Die Einsatzmöglichkeiten und dementsprechend auch die Auswirkungen beim Einsatz von KI sind noch nicht ganz absehbar, viele Unternehmen investieren aber bereits in die Technologie. Der WDR ist nun als erstes öffentlich-rechtliches Medienhaus im deutschsprachigen Raum zwei Initiativen zur Kennzeichnung von vertrauenswürdigen Inhalten beigetreten. Denn klar ist auch: Durch KI wird es in Zukunft immer schwerer zu unterscheiden zwischen Fakt und Fiktion. Das betrifft Bilder und Audios, aber verstärkt auch Videos im Netz.
Beigetreten ist der WDR nun der "Content Authenticity Initiative" (CAI) und der damit verbundenen "Coalition for Content Provenance and Authenticity" (C2PA). Letztere entwickelt entsprechende technische Standards. Außerdem hat der WDR die Ausstellung eines Zertifikats beim "Media Provenance Commitee" der IPTC beantragt. Ein solches Zertifikat weist den WDR und seine Inhalte dann als verifiziert und authentisch aus.
Dem WDR geht es um die eindeutige Kennzeichnung von echten Videos, Fotos und Tonaufnahmen. Diese Aufnahmen bekommen einen "digitalen Beipackzettel", wie der Sender es nennt. Dieser macht genaue Angaben zur Aufnahmen und zu jedem Bearbeitungsschritt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Aufnahme und seine Metadaten fälschungssicher miteinander verbunden werden. Die Möglichkeiten für Manipulationen sollen so minimiert werden. Das Siegel ist als kleines "i" im Sternkreis in der Bildecke sichtbar und dokumentiert für alle sichtbar die Genese des Materials.
Durch den Beitritt zu den Initiativen will der WDR den Standard nun erproben und Erfahrungen sammeln. Das Siegel muss nun erst einmal in der gesamten Kette vom Aufnahmegerät über den Schnitt bis zum Endgerät und schließlich bis zum Archiv eingeführt werden. Wie das funktionieren kann, will man noch in diesem Jahr testen. Auch Kameras und Schnittsoftware müssen entsprechend ausgerüstet sein. Weil nahezu alle Hersteller von Geräten und Programmen Mitglied der Allianz sind, werden entsprechende Geräte und Programme bereits angeboten oder entwickelt.
BR gründet KI-Netzwerk und arbeitet mit WDR zusammen
Einen Vorstoß im Bereich KI hat nun auch der Bayerische Rundfunk (BR) angekündigt. So will man Verlage, Wissenschaft und Industrie mit dem neuen Netzwerk "AI for Media" verbinden, "um [den] wertebasierten Einsatz von KI im Journalismus zu fördern". Das Netzwerk ist bereits Anfang des Jahres mit einem Treffen gestartet, zuletzt fand der erste Hackathon des Netzwerks bei Microsoft statt. Für den Austausch zwischen Sendern, Verlagen und Lokalmedien organisiert der BR zusammen mit Ippen Media ein regelmäßiges Treffen. Dabei ging es im Juni um die Anwendung von großen Sprachmodellen in Newsrooms, das nächste Treffen findet im Oktober statt.
Innerhalb des BR widmet sich darüber hinaus ein neu geschaffenes und interdisziplinäres KI-Board ethischen Fragen und priorisiert übergreifende Anwendungsfelder für KI im Unternehmen, das Board soll auch die Geschäftsleitung in KI-Grundsatzfragen beraten. Uli Köppen, die bisher die Daten- und KI-Teams geleitet hat, wechselt in die Rolle des Chief AI Officer und verantwortet die KI-Entwicklungen im BR. Gemeinsam wollen WDR und BR außerdem ein ARD-weites KI-Netzwerk aufbauen. Darin sollen Expertinnen und Experten aus der ARD an KI-Projekten arbeiten. Köppen ist verantwortlich für den Austausch zwischen BR und ARD-Netzwerk.
BR24 wird derweil mit Blick auf die veränderten Konsumgewohnheiten durch KI seinen Newsroom umstrukturieren: Die Arbeit wird künftig unter den Dachbegriffen "Viewing" und "Listening" organisiert, statt der bisherigen Aufteilung in TV, Online und Radio. Thomas Hinrichs, Programmdirektor Information des BR, sagt: "Der Journalismus ist von vielen Seiten unter Druck, und wir müssen auch technologische Unterstützung nutzen, um mit unserem Journalismus Menschen zu erreichen. Dabei bleiben unsere Mitarbeitenden unersetzlich – mit ihnen zusammen bauen wir im BR und in der ARD wertebasierte KI- und Automatisierungsexpertise auf. Unser Wissen teilen wir über unser AI for Media-Netzwerk. Dabei schauen wir auf beide Seiten der Medaille: Wo können wir die Technologie nutzen, um unseren Qualitätsjournalismus zu unterstützen – und wo müssen wir kritisch und investigativ zu den schnellen Entwicklungen auf dem KI-Markt berichten."