Wenn der WDR-Rundfunkrat am 27. Juni im Kölner Gürzenich zusammenkommen wird, um die Nachfolge des scheidenden Intendanten Tom Buhrow zu klären, dann werden die Mitglieder des Gremiums erwartungsgemäß die Wahl zwischen vier Personen haben.

Wie am Dienstag bekannt wurde, hat die Findungskommission dem Rundfunkrat Helge Fuhst, Jörg Schönenborn, Elmar Theveßen und Katrin Vernau vorgeschlagen. Diese Bewerberin und die Bewerber werden in der Wahlsitzung die Gelegenheit bekommen, sich und ihre Pläne für den mächtigsten WDR-Posten vorzustellen. Am vergangenen Wochenende hatte die vier bereits in persönlichen Gesprächen die Gelegenheit, die Findungskommission von sich zu überzeugen.

Wer sind die Bewerber?

  • Jörg Schönenborn ist ein echtes Urgestein des Westdeutschen Rundfunks und kennt den öffentlich-rechtlichen Sender wohl wie wenige andere, ist der Journalist doch schon mehr als sein halbes Leben lang für den WDR tätig - vom Hörfunkredakteur und Korrespondenten hat er sich zunächst als Chefredakteur und später als Programmdirektor empfohlen. Durch seine Wahlanalysen, aber auch als Moderator des "Presseclubs" ist Schönenborn zudem, ähnlich wie Tom Buhrow, auch dem TV-Publikum bestens bekannt. Dass er sich auf den Intendanten-Posten bewirbt, kommt mit Blick auf seine Vita nicht überraschend. Nun, mit 59 Jahren, sieht er seine Chance auf den höchsten Posten im Haus gekommen. 

  • Ausgemachte Sache ist Schönenborns Wahl gleichwohl nicht, schließlich gibt es mit Katrin Vernau sogar eine Mitbewerberin, die bereits Erfahrung als Intendantin mitbringt. Nach dem Skandal um Patricia Schlesinger war sie es, die für ein Jahr nach Berlin ging, um den RBB wieder in sicheres Fahrwasser zu bringen. Tatsächlich hat sie im Sender für Ruhe gesorgt, auch wenn ihr kommunikativ unglücklicher Abgang vom RBB wiederum neue Aufregung nach sich zog. Gelingt es der WDR-Verwaltungsdirektorin nicht, sich im Rennen um die Intendanz durchzusetzen, halten Beobachter auch eine Rückkehr in die - noch besser bezahlte - freie Wirtschaft nicht für ausgeschlossen, schließlich war Vernau vor ihrem Wechsel zum WDR bereits für Roland Berger tätig.  

  • Einen klaren Favoriten im erwarteten Duell zwischen Schönenborn und Vernau gibt es im WDR-Rundfunkrat, der letztlich die Entscheidung fällt, nach DWDL.de-Informationen nicht. Vor diesem Hintergrund ist dann auch die Bewerbung von Helge Fuhst zu sehen, der in den vergangenen Jahren eine der steilsten Karrieren in der ARD hingelegt hat. Nach einer Station im ARD-Studio Washington sowie beim NDR in Hamburg war Fuhst schon vor mehr als zehn Jahren erstmals für die "Tagesthemen" tätig - und arbeitete eng mit dem damaligen Moderator Tom Buhrow zusammen, der Fuhst nach seiner Wahl zum Intendanten schließlich zu seinem persönlichen Referenten in Köln machte. Wenige Jahre später wechselte Fuhst als Programmgeschäftsführer zu Phoenix, ehe er schließlich 2019 die Leitung der "Tagesthemen" übernahm, die er inzwischen auch vertretungsweise moderiert. Ein stolzer Karriereweg also, obwohl Fuhst gerade einmal 40 Jahre alt ist. Mit seiner Bewerbung wird die bevorstehende Intendanten-Wahl somit also auch zu einer Generationen-Frage.

  • Elmar Theveßen wiederum stünde als Studioleiter in Washington gewissermaßen in der Tradition von Tom Buhrow, der einst - wenn auch für die ARD - ebenfalls in der US-amerikanischen Hauptstadt als Korrepondent arbeitete. Fraglich allerdings, ob er im Rundfunkrat große Chancen haben wird, allen voran gegen seinen im WDR deutlich besser vernetzten Journalisten-Kollegen Jörg Schönenborn. 

Der amtierende Intendant Tom Buhrow hatte im Dezember angekündigt, sein Amt vorzeitig mit Ablauf dieses Jahres zu übergeben. Die Amtszeit des Intendanten beträgt regulär sechs Jahre.