In der vergangenen Woche legte der von den Ländern eingesetzte „Zukunftsrat“ seine Vorschläge zur Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Systems vor. Teil des insgesamt achtköpfigen Gremiums waren auch die ehemalige Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel sowie Peter M. Huber, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht und Professor für Öffentliches Recht. In einem ausführlichen Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gaben sie nun ein paar weitere Erklärungen zu den Vorstellungen des Zukunftsrats ab.
In ersten Reaktionen verlautete aus ARD und ZDF erstmal, dass man sich auf dem eingeschlagenen Weg bestätigt sehe. Tatsächlich steckt aber natürlich viel Kritik an der jetzigen Aufstellung und auch am jetzigen Programm im Bericht. Huber erläutert in der „FAZ“, dass das „Gesamtangebot im Hinblick auf die Privaten nicht genug unterscheidbar“ sei, er bemängelt eine „gewisse Fixierung auf die Quote“ und dadurch auch auf ein älteres Publikum. Julia Jäkel ergänzt „Das Land ist vielfältiger geworden. Viele Menschen erreichen die Öffentlich-Rechtlichen noch nicht oder nicht mehr ausreichend“.
Jäkel: „Es geht uns um klarere Unterscheidbarkeit. Stichwort Innovationsgeist, Originalität, Experimentierfreude! Platzierung von qualitätsvollen Inhalten auch zu besten Sendezeiten.“ All das soll sich in einem geschärften Auftrag niederschlagen, dessen Erfüllung dann auch explizit überprüft werden soll. „Es können Kriterien sein wie Verlässlichkeit, Wahrhaftigkeit, Vielfalt, Innovation, Verständlichkeit, Transparenz oder Zugänglichkeit“, so Jäkel. Huber: „Die Kommunikationswissenschaften haben Kriterien dafür entwickelt, wie sich die Angebotsqualität messen lässt. Der Gesetzgeber hat diese im Staatsvertrag festzulegen. Eine neue und weiter völlig unabhängige KEF würde dies dann operationalisieren.“
Dementsprechend müsste die KEF, die bislang aus Finanzexperten besteht, völlig neu aufgestellt werden. „Wir gehen davon aus, dass Kommunikationswissenschaftler, Digitalexperten, Mediensachverständige in diese neue KEF mit aufgenommen werden.“ Stellt dieses Gremium dann eine nicht hinreichende Erfüllung des Auftrags fest, soll sie nach Vorstellung des Zukunftsrats die Gelder für ARD und ZDF kürzen können.
Strukturell neu aufgestellt werden soll auch die ARD, die aus Sicht von Julia Jäkel „schwerfällig“ und „reformwillig, aber nicht wirklich reformfähig“ sei. „Sie hat keine klare Leitung. Der ARD-Vorsitzende hat keinen Durchgriff. Die ARD braucht Leitung.“ Peter M. Huber attestiert der ARD, „kaum strategiefähig“ zu sein. Das soll durch die Gründung einer neuen zentralen „ARD-Anstalt“ gelöst werden, die sich um alle bundesweiten Angebote, die Gesamt-Strategie und alle Verwaltungsaufgaben kümmern soll, während sich WDR, NDR, MDR und Co. aufs Regionale konzentrieren würden. Dafür würden die einzelnen Landesrundfunkanstalten logischerweise „einen deutlich geringeren Teil des Beitragsaufkommens“ bekommen. „Der Fokus liegt auf dem Inhaltlichen, dafür sollen mehr Mittel frei werden“, so Huber.
Geführt werden sollen die Anstalten künftig nicht mehr von einem Intendanten oder einer Intendantin, sondern einer kollegialen Geschäftsführung. „Die Zeit der Alleinentscheider ist vorbei“, so Jäkel. „Wir schlagen zudem eine oder einen Verantwortlichen für die Erfüllung des Auftrags und den Publikumsdialog vor, also in den Geschäftsleitungen eine starke Stimme für die Gemeinwohlorientierung.“ Gewählt werden soll diese Geschäftsleitung künftig vom Verwaltungsrat, der aus einem „kleinen Kreis von Menschen, die ausgewiesene Managementerfahrung haben, und drei oder vier sogenannte ‚Weise‘, die das Gemeinwohl besonders im Blick haben“, bestehen soll.
Bislang werden die Intendanten vom deutlich breiter aufgestellten Rundfunk- bzw. Fernsehrat gewählt, der künftig durch einen „Medienrat“ ersetzt werden soll. Dass die Wahl der Geschäftsleitung damit künftig weniger demokratisch wäre als bislang, sieht Huber an anderer Stelle kompensiert: „Wir gehen davon aus, dass mit unseren Vorschlägen die Umsetzung des vom Gesetzgeber beschlossenen Auftrags im Sinne einer sachlich-inhaltlichen Legitimation die Tätigkeit der Anstalten in Zukunft viel stärker anleiten wird. Dadurch wird das, was man an demokratischer Legitimation bei der Bestellung der Organe verlieren mag, durch eine effizientere Steuerung mehr als kompensiert. Insofern ist unser Modell mindestens so demokratisch wie das aktuelle.“