Es sind wichtige Tage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: In der vergangenen Woche hat der sogenannte Zukunftsrat seine Vorschläge für eine Neuaufstellung des Systems vorgestellt (DWDL.de berichtete). Im Februar veröffentlicht die KEF außerdem ihrem neuesten Bericht und wird dann wohl eine Beitragserhöhung vorschlagen. Und jetzt hat die Rundfunkkommission der Länder die Ergebnisse einer zweitägigen Tagung vorgestellt - und im Rahmen dessen einige Reformpläne auf den Weg gebracht.

 

Von den Vorschlägen des Zukunftsrats fühlt man sich derweil ermutigt, den eingeschlagenen Weg der Erneuerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks "entschlossen weiter voranzutreiben". In einem zentralen Punkt sind die Länder aber nicht auf Linie des Zukunftsrat: Nach dem Willen der Politikerinnen und Politiker soll es keine neue ARD-Anstalt geben, in der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten gebündelt werden. Das hatte der Zukunftsrat vorgeschlagen. Stattdessen will man die aktuelle, aufwendige Koordinierung zwischen den Landesrundfunkanstalten ersetzen durch eine geregelte Organisation. Das heißt: Es soll klare Zuständigkeiten für bestimmte Themen über Standorte hinweg geben. Man sehe hier "erhebliche Potenziale", erklärte Oliver Schenk, Staatsminister und Chef der sächsischen Staatskanzlei. 

Und auch die verstärkte Kooperation zwischen den Anstalten soll gestärkt werden. Konkret will man ARD, ZDF und Deutschlandradio zu einer Zusammenarbeit verpflichten, erklärte Heike Raab (Foto oben), Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder. "Das, was bisher oft die Ausnahme ist, soll zur Regel werden", sagte sie. Dazu will man sich alle Bereiche ansehen. Als Beispiel genannt wurden am Freitag von Raab und Schenk unter anderem die Auslandsstudios von ARD und ZDF. Inwiefern man hier eine Zusammenarbeit vorschreiben will, von der gemeinsamen Nutzung von Gebäuden bis hin dazu, dass nur noch ein Sender ein Berichtsgebiet übernimmt, ist aber noch unklar und soll Gegenstand weiterer Gespräche sein. 

Eine selbständige Organisationseinheit von ARD, ZDF und Deutschlandradio soll eingerichtet werden, um eine gemeinsame technische Plattform zu schaffen. Das war ebenfalls ein Punkt, den der Zukunftsrat vorgeschlagen hatte. Gleich mehrfach betonten Raab und Schenk, dass die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit immer gelten müssten und zentral seien. 

Entscheidet das Bundesverfassungsgericht? 

Auch mit dem Thema der künftigen Beitragsfestsetzung haben sich die Länder beschäftigt, hier hatte der Zukunftsrat einen weitreichenden Vorschlag gemacht. Vorerst gibt es aus der Politik dazu aber noch nichts Konkretes. Man überprüfe das Verfahren auch unter Einbeziehung der Vorschläge des Zukunftsrats, heißt es. Aus dem Vorschlag des Zukunftsrates würden sich aber einige komplexe Fragen ergeben, erklärte Oliver Schenk. Mit einer schnellen Neuordnung des Verfahrens ist also wohl kaum zu rechnen. 

Ohnehin dürfte es in Sachen Rundfunkbeitrag in den kommenden Wochen und Monaten noch spannend werden. Ende Februar wird die KEF ihren Bericht vorlegen und dann wohl eine Erhöhung empfehlen. Schenk erklärte am Freitag vor Journalistinnen und Journalisten, dass es dafür in der Länderrunde aber keine Mehrheit gebe. "Wir erwarten weitere Reformanstrengungen", fügte er hinzu und machte damit abermals klar, dass das aktuelle Verfahren zur Beitragsfestsetzung am Ende angekommen ist. Denn es ist ja die KEF, die eine unabhängige Empfehlung macht - und es liegt nicht an der Politik, ihre Zustimmung dazu an mögliche Reformen zu knüpfen. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass es, ähnlich wie schon vor einigen Jahren, zum großen Knall kommt die die Öffentlich-Rechtlichen mal wieder vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Von der Politik zuletzt ins Spiel gebracht wurde aber auch schon ein Moratorium rund um die Beitragserhöhung. Ob man sich darauf einigen kann und welche Auswirkungen das überhaupt hätte, ist aber unklar. 

"Das, was bisher oft die Ausnahme ist, soll zur Regel werden."
Heike Raab will die Zusammenarbeit zwischen den Öffentlich-Rechtlichen verpflichtend machen


Bei der Konkretisierung von Auftrag und Angebot wollen die Länder unter anderem, dass der regionale Auftrag der ARD sichtbarer wird, die jungen Menschen stärker in den Fokus genommen werden, mehr Geld in digitale und partizipative On-Demand-Inhalte fließt und dass die Erfüllung des Auftrags durch gesetzlich festgelegte Qualitätsmaßstäbe und Kriterien messbar gemacht wird. Gleichzeitig verwies Heike Raab auch noch einmal darauf, dass die Anstalten die Möglichkeiten zur Flexibilisierung, die sich aus dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag ergeben, nutzen müssen. Das war ein kleiner Rüffel in Richtung ARD, wo man zwar angekündigt hatte, einen Spartensender bis Ende 2023 einzustellen, sich dann aber doch mehr Zeit nahm - und das ausgerechnet mit dem Zukunftsrat begründete (DWDL.de berichtete). 

Im Bereich Good Governance sowie den Leitungs- und Aufsichtsstrukturen will man "Elemente eine kollegialen Leitung der Anstalten unter besonderer Berücksichtigung der Gewährleistung des Funktionsauftrages stärken". Etwas weiter ging hier noch der Zukunftsrat, der explizit vorgeschlagen hatte, das Intendantenmodell durch eine Geschäftsleitung zu ersetzen. Für die außertariflichen Leitungs- und Führungsfunktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks will die Politik nun zudem ein Vergütungssystem entwickeln, dass sich am Gehaltsgefüge des öffentlichen Sektors orientiert.

"Reformstaatsvertrag" im Herbst

An all diesen Themen will man in den kommenden Wochen und Monaten arbeiten, sodass im Herbst ein sogenannte Reformstaatsvertrag vorliegt. Man halte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in jedem Fall für "reformwürdig und reformfähig", sagte Heike Raab am Freitag. Bereits bekannt war, dass die Länder bei der KEF ein Sondergutachten in Auftrag gegeben haben. Darin soll geklärt werden, welche Auswirkungen bestimmte Reformen auf den Rundfunkbeitrag haben (könnten). Darin soll es auch um eine Überprüfung der angebotsfernen Bereiche geben, also etwa die Landesmedienanstalten oder auch die Klangkörper. 

"Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht nun in eine entscheidende Phase", erklärte Oliver Schenk, Chef der Staatskanzlei Sachsen. Ziel sei es, das System zur Ermöglichung eines gesellschaftlichen Dialogs zu reformieren. Man habe dafür nun "wegweisende Festlegungen" getroffen, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk jünger und digitaler werde. 

Was Schenk nicht dazu sagt: Auch im Länderkreis gibt es große Differenzen in Bezug auf die Zukunft von ARD, ZDF und Deutschlandradio. In Bayern etwa, wo zuletzt Markus Söder laut gegen das bestehende System polterte, war man offenkundig nicht mit allen Dingen einverstanden und setzte eine Protokollerklärung durch, in der man die eigene Sichtweise darlegte - und in einigen Bereichen viel weiter ging als in den nun vorgestellten Punkten. Aus Bayern heißt es, man könne eine Reform der Öffentlich-Rechtlichen nur unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und der Beitragsstabilität vorantreiben. 

Bayern will Programme deutlich reduzieren

Um das zu erreichen, hält Bayern schlankere Strukturen für angebracht. So fordert man eine "deutliche Reduzierung der Programme in Fernsehen und Hörfunk". Konkret soll die Anzahl der Spartenprogramme von derzeit zehn (Funk mit eingerechnet) auf fünf eingedampft werden, 3sat und Arte sollen beispielsweise zusammengefasst werden. Keine näheren Angaben machte Bayern in der Protokollerklärung zu Phoenix und ZDFinfo. Hier überraschte Markus Söder zuletzt mit der Aussage, die beiden Kanäle seien kaum voneinander zu unterscheiden. Spätestens seit diesem Zeitpunkt wussten Beobachter: Markus Söder hat schon sehr lange nicht mehr Phoenix oder ZDFinfo gesehen. Im Hörfunk will Bayern mindestens 14 Programme einsparen. Außerdem will man den Kernauftrag der Öffentlich-Rechtlichen auf den Bereich Information fokussieren. Im Zuge dessen sollen feste Anteile von Informationen an der Sendezeit des ZDF, des Ersten und der Dritten in Höhe von 60 Prozent eingeführt werden. 

Insofern zeigt sich, wo Bayern noch Nachholbedarf bei den Reformen der Öffentlich-Rechtlichen sieht. Es zeigt sich aber auch, wo Gräben innerhalb der Ländergemeinschaft verlaufen. Und es ist, mal wieder, ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung der Anstalten, die sich in letzter Zeit fraglos bewegt haben. Das alles scheint der Politik aber nicht zu reichen. Das steht, bei aller Unsicherheit, die es in diesem Jahr für die Öffentlich-Rechtlichen gibt, schon fest.