Angesichts der Äußerungen diverser Ministerpräsidenten ist es ziemlich unsicher, ob es zum Jahreswechsel überhaupt zu der von der KEF empfohlenen Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro im Monat kommen wird - doch selbst wenn es so beschlossen wird, bleibt die Erhöhung deutlich unter der Inflationsrate der letzten Jahre. Dass die Öffentlich-Rechtlichen den Gürtel enger schnallen müssen, ist also sowieso unvermeidlich. Der SWR rechnet nach eigenen Angaben selbst bei Umsetzung der beschlossenen Erhöhung ohne weitere Gegenmaßnahmen mit einem dauerhaften strukturellen Defizit von rund 70 Millionen Euro pro Jahr und hat angesichts dessen nun weitere Kürzungen in Verwaltung, Produktion, Infrastruktur und Programm angekündigt.

Unter dem Motto "Beton spart vor Programm" will man den Rotstift zuallererst abseits von Programm und Personal im Immobilien-Bereich umsetzen und sich von "sanierungsbedürftigen, ineffizienten oder nicht mehr unbedingt erforderlichen" Immobilien trennen, wie es heißt. "Der SWR setzt seinen bereits vor vielen Jahren eingeschlagenen Kurs der Flächenkonsolidierung fort. Die Bandbreite reicht dabei von der systematischen Aufgabe von Lagerflächen bis hin zur konsequenten Verkleinerung bei sämtlichen Bauvorhaben", sagt Verwaltungsdirektor Jan Büttner.

Reichen wird das freilich nicht, sodass man die Einsparbemühungen in den nächsten Jahren zunehmend vor allem im linearen Programm sehen wird. Da dort bislang der Großteil des Geldes investiert wird, aber nur ältere Menschen erreicht werden, sei es eine Frage der Generationengerechtigkeit, die Mittel teilweise so umzuschichten, dass man sich auch Angebote für jüngere Zielgruppen leisten könne. Vor diesem Hintergrund wird man 2025 die Sendung "Menschen und Momente" einstellen, ab 2026 wird es weniger Folgen der "Eisenbahn-Romantik" geben. Anstelle der Sendung "Lesenswert" im linearen Fernsehen will man lieber "Longreads" mit Helene Hegemann für die ARD-Mediathek produzieren. Und Ressourcen für den Dokumentarfilm im Dritten sollen stattdessen für die Mediathek eingesetzt werden.

Weniger "Verstehen Sie Spaß?", Aus für "Mathias Richling Show"

Die stärksten Kürzungen treffen im Programm aber den Unterhaltungsbereich. Deutschlandweit wird man das vor allem bei der Reduktion der "Verstehen Sie Spaß?"-Ausgaben von fünf auf drei pro Jahr wahrnehmen. Stattdessen wolle man aber mehr "Verlade-Filme" exklusiv für die Mediathek und Content für die Digitalkanäle von "Verstehen Sie Spaß?" produzieren. Im Dritten spart man sich unter anderem auch die "Mathias Richling Show", die Sendungen "Advent live" und "Comedy vom Rhein", zusätzlich zu den bereits eingestellten Formaten "Spätschicht" und "Ich trage einen großen Namen". Mit Mathias Richling wird man beim YouTube-Format "Richling Backstage" weiterarbeiten, zudem plant man einen Podcast mit ihm.  Auch einige Event-Übertragungen wird es nicht mehr geben: Den "Umzug Deutsches Weinlesefest", "Rhein in Flammen" und das "Seenachtsfest" müssen sich Interessierte künftig vor Ort ansehen.

Clemens Bratzler, der als Programmdirektor die Bereiche Information, Sport, Fiktion, Service und Unterhaltung verantwortet, sagt: "Wir straffen und fokussieren unser Angebot, um auf den wachsenden finanziellen Druck und den Wandel der Mediennutzung zu reagieren. Unterhaltung bleibt uns wichtig, muss aber stärkere Einschnitte verkraften als andere Teile unseres Auftrags. Folglich konzentrieren wir uns im SWR Fernsehen vor allem auf unsere Erfolgsmarken ‚Nachtcafé‘, ‚Sag die Wahrheit‘ und den ‚Schlagerspaß‘, aber auch auf regionale Formate wie die neu gestartete ‚Comedy-Scheune‘. Im Digitalen wollen wir Erfolgsformate wie die ‚Kurzstrecke‘ mit Pierre M. Krause oder ‚Almania‘ mit Phil Laude fortsetzen und uns weiter im Bereich Comedy engagieren. Die Reduktion der linearen Ausgaben von ‚Verstehen Sie Spaß?‘ soll es uns ermöglichen, uns an anderer Stelle und mit neuen Ideen am nationalen Angebot der ARD zu beteiligen."

Weniger Events: Kein Dokufestival mehr

Auch bei Events, die der SWR bislang selbst veranstaltet hat, tritt man kürzer. 2025 wird es das SWR Dokufestival nicht mehr geben, den Deutschen Dokumentarfilmpreis will man trotzdem weiterhin mit MFG und LfK zusammen verleihen und auch die Förderung des jungen Dokumentarfilms fortsetzen. Die Veranstaltungsreihe "SWR live" wird beendet, das "SWR3 Comedy-Festival" wird wie schon angekündigt zum kommenden Jahr eingestellt.

Weiteres Geld will man sparen, indem man Systeme weiter standardisiert und Abläufe harmonisiert, indem man Wartungsintervalle streckt, Investitionen kappt und sich von manchen Bereichen ganz trennt, etwa bei den "unterstüztenden Infrastrukturleistungen" wie der Telefonzentrale oder der Hausdruckerei in Stuttgart. Die Maßnahmen sind eine Fortführung des Sparkurses, der 2023 bereits mit einem ersten Maßnahmenpaket begonnen wurde, in dem etwa SWR4 BW und RP enger zusammengrückt wurden, einige Sendungen wie "Planet Wissen" oder der Mainzer "Tatort" eingestellt wurden. Auch das Aus des "ARD-Buffet" 2025 trägt dazu bei, Geld zu sparen. Kündigungen sind offenbar trotzdem nicht zu erwarten, man werde die demografische Entwicklung in den nächsten Jahren nutzen, um den notwendigen Umbau sozialverträglich zu gestalten.

SWR Intendant Kai Gniffke: "Der SWR geht verantwortungsbewusst mit dem Geld um, das uns die Beitragszahlenden anvertrauen. Deshalb folgt der SWR einer klaren Strategie: Wir wollen weiterhin bestmögliches Programm für die Menschen machen, die digitale Transformation kraftvoll vorantreiben und das finanzielle Fundament stabil halten. Das ist eine Aufgabe, die den gesamten SWR fordert und die wir nur mit einer großen Gemeinschaftsanstrengung aller Mitarbeitenden meistern werden."