Am 1. Januar lief der "Tatort: Reifezeugnis" im RBB Fernsehen, im Juli vergangenen Jahres im NDR, 2022 auch bei Arte und ebenfalls im RBB - die ARD greift also durchaus auch heute noch regelmäßig auf diesen "Tatort" zurück, der bis heute die zweiterfolgreichste "Tatort"-Folge überhaupt ist und einst Regisseur Wolfgang Petersen ebenso mit zum Durchbruch verhalf wie er auch Schauspielerin Nastassja Kinski einem großen Publikum bekannt machte.
Allerdings entstand die Produktion unter fragwürdigen Bedingungen: Kinski spielt in der Serie eine 17-jährige Schülerin, die eine Affäre mit ihrem verheirateten Lehrer hatte und ist in dem Film mehrfach in Nacktszenen zu sehen. Sie selbst war bei den Dreharbeiten aber sogar noch jünger, nämlich erst 15 Jahre alt - was moralische und rechtliche Fragen aufwirft.
Jetzt möchte Nastassja Kinski die weitere Ausstrahlung dieser Szenen jedenfalls untersagen lassen. Gegenüber dem "Spiegel" erklärte ihr Anwalt Christian Schertz, dass Kinski damals "faktisch ohne Begleitung" am Set gewesen sei und eine rechtswirksame Einwilligung als Minderjährige in die Verwendung der Szenen "denklogisch ausgeschlossen" sei. Unabhängig davon habe vorsorglich er die Einwilligung für die Zukunft auch widerrufen.
Der NDR erklärte, dass man sich fristgerecht zur Anfrage Kinskis verhalten werde, derzeit finde eine juristische Prüfung statt. In der ARD sei aktuell ohnehin keine Ausstrahlung der "Tatort"-Folge geplant, mit Lizenznehmern sei man überdies im Gespräch, den Film bis zur Klärung auch von Streaming-Plattformen zu nehmen.
Der "Spiegel" weist in diesem Zusammenhang auch auf eine Formulierung von NDR-Fernsehfilmchef Granderath auf der NDR-Website hin. Dort wird er mit den Worten zititert: "Reifezeugnis mit Nastassja Kinski war in den Siebzigern eine sexuelle Initiation für sehr viele männliche Jugendliche. Auch deswegen ist dieser Tatort zur Legende geworden." Schertz kommentiert gegenüber dem "Spiegel", dass es eine Sache sei, wie man Dinge in den Siebzigerjahren gesehen habe, eine Andere, wie der NDR die Nacktszenen einer Minderjährigen heute beschreibe. "Ich weiß wirklich nicht, was da in die Köpfe der Verantwortlichen gefahren ist."