Von den Plagiatsvorwürfen gegen die stellvertretende "SZ"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid bleibt wenig übrig: Nachdem Anfang April die Uni Salzburg mit Bezug auf ihre Doktorarbeit "kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten" feststellen konnte und entschied, dass sie ihren Doktortitel behalten darf, liegt nun auch der Abschlussbericht der von der "SZ" eingesetzten Expertenkommission (bestehend aus Ex-"Spiegel"-Chefredakteur Steffen Klusmann, der Leiterin der Deutschen Journalisten-Schule Henriette Löwitsch und Journalistik-Professor Klaus Meier) vor, die ihre journalistische Arbeit beleuchtete.
Die zentralen Sätze darin lauten: "Insgesamt betrachtet ist dieser Fall weit entfernt von einem Plagiatsskandal. Wer Föderl-Schmid vorwirft, sie habe systematisch und in großem Umfang plagiiert, versteht nicht, wie tagesaktueller Journalismus funktioniert." Der kompletten 15-seitigen Bericht hat die "Süddeutsche" online gestellt. Gleichwohl habe sie mehrfach gegen journalistische Standards verstoßen, etwa weil sie teils nicht kenntlich gemacht habe, dass Teile von Texten aus quasi-amtlichen Quellen oder aus der Wikipedia übernommen wurden. Vor allem bei der Wiedergabe von Fakten nahm Föderl-Schmid es mit der Quellenangabe häufiger nicht so genau, auch die Übernahme von Agenturmaterial wurde teilweise nicht gekennzeichnet.
Spannend ist der Bericht der Kommission aus mehrerlei Hinsicht. So widmet er sich ausführlich zunächst der Frage, wann eigentlich im journalistischen Bereich von einem Plagiat gesprochen werden kann. Die gleichen Maßstäbe wie an wissenschaftliche Arbeiten lassen sich hier kaum anlegen. Und sie machen darauf aufmerksam, wie eingeschränkt hilfreich letztlich Plagiatssoftware ist. "Was eine Software als übereinstimmend markiert, deutet keineswegs automatisch auf ein Plagiat hin", heißt es im Bericht.
Rund zwei Drittel der von der Software markierten Texte seien unter "Reverse Takeovers" gefallen - hier haben also andere Seiten die "SZ" zitiert. Bei einem Viertel der Texte rührten die vermeintlichen Plagiate daher, dass dieselbe Nachrichtenagentur oder dieselbe amtliche oder originäre Quelle genutzt wurde - wobei fehlende Hinweise auf Agentur-Quellen zwar gang und gäbe sind, aber dadurch trotzdem nicht unproblematisch. "Es wäre unverhältnismäßig, aufgrund fehlender Agenturhinweise ein Plagiat zu unterstellen. Auch anderswo werden 'zusammengerührte Agenturtexte' gern als eigenständige Autorenstücke verkauft, getreu dem Motto: Für die Agenturen haben wir bezahlt, also können wir damit machen, was wir
wollen. Da ist die SZ kein Einzelfall. Was es hier zu bemängeln gibt, ist ein Mangel an Transparenz - und Fairness gegenüber den Agenturkollegen", heißt es dazu im Bericht.
Die "SZ"-Chefredaktion, namentlich Wolfgang Krach und Judith Wittwer, sprachen in dem Zusammenhang von "Verstößen gegen die journalistischen Standards, über die wir nicht hinwegsehen können." Und weiter: "Wenn ganze Textpassagen, teilweise wörtlich, ohne Quellenangabe von Nachrichtenagenturen oder aus anderen Medien übernommen werden, ist das mit unserem Selbstverständnis als Autorenzeitung nicht vereinbar." Derzeit werden die internen journalistischen Standards daher überprüft, weiterentwickelt und sollen in einem Handbuch zusammengefasst werden. Die Kommission hat in ihrem Bericht dafür auch entsprechende Vorschläge gemacht.
Trotz einiger kritischer Punkte halten Krach und Wittwer fest: "Der angebliche Plagiatsskandal ist keiner. Wir hoffen, dass das Ergebnis und die Ausführungen der Kommission dazu beitragen, die Debatte um vermeintliche Plagiatsverdachtsfälle im Journalismus zu versachlichen und die Methodik bei der Aufdeckung zu hinterfragen." Föderl-Schmid solle nun in die "SZ"-Redaktion zurückkommen. "Wir freuen uns auf ihre Rückkehr. Über die Modalitäten befinden wir uns mit Alexandra Föderl-Schmid in vertraulichen Gesprächen, deren Abschluss wir nicht vorgreifen wollen und werden."