Unter dem Titel "Motor Presse Hamburg stellt sich für die Zukunft neu auf" versucht der Hamburger Verlag eine ziemlich folgenreiche Entwicklung möglichst harmlos zu verpacken. Denn dem Unternehmen droht die Insolvenz, auch wenn dieses Wort in der Pressemitteilung kein einziges Mal fällt. Nun schlüpft man in ein Schutzschirmverfahren, das ist eine besondere Art des vorläufigen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Dadurch will man "die Weichen für eine langfristig erfolgreiche Vorwärtsstrategie stellen".
Für das Team um Geschäftsführer Wolfgang Melcher geht es jetzt vor allem darum, die Kosten zu senken. Das will man unter anderem mit einem Umbau der redaktionellen Strukturen von "Men’s Health", "Women’s Health" und "Runner’s World" erreichen. Die Zusammenarbeit mit den internationalen Teams der Titel soll erweitert werden, hier ist also mit einer verstärkten Übernahme an Texten zu rechnen. Und auch die Chefredakteure der drei Titel soll künftig "vernetzter arbeiten".
Der Verlag erklärt außerdem, dass man sich in Zukunft nur noch auf die drei genannten Kernmarken konzentrieren will - sie standen aber auch bislang schon im Fokus. Im Zuge des Verfahrens müssen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Wie viele, das konnte eine Sprecherin am Montagnachmittag gegenüber DWDL.de noch nicht sagen. Durch das Schutzschirmverfahren profitiert man jetzt aber von verkürzten Kündigungsfristen.
Der Geschäftsbetrieb geht nun erst einmal ganz regulär weiter und der Verlag verweist darauf, dass die kommenden Printausgaben alle erscheinen werden. Eine Insolvenz unter dem Schutzschirmverfahren ist nur möglich, wenn keine akute Zahlungsunfähigkeit besteht. Das ist in diesem Fall ganz offenbar gegeben. Zu den Voraussetzungen des Verfahrens gehören aber sehr wohl eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.
Ein Vorteil des Schutzschirmverfahrens ist die Tatsache, dass die Geschäftsführung im Amt bleibt und die Zügel weiter in der Hand hält. Ihr wird aber ein Sachwalter (und kein Insolvenzverwalter) an die Seite gestellt. Das Unternehmen hat jetzt drei Monate Zeit, um einen Insolvenzplan vorzulegen. Der muss zeigen, wie man die finanziellen Probleme in den Griff bekommen will - abgesegnet werden muss der Plan später durch die Gläubiger. Bei der Motor Presse Hamburg gibt man sich gegenüber DWDL.de optimistisch, das Verfahren Ende des Jahres wieder verlassen zu können.
Wolfgang Melcher, Geschäftsführer der Motor Presse Hamburg sagt: "Wir haben uns in enger Abstimmung mit unseren Freunden von Hearst dazu entschieden, diesen Schritt zu gehen, um den notwendigen Spielraum für Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens zu erhalten. Hierdurch können wir gut vorbereitet alle erforderlichen Maßnahmen umsetzen, dabei das Erscheinen aller geplanten Hefte und Digitalprojekte sicherstellen und das Verfahren schnellstmöglich wieder verlassen. Ich bedauere es sehr, dass wir keine andere Wahl haben, als die Veränderungen auch mit der Trennung von einigen unserer Kolleginnen und Kollegen zu verbinden. Wir werden in neue Geschäftsfelder, wie Longevity, investieren, gleichzeitig auch bei unseren bestehenden Produkten starke, sichtbare Investitionen tätigen, um sie noch wertiger zu gestalten. [...]"
Und Kay Labinsky, Geschäftsführer der Motor Presse Stuttgart, ergänzt: "Die Motor Presse Stuttgart unterstützt die Maßnahmen unserer Tochtergesellschaft in Hamburg vollumfänglich. Der Plan, den die Hamburger Gesellschaft mit uns gemeinsam entwickelt hat, ist aus meiner Sicht tragfähig und zukunftsweisend. Ich werde Herrn Melcher und sein Hamburger Team mit meiner ganzen Expertise bei der Umsetzung der Pläne unterstützen."