Wie bei jedem sportlichen Großereignis wurde auch bei der UEFA Euro 2024 im Vorfeld über die Geschwindigkeit diverser Übertragungswege diskutiert und berichtet. Wer jubelt zuerst? Warum fällt das Tor beim Nachbarn früher als bei mir? Ein beliebtes Aufreger-Thema für Fans, das einst mit der Digitalisierung des TV-Signals aufkam und durch die zunehmende Relevanz von Streaming neben Kabel und Satellit in den vergangenen zehn Jahren immer wichtiger wurde.

Auch Veed Analytics lieferte im Vorfeld der EM bereits einen Vergleich, hat aber nochmals nachgelegt. Das Medienmagazin DWDL.de veröffentlicht exklusiv vorab die Ergebnisse eines intensiven Tests während des EM-Spiels England-Dänemark am vergangenen Donnerstag. Die Auswertung der Ergebnisse ist komplex, denn das auffälligste Ergebnis: Die Latenz, also Verzögerung des Signals, hängt neben dem genutzten Service auch vom Gerät und dem verfolgten Sender ab. Allzu schnelle Rückschlüsse lassen sich daher nicht ziehen.

Latenz bei der UEFA Euro 2024 © Veed Analytics

In verknappter Form wiedergegeben können die Ergebnisse der Experten von Veed Analytics gar irreführend sein: So schafft es beispielsweise Magenta TV mit der eigenen Übertragung auf dem Sender Fußball.TV 1 auf den ersten Platz, schlägt das als Referenzsignal genommene Satelliten-Signal im Schnitt um stolze vier Sekunden. Doch eine Einschränkung ist entscheidend: Das gelingt nur bei Nutzung des Media Receiver MR401, den die Telekom jedoch nicht mehr vertreibt. Jetzt wirds erklärungsbedürftig.

Im Rahmen der Unicast-Strategie setzt die Telekom bei Magenta TV inzwischen ganz bewusst auf neue Endgeräte wie Magenta One Stick oder -Box. Der Unterschied: Dort wird Magenta TV zum klassischen OTT (Over-the-top) Dienst, wie andere Streamingdienste auch und nutzt nicht mehr die eigene IPTV-Infrastruktur der Telekom. Bemerkenswerterweise ist Magenta TV via Fire TV leicht schneller dran als über die eigene neue Magenta TV One Box. Natürlich fällt diese Verzögerung nur bei sportlichen Großereignissen ins Gewicht.

Latenz bei der UEFA Euro 2024 © Veed Analytics

Da aber deutlich: Die Messungen von Veed Analytics ergeben signifikante Unterschiede. Bis zu 27 Sekunden dauert der Torjubel im Vergleich zum ZDF-Signal via Satellit. Reduzieren lässt sich die Verzögerung durch Nutzung der Telekom-eigenen Übertragung auf Fußball.TV 1. Dort jubelt man 11-13 Sekunden früher als beim ZDF, das am Donnerstag das zur Messung genutzte Spiel England-Dänemark übertrug. Warum? Das Signal der Telekom geht direkt ins Internet, spart sich den Umweg vom Stadion über das Playout-Center des ZDF in Mainz, hoch zum Satelliten und wieder runter zu den Empfangsgeräten.

Zurück zum Overall-Ranking aller Angebote: Dort führt also theoretisch Magenta TV, allerdings nur noch für Bestandkunden, die noch nicht auf die neuen Boxen umgestiegen sind. Anders gesagt: Den vermeintlichen Testsieger kann niemand mehr bestellen. Anders als das Kabel-Signal des ZDF via Vodafone, das bei den Messungen am vergangenen Donnerstag zwei Sekunden schneller war als das Referenz-Signal. Der Haken dabei ist freilich die Abhängigkeit von Aktivierung und langen Laufzeitverträgen. Auf dem dritten Platz landet das genutzte Referenz-Signal des via Satellit empfangenen ZDF-Programms. 

Ein Schwerpunkt der Messung von Veed Analytics lag - mit Blick auf Fußball-Fans, die möglicherweise ihr Setup verändern wollen - bei der Frage, wie es um die Geschwindigkeit jener Dienste und Empfangswege steht, die sich noch spontan ohne großen Aufwand nutzen ließen. Das digitale Antennenfernsehen DVB-T2 liegt beispielsweise mit nur zwei Sekunden Latenz direkt hinter dem Satellitenempfang. Gleiches gilt aber auch für die ZDF-Mediathek, deren Latenz bei 2-3 Sekunden liegt.

Latenz bei der UEFA Euro 2024 © Veed Analytics

Betrachtet man allein die OTT-Angebote, also das was gemeinhin als Streaming bezeichnet wird, dann ist die Mediathek vom ZDF (das untersuchte Spiel lief eben im ZDF, daher keine Angabe zur ARD-Mediathek) auf Platz 1, gefolgt vom ZDF-Empfang via Waipu.TV, wenn man den Waipu.TV 4K Stick nutzt und den dort verfügbaren „Sport-Modus“ aktiviert. Jene Option, die u.a. von Waipu.TV vermarktet wird, reduziert den sonst üblichen zeitlichen Puffer der ein stabiles Streamingsignal garantieren soll. Damit ist das Signal schneller auf dem Bildschirm, kann bei weniger stabilem Empfang aber auch schneller hängen bleiben.

Platz 3 im Vergleich der OTT-Dienste holt Magenta TV bei Nutzung des Telekom-eigenen Kanals Fussball.TV 1 auf Fire TV-Geräten. Interessant bei der Betrachtung der OTT-Angebote: Die Mediathek des ZDF war über mehrere getestete Geräte hinweg deutlich schneller als OTT-Angebote die durch nötige Umwege des Signals erheblich später dran waren. Und doch: Verglichen mit früheren Sportereignissen haben die Streamingdienste an der Performance gearbeitet. Noch vor zwei Jahren gab es Verzögerungen von fast einer Minute, inzwischen ist das über alle Angebote hinweg auf unter 30 Sekunden gedrückt.

Durchgeführt wurden die Tests von Veed Analytics am vergangenen Donnerstag während dem EM-Spiel zwischen England und Dänemark, das von ZDF und Fußball.TV 1 übertragen wurde. Getestet wurden bis zu acht verschiedene Services auf bis zu zehn verschiedenen Geräten. Die angegebenen Zeiten sind Durchschnittswerte basierend auf mehreren Messungen pro Sender, Service und Gerät. Veed Analytics ist seit mehr als zehn Jahren im Bereich der Tests und Analysen rund um TV und Streaming aktiv. Zur Fußball WM 2022 haben DWDL und Veed Analytics erstmals gemeinsam die Latenzzeiten diverser Übertragungswege veröffentlicht.