Stellenabbau, Werbekrise, Führungswechsel, News-Aufbau, Konkurrenz zu internationalen Streaming-Konzernen: Wer mit jemandem wie Bert Habets spricht, hat aktuell von Natur aus genügend Themen, die es zu besprechen gibt. Mit der "FAZ" hat der ProSiebenSat.1-CEO nun über einige dieser Themen in einem Interview gesprochen - und sich darüber hinaus auch noch zu den Öffentlich-Rechtlichen geäußert. Das ist das gute Recht eines Vertreters aus dem privaten Mediensektor. Angesichts der Tatsache, dass Habets zuletzt aber Kooperationen forderte und auch ganz konkret mit ARD und ZDF in Verhandlungen steht, überrascht vor allem die konkrete Formulierung einer seiner Aussagen. 

"Wenn die Öffentlich-Rechtlichen die Gebühren jetzt noch weiter erhöhen, ver­lieren sie die Akzeptanz der Gesellschaft. Das ist eine große Gefahr", sagt Habets im "FAZ"-Interview. Diese Aussage ist inhaltlich mindestens fragwürdig: Nicht die Öffentlich-Rechtlichen legen die Höhe des Rundfunkbeitrags fest, sondern die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Die Anstalten melden dort lediglich ihren Bedarf an, welcher dann in schöner Regelmäßigkeit noch einmal gekürzt wird. Für die nächste Beitragsperiode steht aber wohl trotzdem eine Erhöhung an (DWDL.de berichtete). Schon in der Frage, auf die die Antwort folgte, behauptete die "FAZ" fälschlicherweise, die KEF hätte eine Beitragserhöhung bereits empfohlen. 

Aus Unterföhring ist zu hören, dass es Habets bei seiner Aussage weniger um die Frage ging, wer nun konkret die Beiträge erhöht, sondern eher um die Folgen einer solchen Erhöhung - also den möglichen Akzeptanzverlust. Und Habets hat noch weitere Anmerkungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Der Zukunftsrat habe wichtige Änderungen des Systems vorgeschlagen, damit sei ein Anfang gemacht. "Ich glaube, dass allen Beteiligten mittlerweile klar ist, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Wenn diese Vorschläge umgesetzt werden, könnte man wahrscheinlich auch ohne Gebührenerhöhung auskommen."

Auf die Frage nach seinen Vorschlägen für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verweist Habets auf eine Aussage des Zukunftsrats, der ein "konstruktives Wechselspiel" zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten forderte und von "fairen Kooperationen" sprach. Hier bringt Habets im "FAZ"-Interview Joyn ins Spiel. Die Live-Signale der öffentlich-rechtlichen Sender sind bereits auf der Plattform zu finden, nicht aber deren On-Demand-Inhalte. Das will der ProSiebenSat.1-Boss seit geraumer Zeit ändern, hatte damit bislang aber wenig Erfolg. "Die Gespräche laufen auch, aber sie sind sehr komplex angesichts der Strukturen von ARD und ZDF", sagt Habets. 

Ein angekündigter "Superstreamer", ein Begriff, den Habets aus Österreich übernommen hat, wo Joyn so etwas tatsächlich schon ist, ist Joyn hierzulande noch nicht. Das liegt auch daran, dass die RTL-Gruppe mit ihren Angeboten noch überhaupt nicht auf der Plattform vertreten ist. In Köln setzt man lieber auf RTL+ und eine App, die nicht nur Bewegtbild-Inhalte bietet, sondern auch Inhalte der zahlreichen Magazine oder Audio-Content. Das schließe aber nicht aus, dass RTL "einiges davon auch über Joyn anbietet", sagt Habets. "Der erste logische Schritt wäre, das lineare Programm der RTL-Sender als Live­stream auf Joyn einzubetten. Darüber reden wir ebenso wie über die digitale Werbevermarktung und andere Formen der Zusammenarbeit."