heike Raab, Koordinatorin der Rundfunkkommission, ist es nach wie vor, einen möglichst starken und weitreichenden Reformstaatsvertrag vorzulegen, um mit diesem dann auch die Abweichler auf Linie zu bringen. Ob Länder wie Sachsen-Anhalt aber tatsächlich einer Erhöhung ab 2025 stimmen, wenn sie sehen, dass die Beiträge ab 2027 sinken könnten, ist unklar.