Am Freitagvormittag erhielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei RTL Deutschland ein Business Update zum Streamingdienst RTL+. Im Euphemismus der Eigendarstellung geht es um „die Bündelung der Kräfte“ von RTL+ in Deutschland und Bedrock, einer Tochterfirma von RTL Group und M6 in Frankreich, welche die Technik hinter allen Streamingdiensten der RTL Group in Frankreich (M6+), den Niederlanden (Videoland) und Ungarn (RTL+) stellt. Die Ausnahme war RTL+ in Deutschland, dessen Plattform bislang von Köln aus selbstentwickelt wurde.

Und genau damit ist jetzt Schluss. Der größte Streaming-Dienst der RTL Group, RTL+ in Deutschland, soll bis Anfang 2026 auf die Bedrock-Plattform migrieren. Dieser Plan sei Teil der Strategie der RTL Group, die gruppenweite Zusammenarbeit in den Bereichen Technologie, Inhalte und Werbevermarktung zu vertiefen. Er soll außerdem dazu beitragen, mit mehr Effizienz das selbstgesteckte Ziel der RTL Group zu erreichen, 2026 mit dem Streaminggeschäft profitabel zu sein.

Denn die Veränderung wird auch mit einem Stellenabbau in Köln einher gehen, zu dem das Unternehmen auf Anfrage zunächst keine konkreten Angaben machen will. Nur so viel: „Die beteiligten Teams und zuständigen Betriebsräte werden kontinuierlich über die geplanten nächsten Schritte informiert, einschließlich des geplanten Personalabbaus.“ Doch der Standort Köln soll künftig in die Weiterentwicklung der Bedrock-Plattform eingebunden sein. Auch Chief Streaming Officer Henning Nieslony bleibe weiter an Bord und RTL Deutschland wird direkter Anteilseigner von Bedrock.

Bedrock-Plattform muss für RTL+ erweitert werden

Bedrock bekommt eine neue deutsche Tochtergesellschaft mit Sitz in Köln, in der ein Teil des derzeitigen Technik-Teams von RTL+ arbeiten soll. Bedrock Deutschland werde sich zunächst um die Entwicklung von Elementen kümmern, die speziell auf RTL+ in Deutschland ausgerichtet. Ohnehin wird der Migrationsprozess spannend, schließlich verfügt die „All Inclusive Entertainment App“ (Eigendarstellung RTL+) in Deutschland über Features, welche die Bedrock-Plattform noch nicht bietet. Mit dem Wunsch, diverse Mediengattungen in einer App anzubieten („One App, All Media“), hatte man in den vergangenen Jahren stets die von Bedrock unabhängige Entwicklung der Technik erklärt.

Thomas Rabe © Bertelsmann/RTL
Dass es finanziell durchaus Sinn machen könnte, alle Streamingdienste der RTL Group über die gleiche Technik laufen zu lassen und damit zentral entwickeln zu können, hing also seit Jahren schon wie ein Damoklesschwert über dem deutschen RTL+. Jetzt hat RTL Group-CEO Thomas Rabe die Effizienzkarte gespielt: „Allianzen und Partnerschaften sind eine unserer strategischen Prioritäten, um im Wettbewerb mit den globalen Tech-Plattformen erfolgreich zu sein. Bedrock und RTL+ in Deutschland haben herausragende und einzigartige Stärken – durch das Bündeln ihrer Kräfte wird ein europäischer Champion im Bereich Streaming-Technologie entstehen.“

Auch das ist eine entscheidende Motivation für den Wechsel der Technik hinter dem deutschen RTL+: Bei Bedrock will man künftig auch mit externem Geschäft wachsen. Da wirkt es überzeugender, wenn die RTL Group in all ihren Märkten auch auf die eigene Technik setzt - und nicht im größten Markt Deutschland lieber auf eine Alternative Marke Eigenbau setzt. Das am Freitag ausgegebene Ziel ist nun, die Migration von RTL+ in Deutschland auf die Bedrock-Plattform bis Anfang 2026 abzuschließen. Ob und wie stark die Nutzerinnen und Nutzer von RTL+ in Deutschland den Wechsel der Plattform im Hintergrund bemerken werden, ist noch unklar.

Stephan Schmitter © MG RTL D / Marina Rosa Weigl
„Mit unserem RTL+ Product- und Tech-Team haben wir bereits sehr viel erreicht und das erste All-Inclusive-Entertainment-Angebot erfolgreich in den Markt eingeführt. Um unsere Top-3-Position im deutschen Streamingmarkt weiter zu festigen, ist es essentiell, alle verfügbaren Kräfte zu bündeln. Mit der Kombination aus Bedrock und den besten Features und Tech-Experten von RTL+ entsteht eine gemeinsame Plattform, auf die zukünftig alle Streaming-Dienste der RTL Group zugreifen können, um ihren Userinnen und Usern ein exzellentes Produkterlebnis zu verschaffen“, sagt Stephan Schmitter, CEO von RTL Deutschland.

Zunächst einmal dürfte aber der Umfang des geplanten Stellenabbaus die betroffenen Teams in Köln beschäftigen. Und dann bleibt darüber hinaus abzuwarten, ob auf dem langen Weg zur Migration auf eine einheitliche Bedrock-Plattform 2026 alle deutschen Besonderheiten des „All-Inclusive-Entertainment-Angebot“, also auch Musik und Zeitschrifteninhalte, weiter in einer App erhalten bleiben oder man dafür neue Wege findet.