Zwei Tage, bevor die Fußball-EM angepfiffen wurde und Jochen Breyers Berufsalltag damit noch stärker als sonst vom runden Leder bestimmt wird, stand einen Abend lang seine Tätigkeit als Presenter und Co-Autor von TV-Dokumentationen im Vordergrund. Gemeinsam mit Julia Friedrichs erhielt er in Hamburg den Stern-Preis in der Kategorie Investigation für die im Dezember ausgestrahlte ZDF-Doku "Die geheime Welt der Superreichen – Das Milliardenspiel", die zuvor bereits für den Grimme-Preis nominiert war. Die Jury lobte die Leichtigkeit, mit der die investigative Recherche präsentiert worden sei.

Für Breyer, bekannt als Moderator des "Aktuellen Sportstudios" und Reporter großer Live-Sportevents im ZDF, und Friedrichs, renommierte Autorin und Regisseurin preisgekrönter Dokus ("Ungleichland") sowie "Spiegel"-Bestsellerautorin ("Wir Erben", "Working Class"), war es bereits die zweite Zusammenarbeit. Ein Jahr zuvor hatten sie mit "Geheimsache Katar – Wie ein Land den Fußball kaufte" – nominiert für den Deutschen Fernsehpreis – die Umstände der umstrittenen Winter-WM im Wüstenstaat unter die Lupe genommen. Beide Dokus wurden von der Kölner bildundtonfabrik (btf) produziert.

Ihre künftige Zusammenarbeit wollen Breyer und Friedrichs nun in feste Strukturen gießen, zumal das ZDF signalisiert hat, dass es auch in den kommenden Jahren Presenter-Dokus von den beiden für den Sendeplatz am Dienstag um 20:15 Uhr bestellen will. Mit Sitz in Berlin haben die beiden Neuunternehmer die Tell Me Why Filmproduktion gegründet. Breyer und Friedrichs halten jeweils 42,5 Prozent der Anteile und firmieren beide als Geschäftsführer. Die restlichen 15 Prozent hält Breyers Manager Olaf Meinking mit seiner KKM Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft, der auch Sportgrößen wie Ex-Bayern-Trainer Thomas Tuchel oder Musikstars wie Marius Müller-Westernhagen betreut.

Tell Me Why Filmproduktion © Tell Me Why
"Mit der Tell Me Why wollen wir weiterhin für dokumentarische Formate stehen, die journalistisch aufwendig recherchiert und visuell hochwertig umgesetzt sind", so Friedrichs im Gespräch mit DWDL.de. "Wir möchten einem möglichst breiten Publikum eine Welt aufschließen, die ihm sonst verborgen bliebe", fügt Breyer hinzu. Eine strikte Trennung zwischen E und U lehnen beide ab, was sich auch an den für ihre Dokus typischen Spielszenen mit Darstellern wie Matthias Brandt oder Esther Schweins zeigt. "Egal, welches Thema wir behandeln: Wir wollen schwere Themen mit leichter Hand erzählen. Wir sind überzeugt, dass Relevanz auch unterhalten darf", so Breyer.

Ende Mai hat Tell Me Why ein Büro im neuen Publix-Haus in Berlin-Neukölln bezogen, wo auch Correctiv, Reporter ohne Grenzen oder das Netzwerk Recherche ansässig sind. Mit Steffi Unsleber, die zuvor für "Zeit Online", "Welt" und "taz" schrieb, wurde eine feste Rechercheurin eingestellt, mit Till Gerstenberger ein Creative Producer mit fiktionaler wie dokumentarischer Erfahrung. Die erste Produktion fürs ZDF, deren Thema Breyer und Friedrichs noch nicht verraten wollen, wird derzeit recherchiert und soll im Herbst gedreht werden. Auch mit anderen Sendern und Streamern sind die beiden dem Vernehmen nach im Gespräch über mögliche Produktionen, vor allem längere Formate wie Doku-Serien, ohne Breyer vor der Kamera. Mittelfristig sollen auch andere Filmemacher ihre Projekte unter dem Dach von Tell Me Why realisieren.

Mit dem bisherigen Produktionspartner btf hatte Friedrichs schon vor den Breyer-Dokus fürs ZDF die Doku-Reihen "Ungleichland", "Heimatland" und "Neuland" für den WDR umgesetzt. btf-Geschäftsführer Philipp Käßbohrer hatte die Idee, Breyer und Friedrichs, die sich vorher nicht kannten, für das Katar-Projekt 2022 zusammenzubringen. "Mit der btf haben wir hervorragend zusammengearbeitet und wollen das auch fortsetzen", betont Friedrichs. "Es hat uns allerdings gereizt, ein eigenes Team aufzubauen, mit dem wir noch enger in Berlin zusammenarbeiten können." Was Tell Me Why möglicherweise von anderen Produktionsfirmen unterscheiden könnte, lässt Breyer durchklingen, wenn er über die Prioritäten spricht: "Ich glaube, dass die Leichtigkeit in der Umsetzung nur gelingt, wenn man so viel wie möglich über ein Thema weiß – also lange und gründlich recherchiert hat. Deshalb wollen wir einen möglichst großen Budgetanteil in die Recherche investieren."