Am 30. April findet die jährliche Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 statt und dort dürfte es ziemlich hoch hergehen. Aktuell läuft jedenfalls alles auf einen Machtkampf zwischen dem Management und den beiden Großaktionären MFE und PPF hinaus. Diese hatten vor einigen Tagen teils umfassende Anträge gestellt, die auf der Hauptversammlung besprochen werden sollen. Dabei geht es nicht nur um eigene Wünsche für Mitglieder des Aufsichtsrats, MFE will ProSiebenSat.1 auch zu einer schnellen Aufspaltung zwingen. 

Schon als der Berlusconi-Konzern seine Forderungen öffentlich gemacht hatte, wirkte es nicht so, als hätte man diese mit der ProSiebenSat.1-Führung abgesprochen. Zu unterschiedlich waren zuvor die Äußerungen von CEO Bert Habets und dessen Finanzchef Martin Mildner. Nun haben der Vorstand und der Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 auch offiziell erklärt, dass sie die Anträge sowohl von MFE als auch von PPF ablehnen. 

Vor allem mit MFE gehen Vorstand und Aufsichtsrat hart ins Gericht. So verweist man noch einmal darauf, dass man sich bereits seit einem Jahr konsequent auf den Bereich Unterhaltung fokussiere und laufend Schritte prüfe, sich von einzelnen Beteiligungen zu trennen. Dies solle aber im Interesse der Gesellschaft sowie aller Aktionärinnen und Aktionäre erfolgen. Auch deshalb, weil man mit maximal hohen Verkaufserlösen die eigenen Schulden reduzieren will. Durch den Vorschlag von MFE würde sich der Verschuldungsgrad dagegen wohl sehr deutlich erhöhen, rechnet ProSiebenSat.1 vor. 

"Unmittelbare Wertvernichtung"

Dadurch würde auch die mittelfristige Entwicklung des Kerngeschäfts leiden, warnen Vorstand und Aufsichtsrat. "Die Aufspaltung liegt damit nach Auffassung von Vorstand und Aufsichtsrat im singulären Interesse von MFE, nicht aber im Interesse aller übrigen Aktionär:innen", heißt es. In diesem Zusammenhang auch interessant: MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi deutete zuletzt an, sich eine Übernahme von ProSiebenSat.1 erst vorstellen zu können, wenn der Konzern die Bereiche, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören, los wird. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Forderung, sich von Beteiligungen zu trennen, zu sehen. 

"Die Aufspaltung liegt damit nach Auffassung von Vorstand und Aufsichtsrat im singulären Interesse von MFE, nicht aber im Interesse aller übrigen Aktionär:innen."


Darüber hinaus würde die von MFE vorgeschlagene Aufspaltung auch Unternehmen wie SevenVentures betreffen. Also gerade das Unternehmen, die die "Media for Equity"- und "Media for Revenue"-Modelle betreibt. Spalte man dieses ab, würden "erhebliche Werbesynergien zwischen der ProSiebenSat.1 Group und den abgespaltenen Beteiligungen in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe" verloren gehen. ProSiebenSat.1 warnt in diesem Zuge vor einer "unmittelbaren Wertvernichtung". Andererseits: MFE hatte zuletzt extra darauf hingewiesen, dass man offen für eine andere Vorgehensweisen als die vorgeschlagene Aufspaltung sei. Die Italiener wollen nur, dass sich ProSiebenSat.1 eher schneller von seinen Beteiligungen trennt. 

Kommt die Abspaltung doch, warnt ProSiebenSat.1 schon einmal vor einem möglichen Konglomeratsabschlag auf den neuen Konzern, weil darin sehr unterschiedliche Unternehmen mit verschiedenen Geschäftsmodellen und Finanzprofilen gebündelt seien. Dies würde wahrscheinlich zu einer erneuten Zerschlagung führen. 

Verkäufe innerhalb von 18 Monaten

Ein Stück weit kommen Vorstand und Aufsichtsrat MFE nun aber doch entgegen, sie nennen erstmals einen Zeitraum, in dem Verkäufe durchgeführt werden sollen. Vorbehaltlich des Marktumfeldes will man Beteiligungen innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate loswerden. Das lässt immer noch eine Hintertür offen, bislang hatte man genaue Zeitangaben aber stets vermieden und sich darauf beschränkt zu erklären, man verkaufe, wenn der Markt günstig sei.

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Die Vorschläge für neue Aufsichtsratsmitglieder von MFE und PPF lehnt ProSiebenSat.1 ebenfalls ab. Im Falle vom von MFE vorgeschlagenen Simone Scettri sieht der Konzern einen möglichen Interessenskonflikt, weil Scettri lange für die Wirtschaftsprüfer von EY tätig war. Also dem Unternehmen, dem Verstöße gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz bei Jochen Schweizer mydays lange nicht aufgefallen war. Aktuell prüft ProSiebenSat.1 noch, inwieweit man EY dafür haftbar machen kann. Außerdem hat MFE den ehemaligen italienischen Citibank-Investmentbanker Leopoldo Attolico als weiteren Kandidaten für den Aufsichtsrat nominiert. PPF wiederum schlägt Christoph Mainusch als Kandidaten vor (DWDL.de berichtete).

ProSiebenSat.1 verweist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es mit Katharina Behrends und Klára Brachtlová bereits zwei Aufsichtsratsmitglieder gibt, die eine direkte und enge Verbindung zu MFE und PPF haben. Auch der Berufung des von MFE vorgeschlagenen Thomas Ingelfinger hatte man im vergangenen Jahr zugestimmt. Würde man nun auch den weiteren Vorschlägen folgen, würde die Mehrheit der Mitglieder im Aufsichtsrat enge Beziehungen zu den beiden größten Aktionären der Gesellschaft haben bzw. wäre von diesen vorgeschlagen worden, obwohl beiden Aktionären zusammengerechnet nicht die Mehrheit am Aktienkapital gehört.

P7S1 warnt vor Wertminderung

Auch eine von MFE geforderte Satzungsänderung lehnt ProSiebenSat.1 ab, weil dadurch bestimmte Kontrollfunktionen des Aufsichtsrats geschwächt würden. Alle Anträge würden zudem nicht zur Wertsteigerung des Konzerns beitragen, warnt ProSiebenSat.1. Im Gegenteil: Das Risiko einer Wertminderung für die Aktionärinnen und Aktionäre bei einer Annahme der Anträge sieht man in Unterföhring als sehr real. 

Damit gibt es eine interessante Gemengelage vor der anstehenden Hauptversammlung. Bei Vorstand und Aufsichtsrat sind MFE und PPF mit ihren Vorschlägen abgeblitzt, ein Showdown erscheint damit unausweichlich. MFE hält 26,58 Prozent an der ProSiebenSat.1 Media SE, PPF kommt auf 11,60 Prozent. Tun sich die beiden Großaktionäre zusammen, könnten sie ihre Vorschläge wohl sehr wahrscheinlich durchbringen. Agieren sie einzeln, wird es darauf ankommen, wie viele andere Aktionäre am 30. April bei der Hauptversammlung mit dabei sein werden - und wie diese abstimmen. 

Update (13:30 Uhr): ProSiebenSat.1-Aufsichtsratschef Andreas Wiele hat sich gegenüber der Nachrichtenagentur dpa noch einmal ausführlich zur Situation geäußert. "Es fällt uns schwer, irgendeinen positiven Aspekt dieser Abspaltung abzugewinnen", erklärt er in Bezug auf die MFE-Pläne. Man sei über das Vorgehen und insbesondere den Inhalt der Anträge "überrascht". Wiele: "Wir haben in den letzten zwei Jahren hohen Wert darauf gelegt, mit unseren beiden großen Minderheitsaktionären, die auch selbst im Medienbereich tätig sind, einen guten Austausch zu haben und gleichzeitig immer die Balance zu wahren, so dass die Interessen aller Gesellschafter gleichermaßen gewahrt werden." Die Anträge von MFE würden darauf abzielen, mehr Einfluss auf den Konzern zu erhalten. Jedoch mehr "als es einem Aktionär, der weniger als 30 Prozent der Anteile hat, zusteht".

Zur anstehenden Hauptversammlung erklärt der ProSiebenSat.1-Aufsichtsratschef, dass es wichtig sei, dass sich viele Aktionäre an der Diskussion und der Abstimmung beteiligen. "Wir gehen fest davon aus, dass die Hauptversammlung diese Anträge nicht mit der erforderlichen Mehrheit genehmigen wird."

Update (19:45 Uhr): Mittlerweile hat sich PPF zu den Aussagen von ProSiebenSat.1 geäußert. Der tschechische Konzern bleibt bei seinem Vorschlag, Christoph Mainusch auf der Hauptversammlung zumindest zur Wahl zu stellen. "Wir sind überzeugt, dass Christoph über die Erfahrung und Expertise im Bereich des linearen Fernsehens und seiner digitalen Transformation verfügt, die den Aufsichtsrat sofort bereichern und stärken würden", heißt es in einem Statement von PPF-Kommunikationschef Leoš Rousek. Gleichzeitig verweist man noch einmal darauf, dass Mainusch ein unabhängiger Kandidat wäre. Und dann zieht PPF noch die Fähigkeiten und Erfahrungen der Personen in Zweifel, die von ProSiebenSat.1 für einen Sitz im Aufsichtsrat vorgeschlagen wurden. Beides, Fähigkeiten und Erfahrung im deutschen TV-Markt, bringe Mainusch "zweifelsfrei mit", heißt es von PPF.