Die Bestürzung in der Branche, aber auch darüber hinaus war groß angesichts des schlimmen Verdachts, der im Raum stand. Es geht um Alexandra Föderl-Schmid, die stellvertretende Chefredakteurin der "Süddeutschen Zeitung", die über Stunden hinweg als vermisst galt. Von einer "Vermisstensuche" auf beiden Seiten des Inn, einem Grenzfluss zwischen Deutschland und Österreich, war die Rede, und davon, dass "eine Suizidmöglichkeit" bestehe. Am Freitagvormittag gab es dann die gute Nachricht: Föderl-Schmid wurde lebend gefunden, wie die Mediengruppe Bayern und die österreichische "Krone" übereinstimmend berichten. Demnach sei sie stark unterkühlt in ein Krankenhaus eingeliefert worden.
In den sozialen Netzwerken hatten zuvor nach Bekanntwerden ihres Verschwindens zahlreiche Menschen ihr Entsetzen geäußert, darunter der ORF-Moderator Armin Wolf, der auf X ein altes Foto postete, das ihn zusammen mit Föderl-Schmid, dem damaligen österreichischen Bildungsminister und weiteren Wegbegleitern zeigt. Seit Stunden sei er "nur mehr traurig und fassungslos", schrieb Wolf dazu. "Ich habe in meinem Leben wenige derart integre Menschen getroffen." Auch die Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckhardt meldete sich zu Wort und brachte ihr Entsetzen mit zwei Worten auf den Punkt: "Erschüttert. Zutiefst."
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Doch zu diesem Zeitpunkt ging es in den sozialen Netzwerken längst um mehr als die Nachricht des Verschwindens - was wiederum zu Kritik führte. "Wenn ich lese, was hier an Kommentaren zu der Situation um Alexandra Föderl-Schmid geschrieben wird, wird mir schlecht", erklärte der "journalist"-Chefredakteur Matthias Daniel auf X. "Niederträchtig und unmenschlich. Gibt es wirklich überhaupt keinen Moment mehr, in dem man einfach kurz innehält?"
Ein anderes Posting ist dagegen inzwischen gelöscht. Es ist jenes, das Stefan Weber, der als sogenannter "Plagiatsjäger" bekannt ist, am Donnerstagvormittag veröffentlichte. Es zeigte eine Mail von Alexandra Föderl-Schmid, die wenige Stunden zuvor bei ihm eingegangen war. "Ich habe viel über Medien, Mechanismen, Menschen und Geschäfte gelernt", schrieb sie darin. Und: "Zumindest diese Jagd ist vorbei." Weber wiederum kommentierte die Aussage zunächst mit dem Satz: "Ich bin gespannt, was 'vorbei' ist und wer hier genau wen 'jagt'." Dem "Münchner Merkur" sagte er später, er habe ja nicht ahnen können, welche Entwicklung der Fall nehmen würde.
"Nius" bezahlte "Plagiatsjäger"
Weber spielt eine nicht unwesentliche Rolle in den Schlagzeilen der vergangenen Tage um die stellvertretende "SZ"-Chefredakteurin. Er hatte zuletzt die Diplomarbeit und die Dissertation der Journalistin auf mögliche Plagiate hin untersucht - im Auftrag des rechtspopulistischen Portals "Nius", für das der frühere "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt so etwas wie ein Aushängeschild ist. Eine "niedrigere vierstellige Summe" habe er von "Nius" für seine Arbeit erhalten, sagte Weber gegenüber "Münchner Merkur". An Webers Arbeit gab es auch Kritik - allen voran von der Historikerin Barbara Thót, die in Zusammenhang mit Föderl-Schmids von einer einer "umfangreichen, eigenständigen und verdienstvollen Arbeit" spricht, "mit einigen wenigen kaum relevanten Ungenauigkeiten, die man anno 1996 wohl nicht gefunden hätte ohne die heutigen Textanalysesysteme".
Zuerst hatte "Medieninsider" über den angeblich unsauberen Umgang der Journalistin mit ihren Quellen berichtet. Die "SZ" wiederum ließ später Mail- und Telefonverbindungen der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchsuchen - in der Hoffnung, den vermeintlichen "Maulwurf" zu finden, der Informationen aus der Redaktion nach außen gab. Die Chefredaktion verteidigte sich und erklärte, man habe die Aktion mit der Arbeitnehmervertretung abgestimmt. Zuletzt hatte die "Süddeutsche Zeitung" eine unabhängige Kommission unter der Leitung des ehemaligen "Spiegel"-Chefredakteurs Steffen Klusmann damit beauftragt, die im Raum stehenden Vorwürfe gegen Alexandra Föderl-Schmid aufzuklären.
Die Journalistin wiederum zog sich zu Beginn der Woche vorübergehend von ihren operativen Tätigkeiten bei der "SZ" zurück. Nach der dramatischen Entwicklung der vergangenen Stunden hält sich die "Süddeutsche Zeitung" mit neuen Äußerungen indes zurück: "Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aus Rücksicht auf Alexandra Förderl-Schmid und ihre Familie nicht äußern." Nun, nachdem die Journalistin gefunden wurde, kann aber zumindest aufgeatmet werden.
Sollten Sie oder eine Ihnen nahestehende Person unter Depressionen leiden, können Sie sich jederzeit an die Telefonseelsorge wenden. Sie erreichen Sie unter der Telefonnummer 0800 111 0 111. Im akuten Fall können Sie sich an den Notarzt wenden.