Welche Bedeutung hat der Empfang via Satellit und Kabel perspektivisch noch für Sky? Offenkundig eine eher überschaubare. Zumindest drängt sich dieser Eindruck förmlich auf, wenn man sich den Aufwand vor Augen führt, den der Pay-TV-Anbieter an diesem Dienstag in München betrieb. Nicht nur das eigene Personal war gekommen, auch viele Gäste von Partnern, darunter ProSiebenSat.1-CEO Bert Habets, Disney-Managerin Eun-Kyung Park und Apple-Inhaltechef Kaspar Pflüger, ließen sich den Besuch in einer schicken Location gegenüber des Münchner Viktualienmarkts nicht nehmen.
Zu präsentieren hatte Sky nichts weniger als ein "neues, wichtiges Kapitel für unsere Kunden", wie es Barny Mills, seit dem vergangenen Jahr CEO von Sky Deutschland, formulierte. Im Zentrum dieses Kapitels steht das neue Angebot Sky Stream, mit dem sich der Bezahlsender ein Stück weit unabhängiger machen will von den klassischen Verbreitungswegen. Rein IPTV-basiert, soll Sky Stream mittels einer neuen Box lineare Kanäle und Apps sowie zahlreiche Streamingdienste möglichst nahtlos miteinander verbinden.
In anderen Sky-Märkten, darunter in Großbritannien, ist die Box bereits seit 18 Monaten verfügbar. In Deutschland will Sky sie ab dem 31. Juli zunächst Neukunden anbieten, ehe ab dem kommenden Jahr auch Österreich an der Reihe ist. Auch Bestandskunden soll perspektivisch ein Angebot gemacht werden, das den Wechsel auf IPTV-Empfang ermöglicht. Tatsächlich ist dieses Terrain für Sky keineswegs Neuland, bietet man doch auch bislang schon eine IPTV-Version seines Sky-Q-Receivers an. Der ist allerdings inzwischen erkennbar in die Jahre gekommen. Was bislang also eher einen Randschauplatz darstellte, soll in Zukunft eine weitaus gewichtigere Rolle spielen.
Tatsächlich macht die flache Sky Stream Box bei einem ersten Test abseits der Präsentation einen guten Eindruck. Das Versprechen der Verantwortlichen, eine intuitive Benutzeroberfläche zu liefern, die eine bessere Orientierung im täglich wachsenden Inhalte-Dschungel ermöglicht, scheint tatsächlich eingelöst zu werden. Dabei hilft etwa die Suchfunktion, die keinen Unterschied macht zwischen den verschiedenen Streamingdiensten, Mediatheken und Sendern, auf denen all die Serien und Filme laufen. Dazu kommen individuelle Merklisten, die auf bis zu fünf Profilen angelegt werden können.
Einen Minuspunkt gibt's allerdings dafür, dass Sky Stream und die mobile App Sky Go noch nicht miteinander verbunden sind. Wer also unterwegs einen Inhalt über Sky Go startet, muss auf seiner heimischen Stream-Box erst mal selbst herausfinden, an welcher Stelle er aufgehört hat. Auch die Teletext-Funktion, die vielen Deutschen erwiesenermaßen noch immer wichtig ist, fehlt zum Start.
"Langfristiges Investment in den deutschen Markt"
Sky Deutschland-CEO Barny Mills ist dennoch vom neuen Aufschlag überzeugt. "Sky Stream wird das Entertainment-Erlebnis für unsere Kunden nachhaltig verändern – es wird einfacher, intuitiver und übersichtlicher als je zuvor", sagt er. Gleichzeitig sei der Start von Sky Stream "ein maßgeblicher Meilenstein für Sky Deutschland und ein langfristiges Investment in den deutschen Markt, das entscheidend zu unserem Wachstum beitragen wird". Ein derart klares Bekenntnis hat man aus Unterföhring lange nicht gehört, schließlich galt zwischenzeitlich auch ein Verkauf von Sky Deutschland als sehr wahrscheinlich.
Mit der IPTV-Box unterstreicht Sky aber auch noch einmal, wie sehr sich die eigenen Ansprüche mittlerweile verändert haben - weg vom klassischen Pay-TV-Sender, hin zum Aggregator wie er etwa auch die Deutsche Telekom mit MagentaTV sein möchte. Entsprechend niedrigschwellig soll der Einstieg gemacht werden: So sollen Neukunden die Box mitsamt des Entertainment-Pakets, Netflix und dem Empfang von Free-TV-Sendern in HD-Qualität ab 15 Euro pro Monat schmackhaft gemacht werden. Hier schielt man auch auf Kabelkunden, die sich mit dem Wegfall des Nebenkostenprivilegs nach einer Alternative umsehen. Weitere Pakete, also etwa die Bundesliga, Sport oder Cinema, können freilich dazugebucht werden.
Erweiterte Partnerschaft mit ProSiebenSat.1
Mit mehr als 20 Apps ist Sky Stream zum Start angereichert, darunter übrigens auch jener von Joyn, dem Streaming-Angebot von ProSiebenSat.1. Möglich macht das eine erweiterte Kooperation, die beide Unternehmen im Zuge des Starts von Sky Stream angekündigt haben.
Also alles Stream, oder was? Keineswegs. Auf DWDL.de-Nachfrage ist zu hören, dass man bei Sky auf absehbare Zeit nicht auf den Empfang via Kabel und Satellit verzichten will. Der Grundstein für eine IPTV-Zukunft des Unternehmens ist mit der Einführung von Sky Stream aber gewiss gelegt. Es scheint, als habe sich Sky mit den veränderten Gegebenheiten des Marktes einmal mehr arrangiert. Ob Sky Stream das Angebot ist, auf das die Kundschaft gewartet hat, steht freilich auf einem anderen Blatt.